Thorsten Polleit Steigende Zinsen in den USA beflügeln den Goldpreis

Der Aufschwung der Weltwirtschaft geht weiter: Die Produktion wächst, die Beschäftigung nimmt zu. Die Aktienmärkte boomen. All das vollzieht sich jedoch unter höchst ungewöhnlichen Umständen: Die Zentralbanken halten die Kurz- und Langfristzinsen seit geraumer Zeit auf extrem niedrigen Niveaus. Vor allem aber haben sie ein „Sicherheitsheitsnetz“ unter das Finanzsystem gespannt, das die Risikosorgen der Marktteilnehmer eingeschläfert, wenn nicht sogar vertrieben hat.
Das Wohl und Wehe der Konjunkturen und Finanzmärkte hängt daher mehr denn je von der Geldpolitik ab. Der weitere Gang der Geldpolitiken verdient daher besondere Aufmerksamkeit.
In den letzten zwei Wochen sind die kurzfristigen US-Zinsen weiter in die Höhe geklettert. Beispielsweise liegt der Zins für zweijährige US-Staatpapiere bei knapp 1,60 Prozent – am Jahresanfang waren es noch 1,20 Prozent. Was sind die Gründe? Die US-Konjunktur – schenkt man den offiziellen Zahlen Glauben – hat längst wieder Tritt gefasst, und das hat vermutlich die Investoren veranlasst zu erwarten, die US-Zentralbank (Fed) werde auf die verbesserte Wirtschaftslage reagieren und ihren Leitzins (er liegt derzeit in einer Bandbreite von 1,0 bis 1,25 Prozent) im Dezember weiter anheben (um vermutlich weitere 0,25 Prozentpunkte).
Möglicherweise hat aber auch die Spekulation über die Nachfolge von Janet L. Yellen, die Chefin der Fed, deren Amtszeit im Februar 2018 ausläuft (und vermutlich nicht erneuert wird), eine Rolle für den Auftrieb der US-Kurzfristzinsen gespielt. Im Gespräch als Nachfolger sind US-Präsident Donald Trumps Wirtschaftsberater Gary Cohn, der frühere Notenbanker Kevin Warsh, Fed-Mitglied Jerome "Jay" Powell und der Wirtschaftsprofessor John Taylor aus Stanford. Ob und wie sie als Fed-Chef den Kurs der US-Zentralbank beeinflussen würden, ist schwierig abzuschätzen und schafft ein gewisses Maß an Verunsicherung.