Tim Breitbach im Interview „Bei aktiven ETFs sind wir erst am Anfang“
DAS INVESTMENT: Herr Breitbach, aktive ETFs sind in den USA bereits ein Milliardenmarkt. Wie sieht es in Europa und speziell in Deutschland aus?
Tim Breitbach: In den USA machen aktive ETFs etwa 5 bis 6 Prozent vom Gesamtmarkt aus, in Europa sind wir bei zweieinhalb Prozent. Von den über 2 Billionen Euro Assets under Management in Europa entfallen aktuell etwa 50 Milliarden Euro auf aktive ETFs. Deutschland nimmt dabei aber schon eine Vorreiterrolle ein. Wir sehen hier ein hohes Knowhow, sowohl bei professionellen als auch bei privaten Anlegern.
Was ist der konkrete Mehrwert aktiver ETFs für Anleger?
Breitbach: Es ist eine Verschmelzung der Vorteile von aktivem Fondsmanagement und ETFs. Anleger profitieren von unserem Research – Fidelity International hat global über 230 Analysten – bei gleichzeitiger ETF-typischer Kostentransparenz und täglicher Offenlegung der Portfoliopositionen. Das schätzen viele Anleger, weil klassische aktive Fonds oft nur ungern offenlegen, was sie tun.
Diese Transparenz ist doch aber für Asset Manager eine Herausforderung. Haben Sie keine Sorge, dass andere Ihre Strategien kopieren könnten?
Breitbach: Nein, denn wir sprechen hier von systematisch gemanagten ETFs. Die Anlageentscheidungen basieren auf einem datengetriebenen Ansatz, der durch unser Research gespeist wird. Es trifft also kein Portfoliomanager diskretionäre Entscheidungen wie „Ich bin jetzt besonders interessiert an Aktie X oder Y“. Unser Research-Prozess selbst lässt sich nicht einfach kopieren – dafür bräuchte es eine eigene Researchabteilung.
Sprechen wir über die Kosten. Aktive ETFs sind teurer als passive, aber günstiger als klassische aktive Fonds. Wo positionieren Sie sich da?
Breitbach: Der Kostenvorteil ist definitiv da. Unser Sustainable Research Enhanced US Equity Ucits ETF kostet beispielsweise nur 20 Basispunkte. Durch den wachsenden Wettbewerb sehen wir auch weiteres Potenzial nach unten. Wir haben kürzlich erst die Gebühren bei einigen Produkten um ein Drittel gesenkt. Institutionelle Anleger schauen aber ohnehin weniger auf einzelne Basispunkte – für sie zählt vor allem die Netto-Performance.
Wie wird sich der Markt für aktive ETFs entwickeln?
Breitbach: Wir stehen noch komplett am Anfang. In unserer Research Enhanced Sparte haben wir aktuell sechs regionale Aktien-ETFs– da könnte man locker 20 oder 30 daraus machen. Man könnte Sektoren abbilden, einzelne Länder ... Allerdings geht es nicht darum, Produkte anzubieten, nur weil wir es können. Die Nachfrage muss da sein. Wir sehen vor allem einen Trend zu quantitativen, datenbasierten Strategien.
Besteht nicht die Gefahr, dass der Markt dann ähnlich unübersichtlich wird wie bei klassischen ETFs?
Breitbach: Ich verstehe die Sorge, aber mehr Produkte und mehr Wettbewerb sind letztlich gut für Anleger. Es führt zu besseren Konditionen und mehr Innovation. Die Erfahrung zeigt auch: Produkte, die keine Nachfrage finden, verschwinden wieder vom Markt. Asset Manager müssen wegkommen von „Ich biete etwas an, weil ich es verkaufen will“ hin zu „Ich biete etwas an, weil es nachgefragt wird.“