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ETF-Trends 2024: Aktive ETFs werden in den USA immer größer

DAS INVESTMENT Academy: Herr Breitbach, Sie sind ETF-Vertriebsleiter für Deutschland, Österreich und die Schweiz bei Fidelity. Wann und wie sind Sie persönlich mit dem Thema Finanzen in Berührung gekommen?
Tim Breitbach: Ich habe mir relativ früh, schon in der Schule, Gedanken darüber gemacht, wie ich am Finanzmarkt teilnehmen kann. Das fing ganz klassisch mit dem Depot meines Vaters an, wo ich in seinem Namen eine Aktie gekauft habe. Gemündet ist das Ganze in einem Wirtschaftsabitur und einem Studiengang, der auf Versicherungen und Banken ausgelegt war. Spätestens da war mir klar, dass ich in einem dieser Bereiche arbeiten will.
Ich habe mich dann bei einer Versicherung probiert, das war nicht mein Fall. Da fehlte mir die Dynamik. Und dann ging es eben bei der Unicredit im Bankensektor los. Und von da an war ich angefixt – es hat mir einfach Spaß gemacht, diese Handelsraumdynamik, der Austausch mit Kunden und dann bin ich relativ schnell beim Thema ETFs gelandet. Einfach weil ich frühzeitig gemerkt habe, dass das ein super Vehikel ist. Es gibt jedermann einen relativ kostengünstigen Zugang zum Aktienmarkt und minimiert durch Streuung das Risiko des Anlegers.
Große Nachfrage nach Rentenprodukten
Wir beobachten, dass gerade Dividenden bei unseren Lesern sehr gefragt sind. Angesichts der Zinswende haben aber auch Anleihe-Produkte 2023 enorm an Zulauf gewonnen. Wie ist Ihre Einschätzung: Laufen Zinsen und Anleihen Dividenden den Rang ab?
Breitbach: Wir beobachten durchaus, dass das Interesse nach Rentenprodukten deutlich gestiegen ist. Weil der Zins wieder da ist, wird dementsprechend kräftig in Geldmarkt- und Rentenfonds investiert. Gleichzeitig haben wir jedoch keine Mittelabflüsse in unseren Dividendenstrategien beobachtet, was daran liegt, dass trotz des höheren Zinsumfelds viel Unsicherheit am Markt herrscht. Hinzu kommt, dass bei unserem Dividendenansatz das Thema Qualität eine große Rolle spielt. Das heißt, wir konzentrieren uns auf Unternehmen, die auch fundamental gut dastehen, also qualitative Faktoren berücksichtigen.
Insofern blicken wir positiv auf das Jahr und sind überzeugt, dass Dividendenstrategien auch bei anhaltend hohen Zinsen gefragt sind, wenn sie eine gewisse erwartbare Rendite mitbringen und qualitativ robust sind.
Welche Trends sollten ETF-Anleger 2024 im Blick behalten?
Breitbach: Ich bin überzeugt, dass wir in den kommenden Monaten noch eine große Nachfrage nach Renten-ETFs oder generell Rentenprodukten beobachten werden. Wenn wir auf den weiteren Jahresverlauf schauen, ist davon auszugehen, dass die Zentralbanken bereits wieder einen Schritt zurückgehen könnten, es also zu Zinssenkungen kommen kann. Insofern werden eher defensivere Strategien wieder in den Fokus der Anleger rücken, die dann auch auf der Aktienseite eine gewisse Rendite bringen wie die angesprochenen Dividenden-ETFs.
Aktive ETFs liegen im Trend
Da Fidelity nicht nur in Europa tätig ist, sondern vor allem in Amerika operiert, beobachten wir auch hier Trends, die dann meist irgendwann nach Europa überschwappen. Einer davon ist aktive ETFs, die in den USA immer größer werden.
Wir bieten diese mittlerweile auch in Europa an, weil wir einfach sehen, dass der ETF als Instrument sehr attraktiv ist. Einerseits, weil es kostengünstig ist. Ich kann reinschauen und ich weiß genau, was ich da gekauft habe. Und ich kann es jederzeit kaufen oder verkaufen, wenn ich Liquidität benötige oder Liquidität übrighaben.
Gleichzeitig sehen wir aber auch, dass viele Kunden es schätzen, wenn trotzdem jemand da ist, der sich das vorher einmal anschaut und prüft, ob die richtigen Bestandteile reinkommen und ob es auch langfristig die richtigen sind.
„Der ETF ist als Instrument sehr attraktiv."
Beim Blick auf die Regionen stehen Amerika und auch Europa im Fokus. Im asiatischen Raum mit China und den Konflikten vor Ort gibt es Risiken, die mancher meiden möchte.
Nun haben Sie gerade schon die Kategorie der aktiven ETFs angesprochen. Aktive ETFs von passiven ETFs oder auch Fonds abzugrenzen ist gar nicht so leicht. Können Sie noch einmal erklären, wo da aus Ihrer Sicht die Unterschiede sind?
Breitbach: Der Vorteil für den Anleger bei aktiven ETFs ist, dass er von dem sowieso vorhandenen Research, das die Firma für seine aktiven Fonds bereitstellt, profitiert.
Die Abgrenzung besteht im Wesentlichen darin, dass der ETF nach wie vor indexnah investiert. Das bedeutet, wenn ich mir beispielsweise den S&P 500 anschaue, hat er rund 15 Prozent Gewicht in Finanztiteln. Ein aktiver ETF auf den amerikanischen Aktienmarkt ist dann immer noch daran orientiert, diese 15 Prozent grob zu halten. Innerhalb dieser 15 Prozent werden dann aber die Finanztitel höher gewichtet, die von unserem Research ein starkes Kaufvotum haben. Das bedeutet, als Anleger haben Sie einen ETF der indexnah ist, aber eine Optimierung hinsichtlich der Einzelaktienauswahl bietet.
Ein aktiver Fondsmanager kann im Gegensatz dazu theoretisch vollständig abweichen. Wenn er der Meinung ist, von den 500 Werten werden dieses Jahr nur sieben performen, dann kann er auch nur diese sieben kaufen und hat auf diese Weise natürlich eine größere Chance, den Markt zu übertreffen. Bei einem ETF, der sich an dem breiten Markt orientiert, wird die Outperformance-Chance nicht so groß sein. Dafür bezahlt man aber einen deutlich geringeren Preis.
Denken Sie, dass aktive ETFs aktive Fonds mit der Zeit ablösen könnten?
Breitbach: Nein, das glaube ich. Ich bin davon überzeugt, dass es alle drei Gattungen immer geben wird. Also sowohl den klassischen aktiven Fonds, der auch Nischen bespielen kann, in denen ein indexbasiertes Investment vielleicht nicht viel Sinn ergibt, weil ich wirklich nur 15, 18 oder 20 Titel haben will, die meine Nische perfekt repräsentieren.
Gleichzeitig gibt es aber sehr effiziente Märkte, wo man sagt, da reicht mir ein einfacher ETF. Und dann gibt es genauso die Notwendigkeit für etwas in der Mitte, wo ich sehe, ich möchte es kostengünstig haben, aber trotzdem eben den Input, dass jemand noch mal schaut, ob die Allokation passt. Und das sind dann die aktiven ETFs, die in der nächsten Zeit sicherlich weiter nachgefragt werden.