LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in MärkteLesedauer: 5 Minuten

Timing Lehren aus dem Oktober-Crash

Seite 2 / 3


Investieren mit der besten Prognose

Der bedeutendste Ökonom des 20. Jahrhunderts, John Maynard Keynes, hat, wenn er nicht gerade mit der Finanzierung der britischen Kriegsanstrengungen oder mit dem Entwurf großer Theorien beschäftigt war, sein Geld damit verdient, für seine Universität, für einige Versicherungen und für Freunde und Verwandte Geld anzulegen.

Da er sich durchaus bewusst war, der größte Ökonom zu sein, war es nur folgerichtig, dass er seine Anlagen nach seiner Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung ausrichtete: Wenn die Stimmung schlechter war als die Lage, kaufte er (insbesondere Rohstoffe und Aktien), und im umgekehrten Fall verkaufte er.

Wer die Wirtschaft am besten versteht, kann auch die künftige Entwicklung der Aktienkurse am besten vorhersagen. Denn von was anderem, als der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung sollten Aktien- und Rohstoffkurse abhängen? Die Vergangenheit ist an der Börse ein vollkommen toter Hund.

Viele Jahre mühte sich Keynes mit dieser Strategie, erzielte aber nur durchwachsene Ergebnisse. Allzu oft gingen seine Rohstoffspekulationen derart schief, dass er zwischenzeitlich fast sein ganzes Kapital verlor.

In der Weltwirtschaftskrise zu Anfang der 1930er-Jahre verlor Keynes auch das Vertrauen in die Vorhersagekraft der Wirtschaftswissenschaft. Kaum jemand hatte die Krise vorhergesehen, und niemand hatte sich ihr Ausmaß vorstellen können.

Keynes hatte eine für einen Professor erstaunliche Eigenschaft: Er konnte seine Meinung ändern, wenn sie sich in der Praxis nicht bewährte. Also verzichtete er auf Vorhersagen. Diese gaben an der Börse offensichtlich nur eine gefühlte Sicherheit, die in der Wirklichkeit keinen Bestand hatte.

Wie aber investiert man prognosefrei? Man investiert in eine Assetklasse, die je nach Risikoappetit und -tragfähigkeit die höchste Rendite bringt. Man diversifiziert, denn der Erfolg einzelner Investmentideen ist nur mehr oder weniger wahrscheinlich, niemals sicher. Und man hält den Ideen, von denen man sich einmal überzeugt hat, in der Regel die Treue.

In Keynes Fall bedeutete dies konkret, dass er Aktien von Unternehmen kaufte (was an sich schon für Universitäten und Versicherungen ungewöhnlich war), von deren Geschäftsmodell er langfristig überzeugt war und deren Management er für seriös hielt.

Diese Aktien hielt er dauerhaft und vertraute darauf, dass die Gewinne, die von diesen Unternehmen erwirtschaftet wurden, langfristig für steigende Kurse sorgen würden. Kurzfristige Marktschwankungen ignorierte er.

Der Erfolg war ganz erheblich. Keynes kaufte amerikanische Aktien in den Jahren 1932/33 für einen Spottpreis (Der Dow Jones Index hatte zeitweise 90 Prozent seines Werts verloren) und erwirtschaftete phänomenale Renditen, indem er einfach nichts tat, so lange sich in den Firmen nichts Wesentliches änderte.
Tipps der Redaktion