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„Top-Qualifikation für alle Vertriebsmitarbeiter ist illusorisch“

Peter König, DVFA
Peter König, DVFA
DAS INVESTMENT.com: Sie bieten mit der DVFA verschiedene anspruchsvolle Aus- und Fortbildungen an. Geht in Fragen der Qualifizierung ein Ruck durch die Branche?

Peter König: Die Regulierung setzt Meilensteine in der Neuorientierung bei der Fachqualifikation. Diese wurde bislang mit Ausnahme der Börsenhändlerprüfung in keinem Gebiet im Kapitalmarkt explizit verlangt. Es galt immer, die fachliche Qualifikation im Zuge der Berufserfahrung zu erlangen. Das wird nun schrittweise anders. Am deutlichsten ist das im sogenannten grauen Kapitalmarkt der Fall. Dort wird künftig eine externe Ausbildung verlangt. Mitarbeiter in Banken können ihre Qualifikation indes auch weiterhin über Arbeitszeugnisse nachweisen.

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: Verschafft Ihnen die Regulierung automatisch viele neue Lehrgangsteilnehmer?

König: Derzeit werden überall Kosten eingespart, und dazu gehören dann auch die Ausbildungskosten. In der Regel ist das aber nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Mittelfristig wird das Thema Qualifikation wegen der zunehmenden regulatorischen aber auch der fachspezifischen Anforderungen an Bedeutung stark gewinnen.

DAS INVESTMENT.com: Steigt durch die zunehmende Dichte an Regulierungsprojekten zwangsläufig die Beratungsqualität in der Branche?

König: Die Frage ist, ob das, was die Gesetzgeber in Brüssel und Berlin konstruieren, auch wirklich auf die Branche passt. Es ist etwa illusorisch anzunehmen, man könnte mehrere hunderttausend Finanzberater allesamt in kürzester Zeit auf ein wesentlich höheres Qualifikationsniveau heben. Wichtiger ist die Frage: Was ist eigentlich eine gute Anlageberatung und wie kann man sie sicherstellen? Was braucht der Normalanleger eigentlich?

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: Was denn?

König: Wesentlich ist immer, das geeignete Produkt für den passenden Anleger zu empfehlen. Anlageberatung ist in der Praxis aber oft produktbezogen und damit eigentlich sehr nahe am Vertrieb. Der bessere Weg zu einer qualitativ höherwertigen Anlageberatung wäre deshalb ein verpflichtender umfassender finanzieller Check, der beispielsweise einmal jährlich und unabhängig von einem einzelnen Produktangebot stattfindet.

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: Die Mifid-Richtlinie verlangt doch bereits eine Klassifizierung der Kunden nach Risikoprofil?

König: Im Privatkundenbereich mit Millionen von Kundengesprächen und zigtausenden von Produkten ist das in der Breite aber kaum umsetzbar. Da die meisten Anlageberater heute Experten für Produkte sind, findet die Erhebung der Informationen über den Kunden im einzelnen Gespräch nur standardisiert und eher kurz statt. Deshalb ist ein wichtiger Punkt der Mifid-Revision  die Frage der Definition der unabhängigen Anlageberatung. Bei dieser soll der Vertriebscharakter dieser Gespräche reduziert werden.

DAS INVESTMENT.com: Im Entwurf der Mifid II ist vor allem ein Verbot von Provisionen für die unabhängige Anlageberatung und die Finanzportfolioverwaltung vorgesehen. Ein Schock für die Branche?

König: Ich glaube zunächst eigentlich nicht an eine erhebliche Veränderung. Klar ist, wer sich als Anlageberater als unabhängig klassifiziert, darf künftig keine Zuwendungen Dritter mehr annehmen. Berater, die diese Bezeichnung nicht führen wollen, dürfen Zuwendungen auch weiterhin annehmen, ein komplettes Verbot ist also vom Tisch. Es wird sich eben zeigen müssen wie die Kunden hierauf reagieren. Das Verbot von Zuwendungen in der Finanzportfolioverwaltung kann man hingegen begründen.

DAS INVESTMENT.com: Warum sollten Anlageberatung und Finanzportfolioverwaltung hier unterschiedlich reguliert werden?
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