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  • Trad-Wife-Trend: Finanzielle Risiken für Frauen analysiert

Von Lesedauer: 7 Minuten
Lächelnde Frau im 50er-Jahre-Stil hält Kuchen in einer Vintage-Küche, umgeben von Backutensilien und Zutaten.
Das idealisierte Bild der Tradwife: Doch hinter der nostalgischen Fassade verbergen sich ernsthafte finanzielle Risiken für Frauen. | Foto: Benita Rathjen mit Canva-KI

In den sozialen Medien feiert derzeit überraschend ein Phänomen sein Comeback: der „Tradwife“-Trend. Frauen im Vintage-Look der 1950er Jahre präsentieren sich als Heimchen am Herd, die Haushalt und Familie über ihre Karriere stellen.

Doch wie realistisch ist dieses Lebensmodell in der heutigen Zeit? Und welche finanziellen Risiken birgt es für Frauen?

Tradwives - kurz für "traditional wives" - inszenieren sich auf Tiktok und Instagram in Kleidern und High Heels, umgeben von selbstgebackenen Kuchen. Sie propagieren ein nostalgisches Rollenbild: Die Frau als Hausfrau und Mutter, während der Mann als alleiniger Ernährer fungiert. Was für die einen nach romantischem Ideal klingt, sehen Kritiker als gefährlichen Rückschritt in der Gleichstellung.

Tradwife: Finanzielle Risiken und Altersvorsorge

Der Tradwife-Lebensstil birgt erhebliche finanzielle Risiken für die Frauen. Durch den Verzicht auf eine eigene Karriere begeben sich Tradwives in eine vollständige wirtschaftliche Abhängigkeit von ihren Ehemännern. Dies kann langfristig schwerwiegende Folgen haben:

  • Rentenansprüche: Ohne eigenes Einkommen werden keine oder nur geringe Rentenansprüche aufgebaut. Im Alter droht Altersarmut.
  • Karrierelücken: Ein längerer Ausstieg aus dem Berufsleben erschwert den späteren Wiedereinstieg erheblich.
  • Finanzielle Verwundbarkeit: Bei Scheidung oder dem Tod des Partners und Ernährers droht den Tradwives das finanzielle Nichts.

Befürworter des Trends argumentieren, dass durch den Verzicht auf Kinderbetreuungskosten und die Möglichkeit zur Haushaltsoptimierung Geld gespart werden kann. Doch reicht das aus, um die langfristigen finanziellen Nachteile auszugleichen?

 

Moderne Wirtschaftsrealität versus Tradwife-Modell

Die romantische Vorstellung vom Alleinverdiener-Haushalt kollidiert mit der wirtschaftlichen Realität in Deutschland. Die Lebenshaltungskosten sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen, besonders in Bereichen wie Wohnen und Energie. Eine durchschnittliche Familie mit zwei Kindern benötigt heute zwischen 3.000 und 4.000 Euro monatlich zum Leben.

Dem gegenüber steht ein durchschnittliches Bruttogehalt von etwa 4.187 Euro für Vollzeitbeschäftigte. Nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben bleiben davon etwa 2.675 Euro netto übrig. Für viele Familien ist es daher kaum noch möglich, von einem einzigen Einkommen zu leben.

Lebenshaltungskosten versus Durchschnittsnettogehalt
3.500 €
Lebenshaltungskosten
2.675 €
Durchschnittsgehalt
 

Erschwerend kommt hinzu, dass Frauen im Durchschnitt immer noch 18 Prozent (unbereinigter Gender Pay Gap) weniger verdienen als Männer. Selbst bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit beträgt der Gehaltsunterschied noch 6 Prozent (bereinigter Gender Pay Gap). Dies verdeutlicht, wie riskant es für Frauen sein kann, sich ganz aus dem Berufsleben zurückzuziehen.

Das Tradwife-Modell setzt also voraus, dass der Mann überdurchschnittlich gut verdient – eine Realität, die für die meisten Familien unerreichbar ist. Laut aktuellen Statistiken sind nur etwa 28 Prozent der Familien mit minderjährigen Kindern Einverdiener-Haushalte. Diese Zahl sinkt seit Jahren kontinuierlich. Das von Tradwives propagierte Lebensmodell ist für die meisten Familien in Deutschland schlichtweg nicht umsetzbar – es bleibt ein Privileg weniger, gut situierter Haushalte.

Gesetzliche Rente und Altersvorsorge im Einverdiener-Haushalt

Die gesetzliche Rente hängt maßgeblich vom Einkommen während der Berufstätigkeit ab. Hausfrauen, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, sammeln abgesehen von anerkannten Kindererziehungszeiten kaum Rentenpunkte, die entscheidend für die spätere Rentenhöhe sind. Zur Sicherung des Lebensabends sind daher private Altersvorsorgeprodukte wie die Riester-Rente, Lebensversicherungen oder andere private Rentenversicherungen unerlässlich.

Der Tod des Hauptverdieners oder eine Scheidung können finanzielle Einschnitte mit sich bringen, besonders wenn der überlebende oder geschiedene Partner bisher nicht erwerbstätig war. Im Todesfall besteht Anspruch auf eine Witwenrente, die zunächst drei Monate lang in voller Höhe der Rente des Verstorbenen gezahlt wird (Sterbevierteljahr). Anschließend wird die Rente in der Regel auf 55 Prozent, unter bestimmten Bedingungen auf 60 Prozent, angepasst.

Bei einer Scheidung erfolgt ein Versorgungsausgleich, bei dem die während der Ehezeit erworbenen Rentenansprüche aufgeteilt werden. Der nicht erwerbstätige Partner erhält dadurch einen Teil der Rentenanwartschaften des Verdieners. Dennoch ist die Witwen- oder Witwerrente oft geringer als das vorherige Haushaltseinkommen, und bei einer Scheidung droht eine deutliche Einkommensreduzierung. Vorsorge und sorgfältige Planung sind daher für Einverdiener-Haushalte besonders wichtig. 

Tradwife-Bewegung in Feminismus, Wirtschaft und Gesellschaft

Der Tradwife-Trend wirft nicht nur finanzielle, sondern auch gesellschaftliche Fragen auf:

  • Feministische Perspektive: Kritikerinnen betrachten den Trend als Bedrohung für die Gleichberechtigung, da er traditionelle Geschlechterrollen stärkt und die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen schwächt. Befürworterinnen hingegen sehen in der Entscheidung für ein traditionelles Lebensmodell eine Form der Selbstbestimmung und damit eine Erweiterung feministischer Freiheitsrechte.
  • Wirtschaftliche Argumente: Ein breiter Rückzug gut ausgebildeter Frauen aus dem Arbeitsmarkt könnte die Volkswirtschaft schwächen, insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels. Eine Einkommensabhängigkeit von nur einer Person erhöht zudem das finanzielle Risiko für Familien.
  • Psychologische Aspekte: Während einige Frauen Erfüllung im Haushalt und der Familienarbeit finden, birgt sie für andere die Gefahr der Selbstaufgabe und Isolation. Die fehlende berufliche Selbstverwirklichung und finanzielle Unabhängigkeit können langfristig zu Unzufriedenheit und einem verminderten Selbstwertgefühl führen.
  • Politische Dimension: Besonders besorgniserregend ist die Instrumentalisierung des Trends durch rechtsextreme Gruppen, die damit antifeministische und nationalistische Ideologien fördern. Dies zeigt, wie leicht ein Lifestyle-Trend politische Bedeutung erlangen kann.

Romantisches Ideal oder finanzielles Risiko?

Ein kritischer Aspekt des Tradwife-Trends ist, dass erfolgreiche Influencerinnen, die dieses Lebensmodell propagieren, häufig selbst finanziell unabhängig sind. Durch hohe Followerzahlen und lukrative Kooperationen verdienen sie Geld mit Inhalten, die ein Alleinverdiener-Ideal verherrlichen, das sie selbst gar nicht leben.

Die New-York-Times-Journalistin Jessica Grose wirft in diesem Zusammenhang eine provokante Frage auf:

Ist dieser Content wirklich für Frauen gedacht, oder richtet er sich eher an Männer, die unterwürfige Ehefrauen suchen?

Eine Studie zeigt, dass der Tiktok-Algorithmus Tradwives mit Inhalten über Verschwörungstheorien und Angstmacherei verknüpft. Dies deutet darauf hin, dass nicht nur gleichgesinnte Frauen, sondern auch konservativ eingestellte Männer zu den Rezipienten gehören. Der Trend könnte somit auch gesellschaftliche und politische Dynamiken bedienen, die weit über eine bloße Lifestyle-Wahl hinausgehen.

Der Tradwife-Trend mag in sozialen Medien romantisch und idyllisch erscheinen, doch er widerspricht der wirtschaftlichen Realität der meisten deutschen Familien. Zudem birgt die Idealisierung traditioneller Geschlechterrollen die Gefahr, hart erkämpfte Fortschritte in der Gleichberechtigung zu untergraben. Während die persönliche Entscheidung für ein Leben als Hausfrau und Mutter respektiert werden sollte, ist es wichtig, die damit verbundenen Risiken insbesondere für Frauen kritisch zu hinterfragen.

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