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Fondsmanager über Value-Werte Traditionelle Wirtschaft steht vor Comeback

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Bewertungen, nicht Gewinne zählen

Die bisherige Underperformance von Value-Aktien hängt nicht mit der mangelnden Profitabilität zusammen. Den Gewinnen von Tech-Titeln messen Anleger jedoch ganz andere, sprich höhere Bewertungen zu. Doch dabei dürfte es sich um ein zeitlich befristetes Phänomen handeln. Denn die Welt hat sich in vielen Details, aber nicht grundlegend geändert.

Beispielsweise werden die Banken – trotz der zunehmenden Konkurrenz durch Fintechs – nach wie vor gebraucht. Doch seit der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise haben die Anleger – vor allem mit europäischen Kreditinstituten – nur eins gemacht: viel Geld verloren. Zwar werden die Banken die Profitabilität früherer Jahre wohl nie mehr erreichen. Doch bei einem durchschnittlichen Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,3 Prozent besteht aus Anlegersicht erhebliches Erholungspotenzial.

Ein anderer Bereich, der wahrscheinlich vorschnell abgeschrieben wurde, ist die Ölbranche. Natürlich gehört fossilen Rohstoffen auf sehr lange Sicht nicht die Zukunft. Aber die Menschen – insbesondere nicht die in den stark wachsenden Schwellenländern – werden nicht von heute auf morgen gar kein Öl mehr brauchen. Vielmehr ist der weltweite Verbrauch bis zum Ausbruch der Corona-Krise von Jahr zu Jahr weiter gestiegen.

Allerdings haben die Ölkonzerne die Erschließung neuer Lagerstätten massiv zurückgefahren, da sie sich auf Druck der Verbraucher, vor allem aber auch der Anleger in Richtung erneuerbarer Energien bewegen. Die Folge ist, dass die weltweiten Ölreserven seit zwei bis drei Jahren stagnieren. Einer nach Corona wahrscheinlich wieder steigenden Nachfrage steht somit ein konstantes, beziehungsweise mittelfristig sinkendes Angebot gegenüber. Was das für den Ölpreis bedeutet, liegt auf der Hand.

Ähnliches gilt für die Industrie-Unternehmen. Während des TMT-Booms vor gut 20 Jahren dachten die Anleger, dass man künftig Stahlwerke kaum mehr brauchen würde – es gäbe ja das Internet. Doch nach dem Platzen der TMT-Blase setzte die Stahlbranche zu einem Comeback an, das in einem regelrechten Hype endete. Ähnliches könnte sich wiederholen.

Natürlich hat sich die Welt in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten deutlich geändert. Dennoch können die Menschen auch heute nicht von Daten allein leben, sondern brauchen nach wie vor – vereinfacht ausgedrückt – Lebensmittel und ganz normale Produkte sowie Dienstleistungen für ihren Alltag. Und diese Basics liefern in der Regel nicht die Tech-Werte, sondern die Unternehmen der Old Economy.

Über den Autor:
Hans-Peter Schupp arbeitet seit 2008 bei dem von ihm mitgegründeten Finanzdienstleister Fidecum als Portfoliomanager. Zuvor leitete er das Asset Management bei der Mainfirst Bank.

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