Finanzexpertin Hetal Mehta
Mit diesem Instrument will die EZB die Wirtschaft stützen

Hetal Mehta arbeitet als Ökonomin bei der Anlagegesellschaft Legal & General Investment Management. Foto: Legal & General Investment Management
Um die Wirtschaft zu stabilisieren, hat die Europäische Zentralbank das sogenannte Transmissionsschutzinstrument eingeführt. Finanzexpertin Hetal Mehta von Legal & General Investment Management erklärt, wie es funktioniert.
Die westlichen Zentralbanken stehen vor der kaum lösbaren Aufgabe, einerseits das Wachstum zu stützen und andererseits die Inflation einzudämmen. Da die Inflationsbekämpfung im Fokus steht, heben sie in diesem Dilemma zuletzt die Zinsen in immer größeren Schritten an.
Die Europäische Zentralbank trifft es härter als andere Zentralbanken – man möchte es ein „Trilemma“ nennen: Sie muss diesen Zielkonflikt zusätzlich noch mit dem enormen Schuldengefälle der 19 Mitgliedsstaaten der Eurozone in Einklang bringen, insbesondere mit dem hochverschuldeten Italien. Und so hat sie mit dem ersten Zinsschritt seit 2011 bis Juli gewartet.
Zum Hintergrund: Als die EZB im Mai einen zukünftigen...
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Die westlichen Zentralbanken stehen vor der kaum lösbaren Aufgabe, einerseits das Wachstum zu stützen und andererseits die Inflation einzudämmen. Da die Inflationsbekämpfung im Fokus steht, heben sie in diesem Dilemma zuletzt die Zinsen in immer größeren Schritten an.
Die Europäische Zentralbank trifft es härter als andere Zentralbanken – man möchte es ein „Trilemma“ nennen: Sie muss diesen Zielkonflikt zusätzlich noch mit dem enormen Schuldengefälle der 19 Mitgliedsstaaten der Eurozone in Einklang bringen, insbesondere mit dem hochverschuldeten Italien. Und so hat sie mit dem ersten Zinsschritt seit 2011 bis Juli gewartet.
Zum Hintergrund: Als die EZB im Mai einen zukünftigen Zinsanstieg ankündigte, weiteten sich die Risikoaufschläge italienischer Anleihen gegenüber deutschen Papieren stark aus. Damit stand die Sorge um die Verschuldung Italiens und damit um ein mögliches Auseinanderbrechen des europäischen Marktes wieder im Raum. Die EZB führte deshalb für hochverschuldete EU-Länder wie Italien ein neues Instrument ein, das Transmissionsschutzinstrument (engl.: Transmission Protection Instrument, kurz: TPI). Damit kann die Bank nun gezielt und unbegrenzt Wertpapiere – Staatsanleihen aber auch Wertpapiere aus dem privaten Sektor – hochverschuldeter EU-Staaten kaufen. Voraussetzung dafür ist, dass sich deren Finanzierungsbedingungen verschlechtert haben – nicht aber deren Fundamentaldaten.
Was kann das neue Instrument im Vergleich zu bereits eingeführten Programmen wie dem Wertpapiermarktprogramm (engl.: Securities Markets Programme, kurz: SMP) und dessen Nachfolger „Geldpolitische Outright-Geschäfte“ (engl.: Outright Monetary Transactions, kurz: OMT)? Ist TPI möglicherweise sogar wirkungsvoller als die anderen Programme?
Umfang
Grundsätzlich kann die EZB im Rahmen von allen drei Programmen unbegrenzt Anleihen kaufen. Eine Obergrenze liegt allerdings bei 50 Prozent je Emittent der ausstehenden Anleihen der am höchsten verschuldeten Länder (de facto heißt das Italien). Das dürfte der EZB ausreichend Handlungsspielraum geben.
Förderungsbedingungen
Für das SMP gab es keine spezifischen Förderkriterien, so dass alle Länder das Programm in Anspruch hätten nehmen können. Hingegen erforderte OMT, dass ein Land bereits an einem Rettungsprogramm teilnahm, was wiederum mit einer umfangreichen Überwachung verknüpft war. Die Folge: OMT galt als allerletztes Rettungsmittel. TPI verlangt die Einhaltung mehrerer finanzpolitischer Rahmenbedingungen. Da die Europäische Kommission ihre finanzpolitischen Regeln für dieses Jahr und 2023 ausgesetzt hat, scheinen die Bedingungen für das Instrument in der Realität jedoch etwas lockerer zu sein.
Transparenz
Die Transparenz ist am schwierigsten zu definieren und zu bewerten. Das TPI wird zweifellos intensiv diskutiert werden. Insbesondere werden sich die Geister daran scheiden, was als „ungerechtfertigte, ungeordnete Marktdynamik“ gilt, die eine Reaktion der EZB erfordert. Die EZB betont, dass die Käufe beendet werden könnten, „wenn die anhaltenden Spannungen auf die Fundamentaldaten der Länder zurückzuführen zu sein scheinen“. Wie die EZB feststellen möchte, inwieweit Spread-Ausweitungen auf die Fundamentaldaten zurückzuführen sind, wird schwierig zu begründen sein.
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