Vertriebstrends 2023 Grüne Wende im Asset Management
Fabian Behnke, Vanguard: „Anleihen sind zurück“
DAS INVESTMENT: Welche Trends prägen den Fondsvertrieb 2023?
Fabian Behnke: Auf Anlageseite gilt: Renten sind zurück. Auf den aktuellen Zinsniveaus erwarten wir für 2023 deutlich höhere Allokationen im Anleihebereich. Hinsichtlich des Vertriebs ist erfreulicherweise festzustellen, dass die Unsicherheiten in der ESG Regulatorik nun weitestgehend ausgeräumt sind. Anlageberater benötigen transparente Produkte, die für den Endkunden leicht zu verstehen sind. Zu erwarten ist zudem eine Rückkehr zu Offline-Veranstaltungen. Kunden haben erkennbar Lust darauf, wieder häufiger auf gute alte analoge Events und Seminare zu gehen – auch wenn digitale Formate sich ebenfalls weiterentwickeln.
Welche Anlagethemen Ihres Hauses sind besonders gefragt?
Behnke: Als Anbieter langfristig orientierter Investmentlösungen nimmt Vanguard keine kurzfristigen Trends und Anlagethemen in den Blick. Was die aktuellen Marktentwicklungen betrifft, lässt sich aber für die Anleiheseite festhalten: Kunden werden bereit sein, die Duration in den Portfolios wieder strukturell zu erhöhen. Die Renditeaufschläge bei Unternehmensanleihen guter Bonität machen diese Asset-Klasse wieder deutlich relevanter. Ein langfristig übergeordneter Trend ist und bleibt das Thema Nachhaltigkeit. Vanguard hat daher die ESG-Palette deutlich ausgebaut. Dabei steht neben einem robusten Screening unser Grundsatz der breiten Diversifizierung im Fokus.
Was planen Sie für den Fondsvertrieb in Deutschland?
Behnke: Was den Vertrieb selbst betrifft, ist unser Ziel, auch in Deutschland die Anlageberatung nachhaltig zu verbessern. Dafür bauen wir 2023 unser Vanguard 360 Beraterprogramm weiter aus, das Finanzberatern ein umfassendes und ganzheitliches Service- und Coaching-Modell bietet. Ziel des Programms ist, gemeinsam Mehrwert für Anleger zu schaffen. Dabei werden Vermittler auch über unsere Partner im Bereich der Versicherungslösungen Zugang zu dem Programm bekommen.
Welcher Vertriebskanal steht im Fokus?
Behnke: Wir setzen weiter auf ein duales Angebot: Unser Online-Kanal hat sich etabliert und wir werden auf den Erfolg aufbauen. Schließlich haben wir online schon mehr als 4000 Berater erreichen können. Gleichzeitig wollen wir unser Engagement bei Präsenzveranstaltungen weiter ausbauen. Dafür haben wir uns bereits in diesem Jahr personell verstärkt, um gerade gemeinsam mit Partnern noch mehr Angebote vor Ort umsetzen zu können.
Wie verändert sich der Fondsvertrieb durch den Digitalisierungs-Trend?
Behnke: Insbesondere in der Beratung der Endkunden sehen wir bei unseren Partnern Bestrebungen, das Kundenerlebnis zu verbessern, indem der Kunde online genau wie vor Ort in einem einzigen System nahtlos durch den Prozess geführt wird. Interaktiv gestaltete Webinare und Veranstaltungen ermöglichen es uns, weiterhin effizient Kontakt zu unseren Kunden zu halten und darüber hinaus neue Interessenten für uns zu begeistern. Diesen werden wir 2023 auch neue digitale Lösungen – beispielsweise zur Portfolioanalyse – zur Verfügung stellen.
Welche Meilensteine haben Sie beim Thema Nachhaltigkeit gesetzt?
Behnke: Unsere Nachhaltigkeitsagenda ist langfristig und unterscheidet sich nicht von Jahr zu Jahr. Wir werden auch im kommenden Jahr weiter daran arbeiten, unsere Zusagen entsprechend der Net Zero Asset Managers Initiative umzusetzen, die sich verpflichtet hat, das Ziel von Netto-Null-Treibhausgas-Emissionen zu unterstützen. Dafür stehen wir in konstantem und engen Dialog mit den Unternehmen, an denen unsere Investoren beteiligt sind.
Wie weit geht Ihrer Meinung nach die Verschiebung zwischen aktiven und passiven Anlageprodukten noch?
Behnke: Der Kostendruck steigt weiter – nicht nur durch den direkten Wettbewerb, sondern insbesondere auch durch die vom Regulator verordnete zunehmende Transparenz. Sie ist ein Trendverstärker für passive Anlagen, weil sie kostengünstig sind. Daher erwarten wir, dass die Verschiebung weitergeht. Weniger von aktiv zu passiv als vielmehr von teuer zu preiswert. Dabei wird es weiterhin Adressen geben, die gar nicht passiv allokieren und andere, die ausschließlich in Indexfonds und ETFs anlegen. Langfristig sehen wir ein ausgewogenes Miteinander von guten aktiven und passiven Produkten in professionell verwalteten Depots.