Vertriebstrends 2023 Grüne Wende im Asset Management
Michael Heidinger, Abrdn: „Umkehr digitaler Trends“
DAS INVESTMENT: Herr Heidinger, welche Anlagethemen Ihres Hauses sind besonders gefragt?
Michael Heidinger: Natürlich wird auch im Jahr 2023 das Thema Impact Investing für Kunden ein wichtiges Anlagethema bleiben, da gerade Artikel 9-Fonds ein großes Vertrauen genießen. Zusätzlich wird der Zugang zu alternativen Renditequellen wie börsennotierter Infrastruktur oder dynamischen Dividendeninvestments aus unserem Hause Interesse wecken.
Welche Trends prägen den Fondsvertrieb im kommenden Jahr?
Heidinger: Das Jahr 2023 wird klar im Zeichen der Markterholung stehen. Insbesondere auf der Anleiheseite werden die gestiegenen Zinsen und die attraktiven Spreads zu starker Nachfrage führen. Zusätzlich werden Investoren nach Möglichkeiten der Diversifikation suchen, nachdem im Jahr 2022 wenig Anlageklassen als Diversifikator in Frage kamen. Neben einzelnen Nischenthemen werden alternative Investments und alternative Renditequellen im Fokus stehen.
Wie kommt der Finanzvertrieb mit der Digitalisierung voran?
Heidinger: Anders als noch im Jahr 2022 sehen wir eine gewisse Trendumkehr im Bereich der Digitalisierung. Der persönliche und direkte Kontakt ist gefragt und gerade der Erstkontakt in Präsenz wieder ganz zentral. Einfache Wissensvermittlung wird weiterhin digital bevorzugt werden.
Auf welche Zielgruppe legen Sie einen Schwerpunkt?
Heidinger: Abrdn wird wie 2022 weiterhin auf seine strategischen Partner setzen und dadurch einen Großteil des Marktes abdecken. Zusätzlich werden im Bereich der Banken und Versicherungen weitere Partnerschaften geschlossen. Wie schon im Vorjahr werden wir weiterhin im B2B-Bereich tätig sein und mit einem hybriden Ansatz unseren Kunden zur Seite stehen.
Welche Meilensteine haben Sie sich beim Thema Nachhaltigkeit gesetzt?
Heidinger: Wir haben uns das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2040 in unserem Betrieb keine Emissionen mehr zu verursachen. Unterstützt wird dies durch ein wissenschaftlich fundiertes Zwischenziel, das eine 50-prozentige Verringerung unserer betrieblichen Emissionen bis 2025 im Vergleich zu unserem Basisjahr 2018 vorsieht. Zusätzlich konzentrieren wir uns bei unseren Investments auf die reale Dekarbonisierung, indem wir in führende Unternehmen des Übergangs und in Klimalösungen investieren, anstatt kohlenstoffintensive Unternehmen schnell aus unseren Portfolios zu entfernen. Um unseren Weg zum Netto-Null-Effekt zu unterstützen, haben wir uns das Ziel gesetzt, die Kohlenstoffintensität unserer Anlagen bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren, ausgehend von einem Basisjahr 2019. Um dies zu erreichen, haben wir eine Klimawandelstrategie entwickelt, die sich auf Net Zero Directed Investing konzentriert, wodurch wir ein positiver Katalysator für Net Zero sein können.
Wie wird der Wirtschaftsabschwung Ihren Fondsvertrieb voraussichtlich beeinflussen?
Heidinger: Wie in der Vergangenheit werden Fondsgesellschaften aufgrund des Wirtschaftsabschwungs und der reduzierten verwalteten Kundenvermögen deutlich verhaltener agieren. Das heißt, dass eine Kürzung der Marketingbudget und anderer Ausgaben 2023 sicherlich nachlaufen werden.
Wie weit kann die Verschiebung zwischen aktiven und passiven Anlageprodukten noch gehen?
Heidinger: Die Verschiebung von aktiven zu passiven Fonds wird sich fortsetzen, aber in ineffizienten Märkten wird dies weniger der Fall sein, da hier aktives Management seine Stärke ausspielen kann.
Wie weit ist die Fondsindustrie bei der Konsolidierung?
Heidinger: Aufgrund der Vielzahl an Fondsgesellschaften und der klassischen U-Struktur – also Kostenführerschaft versus Produktführerschaft – wird die Konsolidierung weitergehen. Ein Ende ist hier noch nicht in Sicht.