Fondsvertrieb 2023 Ein Mix aus klassischer und digitaler Kommunikation
Stephan Bannier, Generali Investments: „Moderate Zuflüsse“
DAS INVESTMENT: Herr Bannier, welche Trends prägen den Fondsvertrieb?
Bannier: Ich glaube, dass wir im Jahr 2023 zwei Trends im Fondsvertrieb sehen werden. Der erste ist die Fortsetzung der 'Retailisierung' von Assets wie Private Equity oder Infrastruktur. Immer mehr Banken werden ihren Kunden den Zugang zu Anlageformen ermöglichen, die bisher nur von großen Institutionen genutzt werden konnten. Der zweite Trend ist die Rückbesinnung auf klassische Anlagen. Staats- und Unternehmensanleihen – um mal Beispiele zu nennen – waren lange Zeit uninteressant. Das kann sich ändern, wenn wir etwa eine Verlangsamung der Inflationsentwicklung sehen.
Welche Anlagethemen Ihres Hauses sind besonders gefragt?
Bannier: Das ist die klassische Glaskugelfrage. Im Privatkundengeschäft greifen wir sehr gerne auf die Multi-Asset-Strategie unserer Tochtergesellschaft Plenisfer zurück. Der Manager Mauro Ratto schafft es regelmäßig, die richtigen Kurzfristtrends zu erkennen und diese im Destination Value (ISIN: LU2087694647) entsprechend einzubinden. Wenn wir aber schon über einen klaren Trend sprechen, dann nehme ich immer das Beispiel der Alterung unserer westlichen Gesellschaft. Dieser Trend zeigt sich überall, hat massive Auswirkungen und ist auch nicht aufzuhalten. Daraus ergeben sich gigantische Herausforderungen für unsere Gesellschaft. Aus jeder Herausforderung erwachsen immer auch Chancen. Diese können wir mit dem Ageing Population (LU1234787460) gezielt nutzen.
Auf welche Zielgruppe legen Sie im Vertrieb einen Schwerpunkt?
Bannier: Wir haben in den letzten beiden Jahren bei großen Institutionen viel erreicht. 2023 wollen wir im Bereich der Privatanleger etwas mehr Gas geben.
Welcher Vertriebskanal steht im Fokus?
In der Vergangenheit haben wir sehr gute Erfahrungen mit Kooperationspartnerschaften gemacht. Ich kann mir gut vorstellen, dass da die eine oder andere hinzukommt.
Wie verändert sich der Fondsvertrieb durch die Digitalisierung?
Bannier: Was genau 2023 bringen wird, ist kaum zu prognostizieren. Viele der erfolgreichen Entwicklungen werden weitergeführt. Gespannt bin ich auf große Meilensteine. Um ein Beispiel zu nennen: Ich sehe im Bereich der Distributed-Ledger-Technologie Revolutionspotenzial für unsere Branche. Im Moment sehen die meisten nur Kryptowährungen, ich sehe eine unglaubliche Erweiterung der Anlagemöglichkeiten und eine enorme Effizienz in der Abwicklung.
Wie viel Digitalisierung verträgt der Fondsvertrieb?
Bannier: Vielleicht mag ich Old School sein, aber eine Beziehung baut sich nicht digital auf. Sie entsteht durch persönliche Kontakte. Ohne Zweifel ist die Digitalisierung ein Segen, wenn sie richtig eingesetzt wird. Ein Update kann auch mal digital stattfinden. Insgesamt sehe ich viel Potenzial bei der Digitalisierung, wenn es darum geht, Prozesse schneller und bequemer zu machen – zum Beispiel bei Reportings und in der Administration.
Wie unterstützen sie die nachhaltige Entwicklung des Asset Managements?
Bannier: Als Multi-Boutique-Anbieter gewähren wir unseren spezialisierten Asset Managern große Freiheiten im Portfoliomanagement. Beim Thema Nachhaltigkeit ist das bisweilen herausfordernd, weil man per Definition keine zentrale Strategie vorgeben kann und will. Unser Ziel ist es aber, dass wir unsere hohen Anforderungen bei allen Tochtergesellschaften umgesetzt sehen. Einige von ihnen gehen bei diesem Thema deutlich weiter und treiben branchenübergreifende Initiativen voran.
Wie beeinflusst der Wirtschaftsabschwung den Fondsvertrieb?
Bannier: Sollte der Wirtschaftsabschwung sich verschärfen, wird das auf die Kurse am Markt und damit auf die Anlegerstimmung drücken. Unsichere Zeiten gehen selten Hand in Hand mit Rekordzuflüssen. Wir erwarten daher moderate Zuflüsse, wobei wir uns beim Vertriebsausbau nicht von Jahresprognosen leiten lassen.
Welche Geschäfts und Produktwelten entwickeln Sie im Alternative-Bereich?
Bannier: Wir sind bereits sehr stark bei Liquid Alternatives. Zudem werden wir den Bereich der Real Assets deutlich ausbauen. So werden wir Anfang 2023 unsere Kompetenz im Bereich der Infrastrukturanlagen deutlich erweitern, die wir dank der Einbindung in einen großen Versicherungskonzern auch Privatkunden zugänglich machen können.
Wie weit ist die Fondsindustrie bei der Konsolidierung?
Bannier: Für mich ist das ein ständiger Prozess. In den letzten Jahren haben wir einige große Übernahmen gesehen, wobei die meisten nicht den erhofften Effekt gebracht haben. Zeitgleich sehen wir immer auch Neugründungen. Ich glaube, dass es weiterhin den Trend gibt, dass Asset Manager sich zwischen Skalierung und Spezialisierung entscheiden müssen. Wir versuchen in diesem Umfeld das Beste aus zwei Welten zu schaffen – spezialisierte Boutiquen innerhalb eines großen Finanzhauses.
Wie weit geht die Verschiebung zwischen aktiven und passiven Anlageprodukten noch?
Bannier: Passive Fonds sind immer mehr im Aufwind, obwohl hinter ihnen nichts anderes steht als folgendes Versprechen: 'Der Markt hat Recht, er ist effizient.' Was dabei vergessen wird, ist die Tatsache, dass durch aktive Marktteilnehmer eine Markteffizienz überhaupt erst hergestellt wird. Passive Fonds brauchen demnach aktive Investoren. Je mehr Marktteilnehmer sich jedoch von aktivem Management verabschieden, desto besser werden die Ergebnisse aktiver Manager zukünftig wieder sein. Oder anders ausgedrückt: Wenn passive Strategien zu groß werden, lohnt es sich wieder mehr, selber zu denken.
In ihren Antworten, welche Trends den Fondsvertrieb im Jahr 2023 bestimmen dürften, weisen viele der von DAS INVESTMENT befragten Asset Manager auf stabile Investments, nachhaltige Strategien und digitale Prozesse hin. Alle drei Trends sind alles andere als neu, haben aber vor dem Hintergrund von Rezession, Regulatorik und Corona-Krise nichts von ihrer Kraft verloren. Im Wirtschaftsabschwung suchen Investoren nach sicheren Strategien und Anleihen rücken wieder vermehrt ins Blickfeld der Produktanbieter. Der durch die Corona-Krise verstärkte Trend hin zu digitalen Prozessen setzt sich fort – flankiert von vermehrten persönlichen Kontakten im Vertrieb. Ein Grund, warum Nachhaltigkeit im Asset Management 2023 einen so hohen Stellenwert hat, dürften nicht zuletzt neben der hohen Nachfrage auch neue Regularien sein. In der Fondsbranche zeigen die Änderungen der Mifid-II-Richtlinie des EU-Aktionsplans Wirkung. Sie verpflichten Anlageberater zur Abfrage beim Kunden, welche nachhaltigen Ziele er mit seinem Investment erreichen will.
Aufgrund der Menge wäre es schwierig, die Antworten der Asset Manager in einem einzigen Artikel unterzubringen, weshalb wir die Statements in einer mehrteiligen Bildstrecke vorstellen (hier: Teil 3).
Teil 1 der Bildstrecke findest Du hier, Teil 2 findest Du hier.