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Trends im Robo-Advisory Wohin marschieren die Mensch-Maschinen der Vermögensverwaltung?

Ende Mai war Schluss: Nach nur zwei Jahren am Markt stellte die ABN Amro Bank ihr digitales Vermögensverwaltungsangebot Prospery ein. Die Bank begründete dies mit einem fehlenden Vertriebskanal für den Robo-Advisor. Bereits zum Jahresende hatte nach nur einem Jahr der Schweizer Online-Vermögensverwalter Werthstein sein Deutschlandgeschäft aufgegeben. Vorboten einer Konsolidierungswelle unter den digitalen Angeboten der Vermögensanlage?

Die Marktbereinigung komme, meint Thomas Moosbrucker, Partner bei Deloitte Deutschland. „Die Konsolidierungsphase wird durch einen verstärkten Wettbewerb und methodische Entwicklungen gekennzeichnet sein. Dazu gehören unter anderem die Einführung maschineller Lernmethoden, ESG-Investmentthemen und fortschrittlicher Strategien für das Portfoliomanagement“, so der Experte.

Seit vor fünf Jahren die ersten Fintechs um Privatkunden warben, hat sich ein vielfältiges Potpourri an Roboter-Vermögensverwaltern entwickelt. Sie digitalisieren den Service und automatisieren so die Geldanlage. Ihre Funktionsweise gründet im Prinzip auf ausgeklügelten Algorithmen und umfangreichen historischen Daten. So entwickeln sie Anlageempfehlungen und Investmentideen. Durch den Einsatz günstiger Anlagevehikel wie ETFs können sie im Vergleich zur traditionellen Vermögensverwaltung zudem zu deutlich günstigeren Kosten agieren.

Zwei Varianten

Generell gibt es dabei zwei Varianten: Robo-Advisor stellen dem Anleger entweder ein Beratungstool im Internet zur Verfügung, mit dem dieser sich eine geeignete Asset-Allokation zusammenstellen kann, oder sie bieten bereits komplette Investmentlösungen an. Von den Online-Fragebögen und Anleihen- und Aktienlisten der ersten Generation hin zu voll automatisierten Investments mit lernenden Algorithmen hat eine Evolution stattgefunden. Mehr als zwei Dutzend Anbieter agieren mittlerweile auf dem Markt.

„Die Grenzen zwischen einem Robo-Advisor, der nahezu ausschließlich auf automatisierte Prozesse setzt, und einer klassischen Vermögensverwaltung, die bestehende Prozesse und Strukturen über eine digitale Plattform anbietet, sind fließend“, sagt Rüdiger Sälzle vom Analysehaus Fondsconsult. Die meisten Angebote befinden sich irgendwo zwischen diesen beiden Modellen und stehen in starkem Wettbewerb.

In einer aktuellen Studie hat Fondsconsult die Produkte und Leistungen von 25 Anbietern und damit fast den kompletten deutschen Markt untersucht. Mit einem geschätzten Gesamtvolumen von 2,6 Milliarden Euro ist dieser noch deutlich ausbaufähig. Zum Vergleich: Der US-Markt ist mit über 600 Milliarden US-Dollar um ein Zigfaches größer.

Große Unterschiede

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„Auffällig ist, dass eine gute Performance der Strategien nicht notwendigerweise einen hohen Zufluss nach sich zieht oder umgekehrt. Vielmehr sind das Nutzen unterschiedlicher Vertriebskanäle und die Kooperationen mit Unternehmen sowie Banken für den Zuwachs des verwalteten Vermögens entscheidend“, fasst Sälzle ein Ergebnis der Studie zusammen. In der Gesamtanalyse schnitten die Angebote von Fintego, Werthstein, Scalable Capital, Ginmon und Solidvest am besten ab.

In der qualitativen Analyse zeigten sich dabei große Unterschiede, etwa bei den Punkten Transparenz sowie der Risiko- und Kundeneinstufung. Gerade die Risikoeinstufung und das Risikomanagement behandeln die Robos laut Fondsconsult oftmals nur oberflächlich. Die Zahl der angebotenen Strategien reicht von drei bis 100. „Während bei drei Strategien möglicherweise nicht alle Risikoprofile bedient werden können, stellt sich die Frage, wie dem Anleger bei einer sehr hohen Zahl an Strategien überhaupt ein Mehrwert geliefert werden soll“, so Sälzle.

Kurzfristig die Risiken zu begrenzen und langfristig attraktive Renditen zu erzielen, ist der Dreh- und Angelpunkt in der Kapitalanlage. Laut dem Institut für Vermögensaufbau (IVA) haben Robo-Advisor diesbezüglich das Rad nicht neu erfunden. In einer Kurzstudie untersuchte das IVA mittels einer Simulation, ob einerseits ein auf historischen Daten aufbauendes Risikomanagement im Krisenfall die an den Aktienmärkten eintretenden Verluste verlässlich reduziert. Und ob andererseits eine zeitlich schwankende Aktienquote im Vergleich zu einem Rebalancing-Ansatz ein zusätzliches Risiko darstellt.

Extremere Renditen

„Risikomanagement-Strategien, die auf den jüngsten historischen Wertschwankungen aufbauen, generieren eine extremere Verteilung der Renditen als ein einfacher Rebalancing-Ansatz“, betont Andreas Ritter vom IVA. Ursache dafür ist laut Studie die zeitlich stark schwankende Aktienquote, die mit der Portfoliosteuerung auf Basis einer Risikokennzahl einhergeht. „Daher besteht dort die Gefahr, dass ein Portfolio mit einer vergleichsweise hohen Aktienquote in eine krisenbehaftete Marktphase läuft und überproportional an den eintretenden Wertverlusten partizipiert“, so Ritter. Da die meisten Robo-Advisor am Markt den Rebalancing-Ansatz bevorzugen, fühlen diese sich durch die Studie bestätigt.

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