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  • Trotz China-Schwäche: Warum Emerging Markets eine Anlage-Sünde wert sind

Von in AnalysenLesedauer: 9 Minuten
Shanghai, China
Nanjing Road in Shanghai: Derzeit trägt China verglichen mit anderen Schwellenmärkten konjunkturell die rote Laterne | Foto: Imago Images / Science Photo Library

 

Zwischenzeitlich verhaltenere Zinssenkungsfantasien in Amerika sorgen zwar über einen im Trend wieder festeren US-Dollar noch für Sand im Getriebe von Schwellenland-Aktien. Zinssenkungen werden sich aber dennoch manifestieren, die weit vor der amerikanischen Präsidentschaftswahl im November sogar stärker ausfallen können, um der Fed nicht den Vorwurf der Wahlbeeinflussung einzuhandeln.

 

Grafik 1: US-Dollar und der Schwellenländer-Aktienmarkt

 Das spricht perspektivisch für stabile Währungen der Schwellenländer, beugt Kapitalflucht vor und tut der Aufwärtsbewegung ihrer Aktienbörsen gut.

Der Erholungsprozess der Schwellenländer ist unverkennbar

Zudem verbilligt ein moderaterer Dollar mit geringerer Zinslast den Schuldendienst der Emerging Markets, die ihre Kredite mehrheitlich in US-Valuta aufnehmen. Das bringt Amerika ebenso geopolitische Vorteile. Es stabilisiert die Bindung Südamerikas und Asiens an die Weltleitwährung Dollar. Insgesamt sollen die immer bedeutender werdenden Schwellenländer nicht in die Hände des Erzrivalen China getrieben werden, sondern den USA möglichst wohlgesonnen bleiben.

 

Grafik 2: Schwellenländer-Einkaufsmanagerindizes des verarbeitenden Gewerbes

Das bislang konjunkturelle Zugpferd China hat allerdings viel an Zugkraft verloren, was an den Aktienmärkten auch aufgrund immer neuer staatlicher Eingriffe negativen Niederschlag findet. Mit den alten planwirtschaftlichen Rezepten wird China kaum wieder zur alten Stärke zurückkommen. Immerhin betreibt Peking vor dem chinesischen Neujahrsfest mit Stützungskäufen Schadensbegrenzung an den heimischen Börsen. 

 

 

Grundsätzlich nimmt die Bereitschaft der Anleger zur Differenzierung unter Schwellenländern zu. Die klassische Sippenhaft, wonach bei Krisen einzelner alle über einen Kamm geschert werden, ist längst aufgebrochen. 

Indien nutzt geschickt das geopolitische und wirtschaftliche Vakuum Chinas sowie die Differenzen zwischen Washington und Peking, um sich als Alternative hervorzuheben. Mit seiner voranschreitenden Investitionsoffensive will es bis 2030 den Aufstieg unter die drei größten Volkswirtschaften schaffen.

Ein Sieg der aktuellen Regierungspartei von Präsident Modi bei den bevorstehenden Parlamentswahlen im Frühjahr gilt als wahrscheinlich und würde den Wachstumskurs Indiens weiter untermauern. Laut Internationalem Währungsfonds soll die indische Wirtschaft 2024 mit 6,5 Prozent stärker als die chinesische und mehr als doppelt so stark zulegen wie die Weltwirtschaft. Die Börsen reagieren entsprechend. 

Auch Länder wie Mexiko und Brasilien und ihre Aktienmärkte profitieren von der fortschreitenden Verschiebung der US-Lieferketten von China in die direkte amerikanische Nachbarschaft. Denn US-Investitionen ziehen zusätzliche Aufträge für die heimische Industrie nach sich. 

 

 

Und Südkorea und Taiwan sind in puncto High-Tech und Digitalisierung mittlerweile unverzichtbare globale Schwergewichte mit qualitativ immer höherem Reifegrad. Apropos Taiwan, eine Invasion macht für die Chinesen wenig sind. Sie würden den Zugang zu hochleistungsfähigen Halbleitern verlieren und damit ihre wirtschaftlichen Probleme weiter erhöhen.

Nicht zuletzt würden sie zum Paria-Staat. Dagegen spricht auch, dass die westliche Welt an der Ein-China-Politik festhält und Taiwan insofern nicht als eigenständigen Staat anerkennt. Auch diese Länder bieten positive Aktien-Perspektiven.

Grafik 3: Aktienmärkte der Schwellenländer 

Dennoch befinden sich Aktien der Schwellenländer im „Sonderangebot“. Im Vergleich vor allem zu den USA verfügen sie über ein deutlich niedrigeres Kurs-Gewinn-Verhältnis. Das verleiht ihnen grundsätzlich weiteres Nachholpotenzial.

Grafik 4: Aktien-KGV-Bewertung für Schwellenländer, USA, Eurozone, Deutschland und Japan

Nicht zuletzt überflügelt das auf 12-Monatssicht erwartete Gewinnwachstum der Schwellenländer das der etablierten Industrieländer klar.

Grafik 5: Erwartetes Gewinnwachstum Schwellenländer, USA, Japan, Eurozone und Deutschland

 

 

Ohnehin ist der Begriff Schwellenländer immer weniger zutreffend. Politische Reibungsverluste sind zwar noch vorhanden, ihre Dimension hat jedoch nachgelassen. Überhaupt hat sich die Qualität der Unternehmensbilanzen und Corporate Governance erheblich verbessert. Frühere Black-Box-Modelle sind deutlich auf dem Rückzug.

Grafik 6: Fünfjährige Kreditausfallprämien Schwellenländer

Schwellenländer-Anleihen als Alternative?

Staatsanleihen der Schwellenländer sind für risikofreudigere Anleger als Portfoliobeimischung interessant. So bieten 10-jährige Staatspapiere in Indien immer noch Renditen von rund sieben, in Mexiko und Brasilien sogar von neun und zehn Prozent.

Grafik 7: Rendite 10-jähriger Staatsanleihen Schwellenländer

In Brasilien sinken längst die Zinsen 

Dass sich der Desinflationstrend auch in den Emerging Markets fortsetzt, spricht perspektivisch ebenso für ein Ende der dortigen geldpolitischen Restriktion. So hat die brasilianische Notenbank seit Sommer 2023 den Leitzins bereits um 2,5 Prozentpunkte gesenkt. Positive Ausstrahleffekte auf Anleihekurse sind zu erwarten.

Grafik 8: Inflationsraten in Schwellenländern

 

 

Am US-Aktienmarkt geht die Jagd nach neuen Allzeithochs vor allem auf die bekannten dicken Fische aus dem High-Tech Bereich zurück.

Tech-Aktien machen den Alleinunterhalter… noch

Dabei scheint es Anleger wenig zu stören, dass die Gewinnrendite der teuren US-Techwerte unter der Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen liegt

Grafik 9: Gewinnrendite US-Technologiewerte und Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen

Denn die Tech-Schwergewichte halten die an sie gerichteten Wachstumserwartungen eindrucksvoll und rechtfertigen damit bislang ihre Top-Bewertungen. Tatsächlich haben die „Magnificent Seven“ ihren Umsatz im Vorjahresvergleich im Durchschnitt siebenmal stärker gesteigert als der Rest der Unternehmen aus dem S&P 500 und arbeiten zweieinhalbmal profitabler. 

Allerdings bleibt die gleichgewichtete Variante des S&P 500 – bereinigt also um die starke Übergewichtung der Tech-Champions – hinter dem klassischen Index zurück, was eine nur geringe Marktbreite anzeigt.

Grafik 10: US-Aktienmarkt (S&P 500), klassisch und gleichgewichteter Index

Doch bieten in Amerika auch konjunkturzyklische Werte zukünftig eine Alternative, die deutlich günstiger zu haben sind und vom soft landing der US-Wirtschaft und von Steuer- und Wirtschaftserleichterungen in einer mutmaßlich zweiten Amtszeit Trumps profitieren.

„Insgesamt sind die Zutaten für eine Fortsetzung der Rallye weiter vorhanden. Daher sollten Anleger zwischenzeitliche Rücksetzer als willkommene Kaufgelegenheit nutzen“

Ein grundsätzlich widerstandsfähiger US-Arbeitsmarkt untermauert die positiven Aussichten für Konsumtitel. Finanzwerte profitieren von einer im Zeitablauf wieder abnehmenden Risikovorsorge bei steigender Kreditnachfrage. Und für Industrietitel allgemein überbrachte zuletzt der Welt-Frühzykliker Caterpillar eine wieder frohere Konjunktur-Botschaft. 

 

Grafik 11: KGV-Bewertung US-Branchen

Tatsächlich, die Welt-Börsen erhalten durch eine positiv überraschende Weltkonjunktur wieder mehr fundamentale Unterstützung. 

Grafik 12: Ökonomische Überraschungsindices Welt und Welt-Aktienmarkt

Sentiment und Chart-Technik Dax: Konsolidierung auf hohem Niveau

Neue Allzeithochs kann der Dax bislang zwar noch nicht erreichen. Doch Moll-Stimmung kommt ebenfalls nicht auf. Und seine Volatilität ist alles andere als mit Sorge zu betrachten. 

 

Grafik 13: Kursschwankungen im Dax

Insgesamt sind die Zutaten für eine Fortsetzung der Rallye weiter vorhanden. Daher sollten Anleger zwischenzeitliche Rücksetzer als willkommene Kaufgelegenheit nutzen. 

 

 


Robert Halver, Foto: Baader Bank

Über den Autor:

Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse der Baader Bank in Frankfurt und ist damit für die Einschätzung der internationalen Finanzmärkte zuständig. Der erfahrene Kapitalmarkt- und Börsenkommentator ist durch seine große Medienpräsenz und regelmäßige Medienauftritte bei Fernsehsendern und Radiostationen einem breiten Anleger- und Finanzpublikum bekannt.

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