Andreas Busch von Bantleon
China trotz Konjunkturproblemen nicht abschreiben
Aktualisiert am 17.03.2020 - 15:33 Uhr
Tänzer in Peking: Chinas Wirtschaft erholt sich nur langsam.
Keine Frage: Chinas Wirtschaft verliert an Schwung. Abschreiben sollten Investoren das Land aber nicht. Andreas Busch von Bantleon nennt Gründe.
Die Hoffnungen, dass China die Weltwirtschaft 2019 wieder anschiebt, haben sich bislang nicht erfüllt. Im Gegenteil – die Wirtschaft des Reichs der Mitte hat weiter an Schwung verloren und droht damit zusehends seine Rolle als globale Konjunktur-Lokomotive zu verlieren. Zum Ausdruck kam die anhaltende Abschwächung zuletzt zum einen in den Zahlen zum Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im zweiten Quartal. Mit einem Plus von 6,2 Prozent (nach 6,4 Prozent im ersten Quartal, im Vergleich zum Vorjahr) rutschte das Expansionstempo auf den tiefsten Stand seit Anfang der 1990er Jahre. Zum anderen zeichnen auch die ersten Aktivitätsdaten für Juli ein trübes Bild. Die Vorjahresrate beim Wachstum der Industrieproduktion...
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Die Hoffnungen, dass China die Weltwirtschaft 2019 wieder anschiebt, haben sich bislang nicht erfüllt. Im Gegenteil – die Wirtschaft des Reichs der Mitte hat weiter an Schwung verloren und droht damit zusehends seine Rolle als globale Konjunktur-Lokomotive zu verlieren. Zum Ausdruck kam die anhaltende Abschwächung zuletzt zum einen in den Zahlen zum Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im zweiten Quartal. Mit einem Plus von 6,2 Prozent (nach 6,4 Prozent im ersten Quartal, im Vergleich zum Vorjahr) rutschte das Expansionstempo auf den tiefsten Stand seit Anfang der 1990er Jahre. Zum anderen zeichnen auch die ersten Aktivitätsdaten für Juli ein trübes Bild. Die Vorjahresrate beim Wachstum der Industrieproduktion sackte nach einer kurzzeitigen Belebung im Juni wieder deutlich ab (plus 4,8 Prozent nach plus 6,3 Prozent) und selbst die Einzelhandelsumsätze schwächelten erneut (plus 7,6 Prozent nach plus 9,8 Prozent, jeweils gegenüber dem Vorjahr). Der Start ins laufende Quartal fällt damit nicht erfreulich aus, sondern spiegelt eine bis zuletzt nachlassende Konjunkturdynamik.
Hat also die staatliche Konjunkturpolitik versagt? Schließlich hatte die Regierung versucht, mit Steuersenkungen und einer Ankurbelung der Kreditvergabe die Wirtschaft auf Trab zu bringen. Vielerorts nehmen entsprechend die Forderungen zu, der Staat müsse zusätzliche Stimuli lancieren, um der Wirtschaft in Zeiten des sich zuspitzenden Handelskriegs auf die Sprünge zu helfen. Peking gibt sich jedoch zurückhaltend. Zwar lassen Regierung und Notenbank verlauten, man werde die Wirtschaft mit expansiven Maßnahmen stützen – einem groß angelegten Konjunkturprogramm wie zum Beispiel vor rund zehn Jahren in der Weltfinanzkrise wird jedoch nach wie vor eine Absage erteilt.
Wir sind ebenfalls nicht so skeptisch, was die Perspektiven für den weiteren Jahresverlauf anbetrifft. Vielmehr sehen wir gute Chancen, dass die Wirtschaft wieder Fahrt aufnimmt. Dafür sprechen die Erfahrungen der Vergangenheit, wonach die bislang von Peking ergriffenen Maßnahmen eine gewisse Zeit benötigen, um die gewünschte Wirkung zu entfalten. Während in den Jahren 2008 und 2009 der staatliche Wohnungsbau unmittelbar und massiv angekurbelt wurde – was sehr schnell Früchte getragen hat – dauert es diesmal länger, bis die Entlastungen der Bürger und Unternehmen sowie die geldpolitischen Impulse indirekt ihre Wirkung entfalten. Wie die Gegenüberstellungen in den nachfolgenden Abbildungen zeigen, ist es nicht verwunderlich, wenn die Konjunkturdynamik – hier gemessen an den Einkaufsmanagerindikatoren – noch auf relativ niedrigem Niveau verharrt. Gleichwohl zeichnen aber die verbesserten Finanzierungskonditionen infolge der gesunkenen Zinsen für die kommenden Monate eine merkliche Belebung vor. Daneben sollte die expansive Fiskalpolitik mehr und mehr Impulse erzeugen.
Zweifelsohne steht diese Prognose unter dem Vorbehalt, dass der Handelskrieg zwischen den USA und China nicht eskaliert. Die jüngsten Entwicklungen machen diesbezüglich indes Mut. Die Verschiebung der eigentlich für September angekündigten Zölle auf importierte Konsumgüter aus China (zum Beispiel Smartphones und Laptops) zeigt, dass es Donald Trump durchaus bewusst ist, wie er sich mit den immer neuen Strafmaßnahmen gegenüber China zusehends ins eigene Fleisch schneidet. Daher sehen wir es als wahrscheinlich an, dass die Eskalationsspirale früher oder später zum Stillstand kommt, woraufhin die chinesischen Aufschwungskräfte zum Tragen kommen sollten. Die Weltwirtschaft dürfte somit von dieser Seite endlich den ersehnten Rückenwind erhalten.
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