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Trügerische Euro-Ruhe 5.000 Euro zinsloser Kredit an Italien – von jedem Bundesbürger

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Die jüngst vermeldeten Zahlen lassen aufhorchen: Diese Forderungen befinden sich mit über 923 Milliarden Euro auf einem Rekordhoch und damit nicht mehr weit entfernt von der magischen 1-Billion-Euro-Marke. Da der deutsche Steuerzahler quasi Eigentümer der Deutschen Bundesbank ist, bedeutet das etwa 11.000 Euro Kreditvolumen pro Bundesbürger. Dagegen verzeichnet Italien das größte Target-Minus mit weit über 400 Milliarden Euro. Oder mit anderen Worten: Italien steht, grob kalkuliert, bei jedem Bundesbürger mit etwa 5.000 Euro in der Kreide – zinslos versteht sich.

Deutschland ist erpressbar geworden

Mit einem Austritt Italiens wäre ein großer Teil dieser Forderungen nur schwer oder nicht mehr einforderbar. Eine Abschreibung in solcher Größenordnung wäre das Ende jeglicher Euro-Illusion. Das weiß auch die italienische Politik. Und genau das macht die Eurozone und vor allem Deutschland erpressbar. Es würde uns nicht wundern, wenn eine zukünftige italienische Regierung, sollte sie denn irgendwann zustande kommen, sich über jegliche Reformaufforderungen und Strukturveränderungen hinwegsetzen wird und Wohltaten ohne Rücksicht auf Defizite an die Bevölkerung verteilt. Jüngst forderte sogar ein Sprecher der rechtspopulistischen Lega Nord einen Schuldenerlass in Höhe von 400 Milliarden Euro.

Die Zeit des Durchwurschtelns geht zu Ende

In den vergangenen Monaten konnte man leicht den Eindruck bekommen, in der Eurozone sei die Krise bewältigt. Schon wird in Brüssel vorgeschlagen, den EU-Erweiterungsprozess voranzutreiben und Beitrittsgespräche mir Albanien und Mazedonien zu beginnen. Vor dem Hintergrund der bis dato ungelösten Probleme innerhalb der Union erscheint das unverständlich und hoch riskant. Solange das Kapital weiter massiv aus den Peripherieländern fließt, bleibt die Situation brandgefährlich. Die ideologisch geprägten politischen Entscheidungsträger zeigen also weiterhin keine ansteigende Lernkurve.

Aus unserer Sicht bricht die Eurokrise dann wieder auf, wenn sich der konjunkturelle Aufschwung verabschiedet. Dann wird die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit und die hohe Schuldenlast einiger Länder die Eurokrise wiederaufleben lassen - in welcher Form auch immer. Dann wird es vorbei sein mit dem Durchwurschteln. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird die alles entscheidende Frage zu stellen sein: Wollen wir eine Transferunion oder die Aufspaltung des Euroraumes? Einen dritten Weg gibt es nicht. Ich würde auf die Transferunion wetten, denn sie hat de facto bereits begonnen.

Vorsicht bei Investitionen in Peripherieländern

Das Target-System zeigt, wie fragil sich die Situation im Euroraum weiterhin darstellt. Es wird deutlich, dass Kapital immer noch massiv aus den Peripherieländern wie Italien strömt. Wer das Vertrauen in die Staatsfinanzen und das Bandensystem dieser Länder verloren hat, versucht sein Geld in Sicherheit zu bringen und transferiert es an eine Bank im Ausland. Keine idealen Voraussetzungen für nachhaltige Investitionen in diesen Ländern. Vor diesem Hintergrund meiden wir als strategisch denkender Vermögensverwalter weitgehend den Anleihe- und Aktienbereich dieser Länder. Den ausgeprägten systemischen Risiken stehen aus unserer Sicht derzeit noch keine adäquaten Chancen gegenüber. Die Euphorie in Europa wird sich in den kommenden Monaten nicht aufrechterhalten lassen.

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