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Neue Amtszeit Trump: Was das für Anleger bedeutet

Der Amtsantritt Donald Trumps am 20. Januar 2025 stellt die globalen Finanzmärkte vor neue Herausforderungen. Trumps „America-First“-Politik könnte die Weltwirtschaft grundlegend verändern – von verschärften Handelskonflikten bis hin zu steigender Inflation. Europa, darunter auch Deutschland, wird sich umfangreich an die neue Situation anpassen müssen.
Trump-Antritt – ein Wendepunkt?
Ist der Trump-Antritt also eine Zäsur für die globalen Finanzmärkte? Philipp Müller, Vorstand von Gecam Capital Management, würde das so nicht stehenlassen: „Ob man dies als Zäsur bezeichnen kann, hängt davon ab, welche wirtschafts- und geopolitischen Maßnahmen die neue Administration tatsächlich umsetzt.“
In der Tat hat der kommende US-Präsident auch in seiner ersten Amtszeit schon einige Vorhaben angekündigt, die später in der Umsetzung steckengeblieben sind, darunter das Projekt, einen Grenzzaun entlang der gesamten Grenze zum Nachbarstaat Mexiko zu bauen.
Müller verweist darauf, dass US-Präsidentschaftswechsel generell oft kurzfristige Marktschwankungen auslösen. Die langfristigen Auswirkungen hingen jedoch stets von konkreten politischen Entscheidungen ab.
Handelspolitik als zentraler Risikofaktor
Bereits im Präsidentschaftswahlkampf hatte Donald Trump angekündigt, im Fall seiner Wahl Importe aus China mit 60 Prozent, aus anderen Ländern mit 20 Prozent zu besteuern. „Die politischen Vorschläge der neuen Trump-Regierung haben das Potenzial, die Handelsspannungen zu verschärfen und die globalen Märkte, die Stimmung und die Bedingungen an den Finanzmärkten erheblich zu beeinflussen“, warnt Rebekah McMillan, Associate Portfolio Manager im Multi-Asset-Team von Neuberger Berman.
McMillan erwartet nun einen ungewöhnlichen Effekt: Ein Großteil des weltweiten Wachstums im Jahr 2025 könnte in den ersten Monaten des Jahres stattfinden, schätzt sie. Grund: Die globale Industrie dürfte in Erwartung der angedrohten Zollerhöhungen ihre Aktivitäten vorziehen.
Robert Greil von Merck Finck sieht dabei besonders Deutschland unter Druck. Damit reiht er sich in eine Riege von Kritikern ein, die die hiesige Volkswirtschaft im internationalen Wettbewerb zukünftig noch weiter hinterherhinken sieht. Ganz anders die USA: „Während in Deutschland in Sachen Konjunktur vorerst nur das Prinzip Hoffnung bleibt, werden in den USA Fakten geschaffen – womit Deutschland und auch Europa insgesamt noch weiter zurückfallen dürften.“ Einen kleinen Lichtblick gibt Nelson Yu, Leiter Aktien bei Alliancebernstein (AB): Es ließen sich „selbst im schwächelnden Europa“ noch globale Unternehmen mit guten Wachstumsaussichten finden, so Yu. Eine Einschätzung, die jedoch immer noch einen negativen Grundtenor enthält.
Gemischtes Bild am US-Aktienmarkt
Yu empfiehlt, selbst bei Aktienkäufen am erfolgreichen US-Markt genau hinzusehen: „Auch wenn Trumps Agenda darauf abzielt, Amerika in politischen Überlegungen an die erste Stelle zu setzen, sollten Investoren nicht in Versuchung geraten, den gesamten US-Markt durch eine rosarote Brille zu sehen." Steuersenkungen allein würden aus schwachen Unternehmen noch keine Qualitätsunternehmen machen, warnt er.
Philipp Müller ergänzt diese Sicht: „Besonders in unsicheren Zeiten ist es wichtig, auf Qualität zu setzen: Für ihn stünden Unternehmen mit soliden Bilanzen, bewährten Geschäftsmodellen und nachhaltigem Wachstumspotenzial im Fokus.“

1.200% Rendite in 20 Jahren?
Inflation und Währungseffekte im Blick
Neuberger-Bermann-Spezialistin McMillan identifiziert einen wichtigen Nebeneffekt der Trump-Politik: Die Wachstums- und Renditedifferenzen zwischen den USA und anderen Ländern haben viel Kapital in die USA gelenkt und den Dollar gestärkt. „Während das im Inland in den USA einen desinflationären Effekt hat, führt es anderswo zu Inflation. Dies erschwert unter anderem die Bemühungen in Europa, das Wachstum mithilfe von Zinssenkungen zu unterstützen“, so McMillan. Will heißen: Mit einem Konjunkturbooster durch die EZB sei so schnell nicht zu rechnen.
Nach Einschätzung von Vermögensverwalter Müller werden „längerfristig Sektoren profitieren, die von Deregulierung und höheren Staatsausgaben profitieren, wie Energie, Rüstung und Infrastruktur.“ Gewinner sieht Müller auch im Finanzbereich, da der angehende Präsident Trump auch dort Regeln lockern will: „Deregulierung und laxere Umsetzung der Basel-III-Richtlinien (Basel III = internationale Eigenkapitalregeln für Banken) sollte hier für Auftrieb sorgen.“ Ebenso könnten Unternehmen der US-Ölförderung zu den großen Gewinnern zählen.
Kryptomärkte im Aufwind
Der Kryptomarkt hat bereits deutlich auf den anstehenden Machtwechsel reagiert. Kurz nachdem Donald Trump an diesem Samstag den Start eines eigenen „Trump-Coins“ verkündete, schoss dessen Kurs in die Höhe – von null auf über 70 Euro. Am Sonntag legte die angehende Präsidentengattin Melania Trump nach und startete einen eigenen Krypto-Coin. Der Coin $Trump fiel indessen auf rund 43 Euro pro Einheit zurück.
Der Launch der neuen Meme-Coins deutet es an: Kryptowährungen dürften unter einem Präsidenten Donald Trump eine „strukturelle Unterstützung“ genießen, wie es McMillan nennt. Nicht zuletzt, weil Trump auch auf diesem Gebiet Regulatorik zurückfahren will.
Ungünstig sieht die Lage in den USA dagegen für ESG-Investments aus: Die „Net Zero Asset Manager Initiative“ hat kürzlich ihre Arbeit ausgesetzt, nachdem sich bedeutende Banken und Asset Manager aus dem freiwilligen Zusammenschluss zurückgezogen hatten. Wie es dort weitergeht, ist unklar.
Ausblick trotzdem verhalten positiv
Trotz aller Schwarzseherei ist unter Experten auch vorsichtiger Optimismus erkennbar: Besonders die technologische Entwicklung, allen voran bei Künstlicher Intelligenz, könnte unabhängig politischer Ereignisse positive Impulse setzen. Allerdings werden für die neue Trump-Präsidentschaft die ersten 100 Tage entscheidend sein, glaubt Vermögensverwalter Müller. Er rät: Anleger sollten genau beobachten, was von Trumps oft radikaler politischer Agenda in der ersten Euphorie-Welle auch wirklich umgesetzt wird.
Aus den Einschätzungen der Spezialisten lassen sich drei strategische Tipps für Anleger ableiten:
- Investments global streuen: AB-Profi Nelson Yu empfiehlt, nach Anlagenchancen auch außerhalb der USA zu suchen. „Selbst im schwächelnden Europa können Anleger globale Unternehmen mit dominierenden Branchenpositionen und attraktiven Wachstumsaussichten finden“, ist er überzeugt.
- Qualitätsfokus: Vermögensverwalter Müller betont die Bedeutung solider Kennzahlen: „Besonders in unsicheren Zeiten ist es wichtig, auf Qualität zu setzen: Unternehmen mit soliden Bilanzen, bewährten Geschäftsmodellen und nachhaltigem Wachstumspotenzial."
- Langfristiger Ansatz: „In der aktuellen Situation raten wir unseren Kunden, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht von kurzfristigen Marktbewegungen oder Unsicherheiten leiten zu lassen“, so Müller.