Finanzexperte Jan Viebig
Trump’sche Politik: Wenn der Staat aus Sicht der Investoren versagt

Finanzexperte Jan Viebig
Was wir derzeit in den USA erleben, ist kein Versagen der Märkte – sondern ein Staatsversagen von bislang unbekanntem Ausmaß. Einer der frühesten Warner vor dieser Gefahr war der Wirtschaftsnobelpreisträger James Buchanan, Mitbegründer der Public-Choice-Theorie.
Nach seiner Auffassung sind Politiker und Beamte keine selbstlosen Sachwalter des Gemeinwohls, sondern handeln – wie alle anderen auch ...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Was wir derzeit in den USA erleben, ist kein Versagen der Märkte – sondern ein Staatsversagen von bislang unbekanntem Ausmaß. Einer der frühesten Warner vor dieser Gefahr war der Wirtschaftsnobelpreisträger James Buchanan, Mitbegründer der Public-Choice-Theorie.
Nach seiner Auffassung sind Politiker und Beamte keine selbstlosen Sachwalter des Gemeinwohls, sondern handeln – wie alle anderen auch – vorrangig im eigenen Interesse. Um Machtmissbrauch, politische Willkür und Verschwendung zu verhindern, forderte Buchanan strikte, verfassungsrechtlich verankerte Regeln.
Von zentraler Bedeutung ist die Trennung von Gesetzgebung, Rechtsprechung und Exekutive, damit sich die Gewalten gegenseitig kontrollieren und individuelle Freiheitsrechte gegenüber staatlichen Übergriffen geschützt werden. Aus ökonomischer Perspektive braucht es darüber hinaus robuste Regeln zur Haushaltsdisziplin, um exzessive Staatsverschuldung und ineffiziente Ausgaben einzudämmen. Ebenso entscheidend sind institutionelle Schutzmechanismen, die unabhängige Einrichtungen wie die Zentralbank vor politischer Einflussnahme bewahren, damit sie stabilitätsorientierte Entscheidungen treffen können, frei von kurzfristigem Machtkalkül.
In seiner zweiten Amtszeit geht Donald Trump systematischer und kompromissloser gegen das institutionelle Establishment vor. Die Bundesverwaltung wird gezielt umgebaut. Tausende unabhängige Beamte werden entlassen und durch loyalere Gefolgsleute ersetzt. Selbst renommierte Universitäten wie Harvard sehen sich mit Sanktionsdrohungen konfrontiert. Auch die Justiz bleibt nicht verschont: Gerichtsurteile werden missachtet, US-Kanzleien geraten durch Exekutivanordnungen unter Druck. Unabhängige Institutionen wie die Federal Reserve, die bewusst außerhalb direkter politischer Kontrolle agieren, um sachorientiert entscheiden zu können, geraten zunehmend ins Visier.
Die Glaubwürdigkeit der US-Geldpolitik steht auf dem Spiel. Ein funktionierender Rechtsstaat gerät ins Wanken, wenn institutionelle Sicherungen gegen Machtmissbrauch ausgehöhlt und demokratische Kontrollmechanismen delegitimiert werden. Dieses institutionelle Erodieren hat direkte Folgen für die Kapitalmärkte: Die Unsicherheit wächst massiv. Ein Blick auf den Volatilitätsindex VIX zeigt, wie tief die Verunsicherung reicht. Die kurzfristige Volatilität – ein gängiger Indikator für Angst im Markt – erreicht Werte, wie man sie zuletzt während der Covid-Pandemie und der globalen Finanzkrise 2008/2009 gesehen hat.
Besonders drastisch zeigt sich Trumps Kurs in der Handelspolitik. Während die Märkte bereits mit einem massiven Anstieg der durchschnittlichen US-Zölle von rund 3 auf 14 Prozent gerechnet hatten, überraschte der US-Präsident mit einer willkürlichen und ökonomisch kaum begründbaren Berechnungsformel: Künftig sollen die durchschnittlichen Importzölle auf das historisch beispiellose Niveau von 23 Prozent steigen.
Die Ankündigung traf die Finanzmärkte wie ein Schock. Aktienkurse gerieten unter Druck, der US-Dollar verlor spürbar an Wert. Die Aussicht auf deutlich teurere Importe infolge der Zollschraube treibt zugleich die Inflation: Ökonomen rechnen mit einem Anstieg auf über 4 Prozent. Die Sorge vor einer Rezession wächst. Die Wahrscheinlichkeit, dass die US-Wirtschaft innerhalb der nächsten zwölf Monate in eine Rezession rutscht, hat merklich zugenommen. Die Federal Reserve Bank of Atlanta prognostiziert für das erste Quartal 2025 sogar einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts.
Drei Grundregeln helfen Investoren in einem Umfeld erhöhter Ungewissheit, einen kühlen Kopf zu bewahren.
Erstens, in turbulenten Märkten gilt: Wer Ruhe bewahrt und gezielt kauft, statt panisch zu verkaufen, ist langfristig im Vorteil. Empirische Analysen zeigen, dass Anleger, die in Phasen hoher Volatilität ihr Kapital in Aktien investieren, auf lange Sicht überdurchschnittliche Renditen erzielen. Gerade dann zu kaufen, wenn die Stimmung am schlechtesten ist, kann sich lohnen.
Zweitens, Qualität zahlt sich besonders in Stressphasen aus. Wer in Aktien investiert, sollte gezielt auf Unternehmen mit soliden Bilanzen, nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen, guter Unternehmensführung und hoher Kapitalrendite setzen. In Krisen geraten vor allem jene Firmen unter Druck, die bereits vorher schwach aufgestellt waren.
Drittens, gerade in unsicheren Zeiten erfordern Investments in Aktien einen langen Atem. Wer nur kurzfristig in Aktien investiert, muss mit Rückschlägen rechnen: Bei einer Haltedauer von nur einem Jahr endet ungefähr jedes vierte Jahr mit einem Verlust. Wer sein Kapital hingegen langfristig in ein breit gestreutes globales Aktienportfolio investiert, profitiert in der Regel von höheren risikoadjustierten Renditen. Denn mit zunehmender Anlagedauer sinkt das Verlustrisiko deutlich. Empirische Analysen belegen das eindrucksvoll. Seit 1969 hat der MSCI World Index in keiner einzigen 15-Jahres-Periode einen Verlust verzeichnet, und das trotz zahlreicher Finanzkrisen und globaler Schocks.
Wie lange das Staatsversagen in den USA anhält, ist derzeit kaum abzusehen. Hoffnung macht der Fall der früheren britischen Premierministerin Liz Truss. Ihre Amtszeit endete nach wenigen Wochen – laut britischer Medien schneller, als ein Salatkopf verwelkt –, weil die Märkte ihre wirtschaftspolitischen Experimente nicht mittrugen.
Ob Donald Trump seine radikale Politik ebenfalls korrigieren muss, sei es durch politischen Druck oder durch den der Märkte, bleibt offen. Sicher ist jedoch: In Zeiten erhöhter Unsicherheit hat sich eine Anlagestrategie immer wieder bewährt – Aktien qualitativ hochwertiger Unternehmen schrittweise kaufen und langfristig halten.
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