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Warum Trump und Rezessionsängste auch weiterhin für ein unruhiges Umfeld sorgen

Die Wall Street hat US-Präsident Donald Trump zumindest kurzfristig zur Vernunft gebracht. Allerdings sollten Anleger die Aufwärtskorrektur nicht überbewerten. Denn erstens gelten immer noch Strafzölle in Höhe von 10 Prozent auf so gut wie alle Importgüter in die USA. Dazu kommen noch sektorspezifische Abgaben wie für Aluminium, Stahl oder Autos. Und mit China hat Trump einen regelrechten Zollkrieg angezettelt. Zudem ist noch völlig unklar, wie es nach dem 90-tägigen Moratorium mit den Strafzöllen weitergeht.
Eine mögliche weitere Eskalation des Zollstreits zwischen den USA und dem Rest der Welt bedroht vor allem die „Magnificent Seven“. Beispielsweise erzielt Apple mehr als die Hälfte seines Umsatzes außerhalb der USA. Von möglichen Gegenmaßnahmen der EU und Chinas wäre der Konzern daher massiv betroffen. Bei Tesla sieht es ganz ähnlich aus. Bislang ist der Zollstreit nur aufgeschoben und nicht aufgehoben und schwebt nun für die nächsten drei Monate wie ein Damoklesschwert über den Unternehmen.
Fed in der Zwickmühle
Hinzu kommt die unklare Situation bei den Zentralbanken, insbesondere bei der Fed. Die steigende Rezessionsgefahr spricht eigentlich für eine weitere Lockerung der Geldpolitik. Der Arbeitsmarkt zeigt erste Ermüdungserscheinungen. Die Rendite zweijähriger Staatsanleihen ist mittlerweile unter die Marke von 4 Prozent gefallen. Vor einem Jahr rentierten sie noch im Bereich von 5 Prozent.
Vor allem aber notieren die Zinsen der Kurzläufer jetzt unter denen der Langläufer. Das Auflösen der inversen Zinsstrukturkurve signalisiert signifikante Rezessionsgefahren. Diese werden durch die Ausgabenkürzungen von Trump-Buddy Elon Musk zusätzlich verstärkt. Denn Volkswirtschaften wachsen in der Regel nur dann, wenn auch der Staat investiert. Die Vorhersage der Atlanta-Fed für das aktuelle Quartalswachstum ist bereits deutlich negativ. Goldman Sachs taxiert die Wahrscheinlichkeit für eine Rezession mittlerweile auf 45 Prozent.
Gleichzeitig sieht sich die Fed mit ernsthaften Inflationsgefahren konfrontiert. Nicht alle Unternehmen, die in die USA exportieren, werden in der Lage oder willens sein, die Zölle von 10 Prozent in vollem Umfang zu tragen. Gleichzeitig verteuern sich importierte Rohstoffe und Vorprodukte, was auch die Preise der heimischen Produzenten nach oben treiben dürfte. Dass die Inflationsrate in den USA im März von 2,8 auf 2,4 Prozent gesunken ist, sollte nicht als Zeichen der Entwarnung gewertet werden. Denn im März spielten die Strafzölle noch keine Rolle.
Zu große Hoffnungen auf die Fed?
Im Zweifelsfall wird sich Notenbank-Chef Jerome Powell für die Unterstützung der Konjunktur und gegen die nachhaltige Bekämpfung der Inflation entscheiden.
Derzeit erwarten die Terminmärkte fünf Zinsschritte der Fed in den nächsten Monaten. Daraus lässt sich für die amerikanischen Leitzinsen ein Zielkorridor von 3 bis 3,25 Prozent ableiten. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies bis zum Jahresende der Fall sein wird, liegt laut Fed-Watch-Tool der CME derzeit bei gut 40 Prozent. Allerdings haben sich die Prognosen für weitere Zinssenkungen in der jüngeren Vergangenheit immer wieder als zu optimistisch erwiesen.
In den USA ist das Risiko einer Stagflation seit dem Amtsantritt von Trump spürbar gestiegen. Gleichzeitig macht es der US-Präsident mit seiner sprunghaften Politik für die Unternehmen kaum möglich, auch nur mittelfristig zu planen.
Auch für die Entwicklung der Unternehmensanleihen wird entscheidend sein, ob es in den nächsten Monaten tatsächlich zu einer wirtschaftlichen Verlangsamung kommt und ob die Inflation sich wieder nach oben bewegt. Das beste Chance-Risiko-Verhältnis bieten hier zurzeit gute Bonitäten mit kurzer bis mittlerer Laufzeit.
Schwacher Ölpreis sorgt für etwas Entspannung
Die gestiegenen Rezessionsgefahren sowie eine Produktionsausweitung der Opec+ haben den Ölpreis zuletzt stark unter Druck gesetzt. Der Preis für ein Barrel der Sorte WTI hat sich in den zurückliegenden sechs Monaten um knapp 14 Prozent verbilligt. Zumindest das dürfte Trump gefallen. Denn für „Joe Sixpack“ wird jetzt der Stopp an der Tankstelle spürbar preiswerter. Von den gesunkenen Energiekosten profitieren nicht nur die Verbraucher, sondern auch das produzierende Gewerbe.
Es ist davon auszugehen, dass die Finanzmärkte im gesamten zweiten Quartal von hohen Schwankungen begleitet sein werden. Daraus ergeben sich aber auch immer wieder Anlagechancen. Gold sollte weiterhin ein fester Bestandteil der Vermögensallokation sein. Es ist zu erwarten, dass Gold langfristig den Kaufkraftverlust durch Inflation überkompensieren wird.

Über den Autor:
Michael Wittek leitet das Portfoliomanagement bei Albrecht, Kitta & Co. und ist für die Anlagestrategie der Vermögensverwaltung verantwortlich.