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Trumps Roulette-Ökonomie: Wenn der Präsident alles auf Rot setzt

Als der Mann mit der roten Kappe im Januar die Amtsgeschäfte übernahm, setzte ein regelrechter Trump-Boom ein. Die Anleger wiegten sich in der Hoffnung, dass alles so kommen würde, wie sie es sich erträumten: Steuersenkungen, Deregulierung, wirtschaftliche Freiheit. Nur die Zölle, die beunruhigten ein wenig. Aber man wollte nicht den Spielverderber geben, hielt die Ankündigungen für Verhandlungstaktik, für bloße Rhetorik eines Mannes, der vermeintlich die Kunst des Deals beherrscht.
Nun, keine zwei Monate später, streicht die Realität durch die Handelssäle. Beim Lieblingssender Fox erklärt der Präsident ohne mit der Wimper zu zucken, eine Rezession wäre ein kleiner Preis für die angestrebten Ziele. Tags darauf werden Strafzölle auf Aluminium und Stahl aus Kanada angekündigt, nur um Stunden später wieder kassiert zu werden. Die Finanzmärkte reagieren wie zu erwarten: Kursstürze an allen Fronten.
Der Preis der Zölle
Was wir jetzt erleben, ist die Stunde der Wahrheit der Trumponomics. Dieses wirtschaftspolitische Gebräu aus Protektionismus, Nationalismus und einer große Prise Eigennutz hat seinen Charme für die Märkte verloren. In seiner typischen Art hatte der Präsident im Wahlkampf zwar viel versprochen, aber wenig Konkretes dazu gesagt, wie er Amerika wieder „great" machen will. Nun setzt sich die Erkenntnis durch, dass Handelskriege eben doch nicht „leicht zu gewinnen" sind, wie Trump einst twitterte. Sie sind im Gegenteil kostspielig, unberechenbar und in ihren Folgen kaum zu kontrollieren.
Der Ökonomie-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz nennt Trumps Politik „Gift für die Weltwirtschaft". Er fürchtet eine Stagflation in den USA, jenes Schreckgespenst der Wirtschaftspolitik, das steigende Preise mit wirtschaftlicher Stagnation verbindet. Es wäre die Rückkehr in die ökonomisch düsteren 1970er Jahre, in die Zeit der Ölkrise und eines schmerzhaften Umbruchs.
Die Ironie daran: Trump, der sich als größter Präsident der Geschichte sieht, könnte am Ende als jener in die Geschichtsbücher eingehen, der das Land in die „Trumpcession" führte. Ein goldenes Zeitalter hatte er bei seiner Amtseinführung angekündigt. Nun folgt dem kurzen Höhenflug das jähe Ende, der Trump-Börsenzyklus in Reinform: erst Euphorie, dann Ernüchterung.
Politik im Stil eines Reality-TV-Formats
Besonders beunruhigend an der Situation ist die chaotische Natur der Entscheidungsfindung. Wenn ein Präsident morgens Zölle ankündigt und sie abends wieder zurücknimmt, stellt dies jede wirtschaftliche Planung in Frage. Unternehmen brauchen Verlässlichkeit, um zu investieren. Märkte brauchen Berechenbarkeit, um zu funktionieren. Was wir stattdessen bekommen, ist eine Politik im Stil eines Reality-TV-Formats: immer auf der Suche nach dem nächsten dramatischen Moment, der nächsten Schlagzeile.
Investoren reagieren bereits: Sie schichten um, kaufen verstärkt außerhalb der USA, sichern sich gegen weitere Kursverluste ab. Der Glaube an einen „Trump-Put" – die Überzeugung, dass der Präsident beim ersten Anzeichen von Kursverlusten eingreifen würde – ist dahin. Der ehemalige Immobilienmogul, der sich stets mit Börsenerfolgen brüstete, scheint ein größeres Spiel zu spielen als nur den kurzfristigen Erfolg an der Wall Street zu sichern.
Trump glaubt, mit dieser Unberechenbarkeit einen Vorteil zu haben. Doch die Wirtschaft ist kein Casino, in dem man alles auf Rot setzen kann. Sie funktioniert nach eigenen Gesetzen, die selbst der mächtigste Mann der Welt nicht außer Kraft setzen kann. Diese Lektion erteilen die Märkte ihm gerade mit bemerkenswerter Deutlichkeit.
Die Frage ist nur, ob er bereit ist, zuzuhören.
Dies ist ein persönlicher Kommentar, der ausschließlich die subjektive Meinung und Sichtweise des Autors widerspiegelt. Die hier dargestellten Ansichten, Interpretationen und Schlussfolgerungen repräsentieren nicht notwendigerweise die Position oder offizielle Haltung des Unternehmens.