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Überarbeitete Prospektrichtlinie tritt in Kraft

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Klargestellt wurde die Dauer des Widerrufsrechts des Anlegers bei Nachträgen: Die Frist beträgt jetzt exakt zwei Werktage (zuvor waren es mindestens zwei). Dieses Recht zum Widerruf hat der Anleger auch nur dann, wenn der Umstand, der zu dem Nachtrag geführt hat, noch während des öffentlichen Angebots eingetreten ist und er die Wertpapiere noch nicht erhalten hat.

Auf eine Einschränkung des Widerrufsrechts nur bei ungünstigen Entwicklungen konnte sich das Europäische Parlament jedoch nicht einigen. So wird der Anleger auch künftig die Nachtragspflicht des Emittenten dazu nutzen können, um von seiner Anlage zurückzutreten, allein weil ihm die Wertentwicklung nicht passt.

Ausnahmen von der Prospektpflicht


Die überarbeitete Prospektrichtlinie setzt die Schwellenwerte hoch, bei denen Ausnahmen von der Prospektpflicht gelten. Erst bei einer Mindeststückelung von 100.000 Euro (zuvor 50.000 Euro) muss ein Prospekt nicht mehr erstellt werden. Es wird dabei davon ausgegangen, dass sich ein solches Angebot ohnehin nicht mehr an Kleinanleger richtet. Zudem muss ein Prospekt nur dann veröffentlicht werden, wenn sich das Angebot mindestens an 150 Personen pro Mitgliedsstaat richtet.

Um kleineren und mittleren Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt zu erleichtern, wurden auch hier die Schwellenwerte, die eine Ausnahme zur Prospektpflicht begründen, heraufgesetzt. Künftig können Unternehmen, die eine geringe Marktkapitalisierung von durchschnittlich weniger als 100 Millionen Euro während der letzten drei Jahre aufweisen, innerhalb eines Jahres Wertpapiere im Gesamtwert von maximal 5 Millionen Euro anbieten, ohne der vollständigen Prospektpflicht zu unterliegen.

Zuvor lag dieser Schwellenwert bei 2,5 Millionen Euro. Sie müssen nun eine reduzierte, „verhältnismäßige Offenlegung“ befolgen. Was damit allerdings gemeint ist, bleibt einer noch zu erlassenden EU-Verordnung vorbehalten.
Und das führt zu einem weiteren Problem: Bisher hatte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) bei Kapitalerhöhungen, den entsprechenden Paragraphen 4 WpPG dahingehend ausgelegt, dass Bezugsangebote, die sich ausschließlich an Altaktionäre richten, kein öffentliches Angebot darstellen, sofern die Bezugsrechte nicht gehandelt werden. Damit entfiele auch die Prospektpflicht, so die Bafin. Andere Mitgliedsländer dagegen verlangen auch in diesen Fällen einen Prospekt.

Es bleibt also abzuwarten, wie sich die die Auslegungspraxis der Bafin entwickeln und die Bundesregierung den Richtlinienvorschlag in nationales Recht umsetzen wird. Unternehmen, die noch eine Bezugsrechteemission ohne entsprechenden Handel planen, sollten sich beeilen, um von der bisherigen Praxis zu profitieren.

Diese lässt im Übrigen in einer sehr weiten Auslegung des Paragraf 4 Abs. 2 Nr. 7 WpPG durch die Bafin und die jüngere Praxis der Deutschen Börse bei Bezugsrechtsemissionen ausschließlich im bestehenden Aktionärskreis sowohl die Emission der Bezugsrechte wie auch den anschließenden Handel im regulierten Markt prospektfrei erfolgen, selbst wenn die Kapitalerhöhung mehr als 10 Prozent des Grundkapitals umfasst.

Fazit: Mittelständler wird Finanzierung erleichtert

Die mit der Richtlinie auf den Weg gebrachte Vereinheitlichung des Rechtsraumes ist begrüßenswert, denn insgesamt sorgen die Änderungen der Prospektrichtlinie für mehr Rechtsklarheit. Der Verwaltungsaufwand für Emittenten wird reduziert, soweit sie sich in dem gesteckten Rahmen bewegen. Vor allem die höheren Schwellenwerte für kleinere und mittlere Unternehmen werden zudem dafür sorgen, dass auch mehr Mittelständler die Finanzierung über den Kapitalmarkt wählen.

Es bleibt zu hoffen, dass sich die Bafin des Themas „verhältnismäßige Offenlegung“ annimmt. In bewährter Art und Weise könnte sie etwa über Verbände-Anschreiben den Diskussionsstand gerade hinsichtlich der Praktikabilität aufnehmen und eine proaktive Rolle bei der Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber spielen.

Zum Autor: Oliver Maaß ist Rechtsanwalt und Gesellschaftsrechtsexperte bei der internationalen Wirtschaftskanzlei Heisse Kursawe Eversheds in München.

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