Marktkommentar: Berufsunfähigkeit im Marktüberblick

Überversichert? Von wegen!

Die Deutschen gelten als Versicherungsweltmeister. Doch ausgerechnet in puncto Berufsunfähigkeit gehen viele eine gewagte Wette ein.

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icht nur in Sachen Geldanlage gelten die Deutschen als sehr risikoscheu und verschenken Milliardensummen, weil sie lieber auf Tagesgeld als auf lukrativere Anlageformen setzen: Dass sie sich lieber absichern, zeigt sich auch darin, dass sie als Versicherungsweltmeister gelten und im Schnitt sechs Verträge abgeschlossen haben, wie eine Statistik des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) belegt.

Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung der Größenordnung einiger Risiken anscheinend kaum bewusst ist: So haben laut GDV 46 Prozent der Haushalte eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen. Aber nur 17 Prozent sorgen mit einer Risikolebensversicherung für den Fall vor, dass die Familie nach dem Tod des Hauptverdieners in große finanzielle Schwierigkeiten gerät – trotz überschaubarer Beiträge und der Tatsache, dass zumindest Immobilienbesitzer oftmals Schulden im sechsstelligen Bereich haben, die die Hinterbliebenen dann allein zurückzahlen müssen.

Unterversichert in Sachen BU

Ähnlich irrational verhalten sich die meisten Deutschen auch in Sachen Berufsunfähigkeit (BU): Lediglich 26 Prozent der Haushalte haben für diesen Fall mit einer entsprechenden Versicherung vorgesorgt. „Doch das bedeutet noch lange nicht, dass sie damit gegen finanzielle Einbußen aufgrund einer Erkrankung gewappnet sind: Angaben des GDV zufolge liegt die Auszahlungssumme im Schnitt bei monatlich 1.000 Euro. Das sind 900 Euro weniger als das durchschnittliche Nettoeinkommen in Deutschland. Diese Summe dürfte in den meisten Fällen nicht ausreichen, um den monatlichen Einkommensverlust auszugleichen“, erläutert Norbert Piechowiak, Abteilungsdirektor Vertrieb Leben/bAV, Helvetia Leben. Und dieser ist oftmals erheblich, da die Erwerbsminderungsrente der gesetzlichen Rentenversicherung in der Regel deutlich niedriger als das Erwerbseinkommen ausfällt – sofern sie überhaupt gezahlt wird.

Berufsunfähigkeit ist keineswegs selten

Dieses sorglose Verhalten passt auch deshalb so wenig in das Image der vorsichtigen Deutschen, weil die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Erwerbslebens berufsunfähig zu werden, bekanntermaßen alles andere als gering ist: „Jeder fünfte Arbeitnehmer kann seinen Beruf nicht bis zum Rentenalter ausüben. Pro Jahr müssen rund 200.000 Menschen ihre bisherige Berufstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen aufgeben“, so Piechowiak. Als häufigste Ursache für Berufsunfähigkeit gelten psychische Erkrankungen, wie die 2020 zum fünften Mal von der Analyseagentur Franke und Bornberg durchgeführte Leistungspraxisstudie belegt: Rund 27 Prozent der anerkannten BU-Leistungen gehen auf das Konto solcher Erkrankungen, gefolgt von Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystems wie zum Beispiel Bandscheibenschäden mit rund 24 Prozent.

Wer sich für BU-Schutz interessiert, achtet auf Qualität

Doch warum wird das Risiko „Berufsunfähigkeit“ eigentlich von den meisten Verbrauchern unterschätzt? Der GDV verweist auf Studien, denen zufolge viele damit überfordert sind, Wahrscheinlichkeiten realistisch einzuschätzen. So würden die meisten Menschen dazu neigen, die Eintrittswahrscheinlichkeit seltener Ereignisse zu überschätzen und relativ häufig auftretende Ereignisse eher zu unterschätzen.

Immerhin: „Sind sich Verbraucher einmal des Risikos bewusst geworden, gehen sie sehr rational vor. So belegt eine Studie des Marktforschungsunternehmens Sirius Campus, dass Verbraucher unter anderem bei Berufsunfähigkeitsversicherungen Wert auf die Produktqualität legen und nicht – wie von sonst häufig üblich - allein auf den niedrigsten Preis aus sind“, betont Piechowiak.

Corona-Krise schärft Bewusstsein der Verbraucher für Absicherung

Seiner Einschätzung nach hat die Corona-Krise zu einer stärkeren Risikowahrnehmung beigetragen: „Freunde, Kollegen oder Eltern kommen mit schweren Covid-19-Verläufen ins Krankenhaus oder leiden unter Spätfolgen einer Erkrankung. Im Home-Office steigt die Anzahl an depressiven Erkrankungen. Und auch in den Medien sind die Themen ständig präsent. Außerdem haben viele Menschen mehr Zeit, über die finanziellen Folgen nachzudenken“, erläutert der Abteilungsdirektor Vertrieb Leben/bAV, Helvetia Leben.

Der Schweizer Versicherer hat im Zuge der Pandemie seine Produktkonzepte auf den Prüfstand gestellt und dabei das Augenmerkt auf die Anpassungsfähigkeit der Produkte gelegt: „Die Nachversicherungsoptionen und die bereits vorhandene Infektionsklausel haben ein Upgrade erhalten. Die AU-Rente, eine Verlängerungsoption und die Teilzeitklausel findet man jetzt auch bei uns. Und mit der Grundfähigkeitsrente inklusive AU-Klausel schaffen wir zusätzlich einen leistungsmäßigen Lückenschluss zwischen BU und Grundfähigkeit, den beiden Alternativen für die Absicherung der Arbeitskraft“, so Piechowiak.


Interview mit Norbert Piechowiak, Abteilungsdirektor Vertrieb Leben/bAV, Helvetia Leben

„Wir wollten uns vom Zinstrend entkoppeln“

Norbert Piechowiak, Abteilungsdirektor Vertrieb Leben/bAV,
Helvetia Leben, über die neue fondsgebundene Produktlinie Helvetia CleverProtect.

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Norbert Piechowiak Norbert Piechowiak, Abteilungsdirektor Vertrieb Leben/bAV, Helvetia Leben

Helvetia bietet seit April 2017 eine SBU-Produktreihe an. Nun wird das Angebot um die Produktlinie CleverProtect erweitert. Was gab den Ausschlag für den Ausbau der SBU-Palette?

Norbert Piechowiak: Die Zinsen am Kapitalmarkt und damit der Rechnungszins werden wohl auf absehbare Zeit niedrig bleiben. Um einen zukunftsorientierten Tarif zu entwickeln, wollten wir uns vom Zinstrend entkoppeln. Helvetia CleverProtect ist durch die Kalkulation auf Fondsbasis weitgehend unabhängig von der verzinslichen Anlage, so dass auch in der heutigen Zeit attraktive Beiträge möglich sind. Zudem stärken wir damit unser Angebot für jüngere Kunden. Mit der Grundfähigkeitsversicherung können wir bereits für Schulanfänger einen Versicherungsschutz bieten.

Welche Zielgruppe haben Sie mit den bisherigen SBU-Produkten im Fokus, wen wollen Sie gezielt mit CleverProtect ansprechen?

Piechowiak: Helvetia SBU zielte primär auf die älteren Kunden ab 35 Jahren und ist dort weiterhin gut positioniert. CleverProtect dagegen ist aufgrund der Fondsanlage vorteilhaft bei längeren Laufzeiten. Damit sind die neuen Tarife ideal für Schulanfänger, Schüler, Berufseinsteiger und Young Professionals. Hier haben wir meist Laufzeiten von mehr als 30 Jahren und einen hohen Absicherungsbedarf bei gleichzeitig wenig Budget für Versicherungsbeiträge.

Anders als die bereits seit 2017 angebotene SBU-Produktreihe ist CleverProtect als fondsgebundene BU beziehungsweise Grundfähigkeitsrente kalkuliert. Was bedeutet das konkret für den Kunden und für Sie als Versicherer?

Piechowiak: Die Kunden zahlen bei der fondsgebundenen Kalkulation in der Regel geringere Beiträge. Zudem gewinnen sie die Option, den Beitrag später abzusenken oder eine Restzahlung bei Ablauf zu erhalten. Das Risiko einer Beitragserhöhung besteht ja auch bei klassischen Risikotarifen. Im Fondsbereich bei langen Laufzeiten ist es jedoch vernachlässigbar gering. Für uns als Versicherer bedeutet es erst einmal einiges an Investition und Rechenarbeit. Der Investmentmotor wurde von Grund auf neu konstruiert. Zudem müssen die Verträge während der Laufzeit stärker überwacht werden.

Ihre Kunden können zwischen drei Fondszusammenstellungen wählen und einmal jährlich kostenfrei wechseln. Wie setzen sich diese drei Baskets zusammen?

Piechowiak: Wir möchten jedem Kundentyp eine Option bieten, ohne den Berater vor die Herausforderung einer riesigen Investmentauswahl zu stellen. Deshalb bieten wir für die Fans des aktiven Managements einen Basket aus unseren vier erfolgreichen aktienorientierten Anlagestrategien an. Eine aktuell stark nachgefragte Alternative ist der Basket aus ETFs für Kunden, die kostengünstige und passive Fonds bevorzugen. Für die teilweise sehr umweltbewusste junge Generation wurde darüber hinaus ein Basket aus Nachhaltigkeitsfonds aufgelegt, die je nach Schwerpunkt ethische, soziale und ökologische Kriterien beim Management der Anlagen besonders berücksichtigen können.

Die konventionelle SBU bieten Sie auch als Direktversicherung an. Inwieweit planen Sie dies auch für CleverProtect?

Piechowiak: Leider unterliegen die Produkte im bAV-Bereich strengen Beschränkungen im Leistungsspektrum, so dass man den Tarif aus der privaten Vorsorge nicht so einfach verwenden kann. Wir prüfen, ob CleverProtect aufgrund der Kalkulation grundsätzlich nutzbar wäre. Allerdings war die bisherige Einschätzung unserer Experten erst einmal negativ.

Sie arbeiten bereits seit 2017 mit dem medizinischen Dienstleister Medicals Direct zusammen, den Sie auch für CleverProtect ins Boot geholt haben. Worin sehen Sie die Vorteile dieser Kooperation - und wie gut nehmen Kunden den M- und L-Check Ihres Partners an?

Piechowiak: Wir haben seit 2017 nur positive Erfahrungen mit dem Angebot von Medicals Direct gesammelt. Besonders Kunden, die zeitlich eingespannt sind, nehmen gern die Untersuchung zu Hause oder im Büro in Anspruch. In Zeiten der Corona-Pandemie ist es interessanter denn je, denn welcher Kunde geht jetzt gern für eine Untersuchung zum Hausarzt, wenn er den gleichen Service außerhalb der Praxis haben kann? Zum L-Check können wir allerdings noch keine Einschätzung geben, da er bisher bei keinem Leistungsfall vom Kunden angefordert wurde.

CleverProtect im Porträt

Flexibles Duo

Der Schweizer Versicherer Helvetia hat sein SBU-Angebot um die fondsgebundene Produktlinie CleverProtect erweitert. Zur Wahl stehen ein BU- und ein Grundfähigkeitstarif.

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b Ergänzung einer Altersvorsorgepolice oder selbständige Berufsunfähigkeitsversicherung (SBU) – beide Varianten gehören seit Jahren zum Angebot der Helvetia Versicherungen. Ganz neu im Programm des Schweizer Anbieters: Die fondsgebundene Produktlinie CleverProtect, die als Berufsunfähigkeits- oder Grundfähigkeitsversicherung abgeschlossen und jeweils optional um eine Arbeitsunfähigkeitsrente mit einer Leistungsdauer von bis zu 24 Monaten ergänzt werden kann.

„Beide Tarife zeichnen sich durch die fondsgebundene Kalkulation und die daraus resultierenden günstigen Beiträge aus. Dabei stehen Kunden drei Fondszusammenstellungen - Anlagestrategien, ETFs und Nachhaltigkeitsfonds - zur Wahl. Diese Baskets können sie jährlich einmal kostenlos ändern“, erläutert Norbert Piechowiak, Abteilungsdirektor Vertrieb Leben/bAV, Helvetia Leben.

Der Abschluss der beiden CleverProtect-Tarife ist bereits ab einem Alter von 6 Jahren in der Grundfähigkeitsrente und 15 Jahren für die BU möglich. Das Höchsteintrittsalter liegt bei 45 Jahren. Bis zu 60 Prozent des Bruttoeinkommens der letzten drei Jahre lassen sich versichern. „Auf Wunsch können Kunden zum Inflationsausgleich auch eine Beitragsdynamik von drei Prozent vereinbaren“, so Piechowiak. Auch im Leistungsfall ist eine Dynamisierung möglich: So steht optional eine jährliche garantierte Rentensteigerung von zwei Prozent zur Wahl.

Anpassung an veränderte Lebensumstände möglich

Über die Nachversicherungsgarantie haben Kunden die Möglichkeit, den Versicherungsschutz innerhalb der ersten fünf Jahre nach Vertragsabschluss ohne Gesundheitsprüfung anzupassen. Sind sie noch keine 35 Jahre alt, ist dies ohne konkreten Anlass möglich. Bis zum Alter von 50 Jahren ist diese Option an bei bestimmten Voraussetzungen wie zum Beispiel dem Erwerb einer Eigentumswohnung möglich. „Flexibilität bieten wir auch bei unvorhergesehenen Einkommenseinbußen, die jeden treffen können, wie die Corona-Krise zeigt: So ist die Beitragsstundung mit vollem Versicherungsschutz für bis zu zwölf Monate beziehungsweise insgesamt bis zu 24 Monate möglich“, betont Piechowiak. Alternativ haben Kunden auch die Möglichkeit, den Versicherungsschutz und die Beitragszahlung bis zu sechs Monate auszusetzen. In Elternzeit verlängert sich der Zeitraum auf bis zu 24 Monate. Auch eine teilweise oder komplette Beitragsfreistellung bei vollem Versicherungsschutz ist möglich.

Kooperation mit Medicals Direct

Wie bei der konventionell kalkulierten bestehenden SBU-Produktreihe arbeitet die Helvetia Versicherung auch bei CleverProtect mit dem medizinischen Versicherungsdienstleister Medicals Direct zusammen. „Ab einer jährlichen Rente von mehr als 30.000 Euro haben Kunden die Möglichkeit, den M-Check unseres Kooperationspartners zu nutzen und können sich den sonst erforderlichen Termin beim Hausarzt sparen. Und im Leistungsfall können sie auf den L-Check unseres Partners zurückgreifen“, so der Abteilungsdirektor Vertrieb Leben/bAV, Helvetia Leben.

Die geschilderten Tarifmerkmale gelten auch für die Grundfähigkeitsversicherung, die mehrere Besonderheiten aufweist: „Hier leisten wir bereits bei Verlust einer Grundfähigkeit und der Prognosezeitraum beträgt nur sechs Monate. Vorsätzliche Verkehrsdelikte sind mitversichert. Außerdem haben Kunden die Möglichkeit der Versicherung einer AU-Rente zur GF-Rente. Das bietet neben uns bislang nur ein weiterer Anbieter“, betont Piechowiak.

Mehr erfahren Sie unter
www.cleverprotect.jetzt

Unternehmensporträt

Über die Helvetia Gruppe

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ie Helvetia Gruppe ist in über 160 Jahren aus verschiedenen schweizerischen und ausländischen Versicherungsunternehmen zu einer erfolgreichen, internationalen Versicherungsgruppe gewachsen. Im Heimmarkt Schweiz zählt Helvetia zu den führenden Allbranchenversicherern. Mit den zum Marktbereich Europa zusammengefassten Ländern Deutschland, Italien, Österreich und Spanien verfügt das Unternehmen über ein zweites starkes Standbein. Zudem ist Helvetia mit dem Marktbereich Specialty Markets in Frankreich und über ausgewählte Destinationen weltweit präsent. Schließlich organisiert sie Teile ihrer Investment- und Finanzierungsaktivitäten über Tochter- und Fondsgesellschaften in Luxemburg. Der Hauptsitz der Gruppe befindet sich im schweizerischen St.Gallen. Helvetia ist im Leben- und im Nicht-Lebengeschäft aktiv; darüber hinaus bietet sie maßgeschneiderte Specialty-Lines-Deckungen und Rückversicherungen an. Der Fokus der Geschäftstätigkeit liegt auf Privatkunden sowie auf kleinen und mittleren Unternehmen bis hin zum größeren Gewerbe. Die Gesellschaft erbringt mit rund 11.500 Mitarbeitenden Dienstleistungen für mehr als 7 Millionen Kunden. Bei einem Geschäftsvolumen von CHF 9.45 Mrd. erzielte Helvetia im Geschäftsjahr 2019 ein IFRS-Ergebnis nach Steuern von CHF 538.1 Mio. Die Namenaktien der Helvetia Holding werden an der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange AG unter dem Kürzel HELN gehandelt. In Deutschland betreut Helvetia mit 800 Mitarbeitenden rund eine Million Kunden und ist in allen Sparten der Lebens-, Sach- und Personenversicherung tätig.

Daten & Fakten

CleverProtect BU
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Produktsteckbrief

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