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Finanzexperte von Cohen & Steers So wirkt sich der Ukraine-Krieg auf Sachwerte aus

Kreml in Moskau
Kreml in Moskau: Wladimir Putin heizt mit dem Krieg gegen die Ukraine die Inflation weiter an. | Foto: Imago Images / Russian Look

Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine hat die Inflation weiter angeheizt und damit die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sich das Wirtschaftswachstum verlangsamt und eine Stagflation eintritt. Das wäre historisch gesehen ein gutes Umfeld für Sachwerte. Die Hoffnung, dass der deutliche Anstieg der Inflation seit Jahresbeginn nur vorübergehender Natur sei, hat sich mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine Ende Februar zerschlagen.

Die weltweite Verbraucherinflation lag vor dem Krieg bei 7,2 Prozent im Jahresvergleich – gegenüber weniger als 2 Prozent während der Covid-Rezession und etwa 2 Prozent im letzten Zyklus. Die kriegsbedingten Angebotsengpässe haben den Aufwärtsdruck bei den Rohstoffpreisen, die sich aufgrund der stärkeren Nachfrage im Zuge der wirtschaftlichen Wiedereröffnung und der gestörten Lieferketten ohnehin bereits auf seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr verzeichneten Hochs befanden, zusätzlich verstärkt. Mit Löhnen, die schneller steigen als die Produktivität, und Wohnkosten, die die allgemeinen Lebenshaltungskosten übersteigen, sind die Rahmenbedingungen für eine anhaltende, über dem Trend des letzten Zyklus liegende Inflation gegeben.

Die hohe Inflation und die Verlangsamung des Wachstums – die beiden Hauptbestandteile der Stagflation – erschweren es den Zentralbanken zunehmend, ihre kurzfristige Geldpolitik zu gestalten. Normalerweise würde eine Verlangsamung des Wachstums die Zentralbanken davon abhalten, die Zinssätze zu erhöhen. Aber an den Märkten war man überraschenderweise darauf eingestellt, einen aggressiven Kurs bei den erwarteten Zinserhöhungen einzupreisen, und das zu einer Zeit, in der die geopolitischen Risiken hoch sind und das Wachstum sich verlangsamen dürfte. In den USA ist das BIP tatsächlich im ersten Quartal bereits um 1,4 Prozent gesunken, nachdem es noch im vierten Quartal 2021 um 7 Prozent gestiegen war.

Die US-Notenbank hat unterdessen nach einer ersten Erhöhung um 25 Basispunkte im März ihren Leitzins am 4. Mai in der Tat um weitere 50 Basispunkte angehoben. Darüber hinaus hat sie angedeutet, dass sie voraussichtlich weiterhin die Zinsen anheben und ihre Bilanz verringern wird, um der Inflation Einhalt zu gebieten. Anfang Mai hob die Bank of England die Zinsen auf ihren höchsten Stand seit 2009 an.

Die Anhebung war die vierte in Folge seit Dezember 2021, und Vertreter der Notenbank meinten, dass eine weitere Straffung in diesem Jahr wahrscheinlich ist. Die Europäische Zentralbank dürfte nachziehen, wenn auch etwas langsamer als die USA und Großbritannien, da Europa von der Krise durchaus betroffen ist.

Der Schock bei der Rohstoffversorgung durch den Einmarsch Russlands in die Ukraine war der Hauptgrund für die rückläufigen Erwartungen gegenüber dem globalen Wachstum im Jahr 2022. Die Länder Kontinentaleuropas sind besonders gefährdet, da sie stärker als die USA oder das Vereinigte Königreich von russisch-ukrainischen Rohstoffen abhängig sind.

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Die gegen Russland verhängten Wirtschaftssanktionen haben das Land bis zu einem gewissen Grad isoliert, können aber auch zu Unterbrechungen der Energieversorgung oder anderen Einschränkungen bezogen auf die Lieferkette führen. Der Krieg hat kurz- und langfristige Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und könnte sich abgesehen von den Rohstoffen zudem auf andere Anlagekategorien auswirken, beispielsweise auf Immobilien.

So könnten die Verbraucher in nächster Zeit aufgrund der höheren Kosten weniger ihres verfügbaren Einkommens ausgeben, was unter Umständen den Einzelhandel beeinträchtigen würde. Eine weitere Deglobalisierung und Investitionen in eine geringere Energieabhängigkeit könnten zu einer strukturell bedingt höheren Inflation führen. Längerfristig könnten Migrationstrends zu einer zusätzlichen Nachfrage nach Wohnraum in bestimmten Märkten führen.

Langsameres Wachstum + höhere Inflation = Stagflation

Die Abschwächung des Wirtschaftswachstums in Verbindung mit einer anhaltend hohen Inflation hat die Wahrscheinlichkeit einer Stagflation erhöht. Wir definieren Stagflation als langsameres BIP-Wachstum und höhere Inflationsraten verglichen mit den Konsenserwartungen der letzten zwölf Monate. Das Wachstum in den meisten großen Industrieländern ist zwar nicht zurückgegangen, aber die Prognosen sind rückläufig, da sich die Auswirkungen des Krieges zwischen Russland und der Ukraine immer deutlicher abzeichnen.

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