Natixis-Strategin Esty Dwek
Umbau der Politik
Esty Dwek ist bei Natixis für globale Marktstrategien zuständig. Foto: Natixis Investment Managers
Mit Joe Biden im Weißen Haus dürfte wieder etwas mehr Ruhe in die Weltpolitik einkehren. Europäer sollten jedoch nicht erwarten, dass sich der Kurs der US-Regierung komplett ändert. Ein Gastbeitrag von Natixis-Strategin Esty Dwek.
Hier ist es wichtig zu sehen, dass weder die Maßnahmen der Europäer noch die künftigen Aktionen der Amerikaner darauf abzielen, das globale Wachstum zu fördern. Beiden Blöcken geht es vornehmlich zuerst um grüne Impulse für den eigenen Wirtschaftsraum. Aus diesem Spannungsfeld könnten sich durchaus Tendenzen zu einem grünen Protektionismus ergeben, die das transatlantische Verhältnis bisher noch nicht belastet haben.
Als Beispiel für potentielle, grüne Konflikte könnten etwa die Bemühungen der Franzosen gesehen werden, Standards zu ESG-Ratings mit allgemeiner Gültigkeit vor allem in Europa zu entwickeln und zu etablieren, um so das Feld in diesem wichtigen Punkt nicht US-amerikanischen...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
Da diese Artikel nur für Profis gedacht sind, bitten wir Sie, sich einmalig anzumelden und einige berufliche Angaben zu machen. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Hier ist es wichtig zu sehen, dass weder die Maßnahmen der Europäer noch die künftigen Aktionen der Amerikaner darauf abzielen, das globale Wachstum zu fördern. Beiden Blöcken geht es vornehmlich zuerst um grüne Impulse für den eigenen Wirtschaftsraum. Aus diesem Spannungsfeld könnten sich durchaus Tendenzen zu einem grünen Protektionismus ergeben, die das transatlantische Verhältnis bisher noch nicht belastet haben.
Als Beispiel für potentielle, grüne Konflikte könnten etwa die Bemühungen der Franzosen gesehen werden, Standards zu ESG-Ratings mit allgemeiner Gültigkeit vor allem in Europa zu entwickeln und zu etablieren, um so das Feld in diesem wichtigen Punkt nicht US-amerikanischen Ratingagenturen zu überlassen.
Dies sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gemeinsamkeiten der USA und Europa in Sachen Klimaschutz mit der Wahl von Joe Biden grundsätzlich deutlich größer geworden sind und einen Beitrag so zu einer Entspannung im Verhältnis der beiden Wirtschaftsblöcke beitragen können.
Biden und der Brexit
Spannend ist es, zu beobachten, wie sich die neue US-Präsidentschaft auf die britische Regierung unter Boris Johnson und seinen Brexit-Kurs auswirken wird. Viele Beobachter waren bisher davon ausgegangen, dass ein Sieg des Demokraten Joe Biden die Sache für Johnson schwerer machen würde, da er in diesem Falle ohne Rückenwind aus Washington auskommen müsse. Insbesondere die Gespräche über ein bilaterales Handelsabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und den USA könnten sich unter den neuen Bedingungen komplizieren.
Ob sich dies als zutreffend herausstellt, bleibt abzuwarten. In seinem ersten Gespräch mit dem britischen Premierminister äußerte Joe Biden jedenfalls seine Erwartung, dass das irische Karfreitagsabkommen durch das Binnenmarktgesetz nicht ausgehebelt werden dürfe. Dieses Signal wird den Hardlinern im Lager der Brexiteers nicht gefallen haben. Von den Europäern dürfte es allerdings begrüßt worden sein.
Dennoch steht zu erwarten, dass sich durch die Wahl von Biden am Brexit wahrscheinlich nur wenig bis gar nichts ändern wird. Plausibel erscheint hingegen, dass die neue US-Administration nicht all das übernehmen wird, was bisher von beiden Seiten mit Blick auf ein britisch-amerikanisches Handelsabkommen verhandelt worden ist. Großbritannien strebt den Abschluss der Vereinbarung für Mitte des kommenden Jahres an. Ob dieser Zeitplan eingehalte werden kann, ist nach dem Regierungswechsel in Washington allerdings fraglich.
Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?
Über die Autorin