Umfrage unter Bürgern „Pflegende Angehörige sollten Steuervorteile erhalten“
Die Zeit ist reif für eine Reform der Einkommensteuer: Mehr als 90 Prozent der Deutschen wünschen sich ein einfacheres Steuersystem. Das zeigt eine repräsentative Umfrage unter knapp 2.500 Menschen im Rahmen einer aktuellen Studie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. 92 Prozent der Umfrageteilnehmer halten das deutsche Steuersystem mit seinen vielen Vergünstigungen demnach für stark oder eher vereinfachungsbedürftig.
Pflege, Spenden, Pendelpauschale
Um die Ansichten der Befragten genauer zu analysieren, wurden die Teilnehmer von den Wissenschaftlern mit drei Szenarien konfrontiert. Dabei ging es jeweils um zwei Personen mit dem gleichen Bruttoeinkommen, die sich in einem Merkmal unterschieden: Bei der Pflege eines Familienmitglieds, bei den Spenden für wohltätige Zwecke sowie bei der Länge der Pendelstrecke zur Arbeit. Die Pendlerpauschale ist diejenige Vergünstigung, welche die Befragten am meisten nutzen.
Dennoch spricht sich mit 59 Prozent eine Mehrheit der Befragten gegen eine steuerliche Begünstigung von Pendlern aus. Weitere 66 Prozent der Umfrageteilnehmer sind der Ansicht, dass Spenden für wohltätige Zwecke nicht steuerlich absetzbar sein sollten. Damit lehnt laut den ZEW-Forschern jeweils eine Mehrheit Entschädigungen für selbstgewählte Lebensumstände ab. Steuerliche Vergünstigungen für die Pflege von Angehörigen befürworten hingegen 60 Prozent der Deutschen.
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Steuervorteile gelten als ungerecht
„Unsere Erhebung zeigt, dass es für die meisten Befragten einen Unterschied macht, ob Lebensumstände selbstgewählt sind, wie etwa bei einer weiten Pendelstrecke oder Ausgaben für Spenden“, sagt Studienmitautor Sebastian Blesse. „In diesen Fällen befürworten Menschen steuerliche Vorteile hauptsächlich dann, wenn sie selbst davon profitieren. So unterstützen etwa 45 Prozent der Pendler die Pendlerpauschale, aber nur 25 Prozent der übrigen Teilnehmer der Umfrage.“
Anders sehe es bei Faktoren aus, die nicht selbstgewählt sind. Dazu zählt er zum Beispiel die Pflege eines Elternteils. „58 Prozent der Befragten, die nicht selbst pflegen, wünschen sich trotzdem eine steuerliche Entlastung der Betroffenen.“ Ein weiteres Ergebnis der Umfrage ist, dass die Deutschen Freibeträge und steuerliche Absetzbarkeit als sozial ungerecht wahrnehmen: Eine Mehrheit der Befragten ist der Ansicht, dass vor allem die oberen Einkommensklassen von diesen beiden Punkten profitieren.