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Umwelt- und Finanz-Experte Peter Grassmann zur globalen Wirtschaftslage: Nachhaltigkeit braucht Zwang

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DAS INVESTMENT.com: Ihr neues Buch heißt „Burn out“. Bei diesem Begriff denkt man aber eher an eine medizinische Diagnose als an die Wirtschaft. Wie kamen Sie zu diesem Titel?

Grassmann: Mein ursprünglicher Titel-Vorschlag war „Die Globalisierung zähmen“. Im Nachhinein betrachtet, war dieser Vorschlag jedoch viel zu zahm. „Burn out“ hingegen bringt die Sache auf den Punkt und zeigt Parallelen zum Burn-out-Syndrom im medizinischen Sinne.

DAS INVESTMENT.com: Die da wären?

Grassmann: „Burn out“ bedeutet „ausgebrannt". Das medizinische Burn-out-Syndrom ist das Endstadium eines schleichenden Prozesses. Nach einem Kollaps, der durch eine zu hohe Belastung verursacht wurde, gönnen sich die Betroffenen keine Ruhephase, sondern sind zwar erschöpft, versuchen aber, so wie bisher weiterzumachen, obwohl der Körper die volle Leistung verweigert. Das gleiche ist nun in der Finanzbranche passiert. Die Freiheit der globalen Finanzmärkte sowie die falschen Anreize für Finanzakteure – beispielsweise die Millionenboni für Investmentbanker, die nur an kurzfristige Erfolge geknüpft waren – führten zu einer Überhitzung der Märkte. Trotzdem wurde so weitergemacht wie bisher – bis zum Zusammenbruch. Die Mediziner würden diese Verweigerungshaltung nach dem Kollaps als Burn-Out-Syndrom bezeichnen und eine umfangreiche Therapie empfehlen. Die Therapievorschläge müssen dabei von der Ökonomie, die Therapie selbst von der Politik und einem veränderten Verhalten der Akteure kommen.

DAS INVESTMENT.com: „Zivilcourage in der Finanzwelt“, so lautet eine der Forderungen, die Sie in Ihrem Buch aufstellen. Was verstehen Sie darunter?

Grassmann: Nehmen wir doch das leidige Thema Investmentbanker-Gehälter. Die hohen Bezüge rechtfertigen Banken damit, dass ihnen sonst talentierte Mitarbeiter durch den Lappen gehen. Was spricht aber dagegen, junge Menschen mit weniger „Erfahrung“ aber viel Potenzial, die deutlich weniger kosten, einzustellen? Das erfordert aber Mut der Aufsichtsräte – und eine gute Portion Menschenkenntnis.

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