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Gretchenfrage unter Versicherungsvermittlern Unabhängig ist nicht gleich unabhängig

Mann mit Notebook
Mann mit Notebook: Versicherungsvermittler stellen sich im eigenen Web-Auftritt gern als „unabhängig“ dar. Das könnte Ärger geben. | Foto: Unsplash.com

Versicherungsvermittler stellen sich auf der eigenen Internetseite sehr häufig als „unabhängig“ dar. Aber dürfen Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler überhaupt mit entsprechenden Aussagen werben, oder könnten sie sich damit wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen aussetzen? An dieser Stelle ist zwingend zwischen den beiden Vermittlerarten zu unterscheiden.

Björn Thorben M. Jöhnke
Foto: Jöhnke & Reichow

Für den Versicherungsvertreter dürfte diese Frage schnell beantwortet sein, für den Versicherungsmakler jedoch nicht. Konkrete Rechtsprechung gibt es in der Frage bislang nicht. Anhand bereits ergangener anderweitiger Urteile lässt sich in Bezug auf den Versicherungsmakler jedoch eine Abwägung vornehmen.

Das Landgericht (LG) Hamburg hat sich jüngst mit zwei Rechtsfällen zu genau dieser Frage befasst. In dem einen Fall ging es darum, ob Versicherungsvertreter (Mehrfirmenvertreter, sogenannte Mehrfachagenten) mit „unabhängiger Versicherungsagent“ und „unabhängige Beratung“ werben dürfen (LG Hamburg, Urteil vom 25. Mai 2020, Aktenzeichen 327 O 445/19). In einem weiteren Fall ging es um die Frage, ob ein Finanzvertrieb, der eine gewerberechtliche Erlaubnis für die Vermittlung von Versicherungen als Mehrfirmenvertreter besitzt, mit „Unabhängigkeit aus Prinzip“ werben darf (LG Hamburg, 27. September 2018, 315 O 418/17).

In beiden Fällen beschied das Gericht: Die Versicherungsvertreter sollten es unterlassen, mit Unabhängigkeit zu werben. Denn die Verbraucher beziehungsweise Versicherten erhielten falsche Informationen und würden damit in die Irre geführt. Nach Paragraf 5 Absatz 1 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

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Die Werbung ist daher unzulässig. Denn Versicherungsvertreter sind nach der Definition in Paragraf 59 Absatz 2 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) nur im Auftrag der Versicherungsgesellschaften tätig. Im VVG heißt es: „Versicherungsvertreter im Sinn dieses Gesetzes ist, wer von einem Versicherer oder einem Versicherungsvertreter damit betraut ist, gewerbsmäßig Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen.“

Auch findet nach Paragraf 70 VVG bei Versicherungsvertretern eine Wissenszurechnung auf den Versicherer statt, was dessen rechtliche Sondersituation nochmal verdeutlicht. Vor diesem Hintergrund dürfte diese Frage für den Versicherungsvertreter – ob gebunden oder ungebunden – beantwortet sein.

Nicht ganz so einfach zu beantworten ist dagegen die Frage, ob denn jedenfalls Versicherungsmakler mit Unabhängigkeit werben dürfen. Zunächst ist festzuhalten, dass im Gegensatz zum Versicherungsvertreter hier rechtlich genau die umgekehrte Situation bezüglich der Stellung des Auftraggebers und der Wissenszurechnung vorliegt. Der Versicherungsmakler steht rechtlich im Lager des Versicherungsnehmers und ist dessen Sachwalter (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. Mai 1985, Iva ZR 190/83). Was die rechtliche Stellung des Versicherungsmaklers angeht, dürfte eine Unabhängigkeit schon mal zu bejahen sein.

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