Die Zahlen wirken auf den ersten Blick beeindruckend: 392 Milliarden Euro verwalten Deutschlands unabhängige Vermögensverwalter Ende 2023 – ein Plus von 9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Zahlen für das Jahr 2024 konnten nicht betrachtet werden, weil dafür noch nicht alle Geschäftsberichte vorliegen. Die Provisionserträge kletterten im Jahr 2023 gleichzeitig auf 1,765 Milliarden Euro, ein Zuwachs von 4,9 Prozent. Doch hinter dieser Fassade zeigt der PBF Monitor 2025, eine aktuelle Studie zum deutschen Markt unabhängiger Vermögensverwalter, eine beunruhigende Entwicklung: Die Branche verdient immer weniger an jedem verwalteten Euro – und die Schere zwischen den führenden Häusern und den Nachfolgern öffnet sich.
Der Margenverfall: Von 0,70 auf 0,57 Prozent
Die Nettomarge – also der Anteil des Ertrags am verwalteten Vermögen – ist der zentrale Indikator für die Profitabilität. Hier offenbart sich ein Kernproblem: Die durchschnittliche Nettomarge sank von 0,70 Prozent im Jahr 2021 auf nur noch 0,57 Prozent im Jahr 2023. Das klingt nach wenig, bedeutet aber: Für jeden verwalteten Euro verdient die Branche heute fast 20 Prozent weniger als vor zwei Jahren.
Besonders dramatisch trifft es die Großen. Vermögensverwalter mit mehr als zehn Milliarden Euro Assets under Management mussten einen regelrechten Absturz hinnehmen: Ihre Marge brach von 0,56 Prozent (2021) auf 0,22 Prozent (2023) ein – ein Rückgang um über 60 Prozent. Auch die Cluster zwischen 2,5 und 10 Milliarden Euro sowie zwischen 250 und 500 Millionen Euro verzeichneten deutliche Rückgänge.
Die Studienautoren nennen zwei zentrale Gründe für die deutlich unterschiedlichen Nettomargen, abhängig vom betreuten Volumen:
- Größere Mandate kosten Marge: Je höher das betreute Volumen, desto stärker verhandeln institutionelle oder sehr vermögende Kunden die Konditionen nach unten.
- Institutionelles Geschäft versus Endkundengeschäft: Während Vermögensverwalter mit privaten Endkunden höhere Margen erzielen, fällt die Marge im institutionellen Geschäft deutlich geringer aus.
Die eigenen Beobachtungen finden die Studienautoren in Erkenntnissen aus einer aktuellen McKinsey-Studie zur europäischen Asset-Management-Industrie bestätigt: Trotz steigender Assets bleiben die Gewinne unter dem Niveau von 2021. Die Margen sinken strukturell, da der Großteil der Mittel in niedrigmargige Produkte wie passive Fonds fließt. Gleichzeitig haben die Häuser höhere Kosten zu schultern – vor allem durch Investitionen in Technologie und die Inflation.
Weniger hochprofitable Unternehmen
Die Konzentration der Branche verschärft sich nicht nur bei den verwalteten Vermögen, sondern auch bei den Erträgen. Die Zahl der Gesellschaften mit einem Nettoertrag über einer Million Euro sank 2023 auf 221 – ein Minus von 2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Seit dem Höhepunkt 2021 mit 249 solcher hochprofitablen Gesellschaften schrumpft die Gruppe dieser Anbieter kontinuierlich.
Deutlich zeigt sich die Konzentration auch bei der Ertragsverteilung. Vermögensverwalter mit mehr als 10 Milliarden Euro Assets vereinen mittlerweile 57,3 Prozent aller Provisionserträge auf sich – 2022 waren es noch 47,7 Prozent, 2017 gerade einmal 43,2 Prozent.
Gleichzeitig verlieren die mittleren Cluster an Boden:
- Die Gruppe zwischen 500 Millionen und 10 Milliarden Euro schrumpfte 2023 gegenüber dem Vorjahr von 37,0 Prozent Ertragsanteil auf nur noch 32,4 Prozent.
- Der Anteil der Anbieter zwischen 250 und 500 Millionen Euro stürzte von 9,5 auf 5,6 Prozent ab.
- Die kleinsten Häuser unter 50 Millionen Euro sind mit 0,8 Prozent Ertragsanteil faktisch bedeutungslos.
Grafik Zusammensetzung Ertrag nach AuM-Cluster
„Der Markt ist zweigeteilt“, resümieren die Studienautoren. „Während einige mittlere oder große Player ihre Position behaupten können, geraten kleinere und ehemals margenstarke Gesellschaften zunehmend unter Druck“.
Kleine Häuser arbeiten teuer
Die Cost-Income-Ratio (CIR) – also das Verhältnis von Kosten zu Erträgen – offenbart das strukturelle Dilemma der Branche. Während die Top-100-Häuser mit 75,2 Prozent CIR noch profitabel arbeiten, kämpfen die kleinsten Anbieter mit einer CIR von 101,9 Prozent – sie geben also mehr aus, als sie einnehmen.
Der Grund: Die hohen Basisaufwendungen für den Betrieb eines regulierten Unternehmens lassen sich bei geringen verwalteten Vermögen nicht durch Skaleneffekte kompensieren. Trotz hoher Margen von 0,86 Prozent schaffen es viele kleine Gesellschaften nicht, nach Kosten einen attraktiven Gewinn zu erwirtschaften.
Grafik Cost-Income-Ratio nach AuM-Cluster
Interessanterweise zeigen die mittleren Cluster zwischen 250 Millionen und 2,5 Milliarden Euro mit CIR-Werten zwischen 85,2 und 87,0 Prozent vergleichsweise gute Effizienzwerte (S. 34). Doch auch hier wächst der Druck: Steigende Kosten für Technologie, Regulierung und ESG-Reporting setzen die Häuser unter Druck.
Die Großen verdienen besonders stark
Trotz sinkender Margen bleibt die Eigenkapitalrentabilität der Top-100-Häuser hoch. Mit 45,1 Prozent im Jahr 2023 erwirtschaften sie ein Vielfaches des Gewinns von Universal-, aber auch Privatbanken, die oft nur einstellige beziehungsweise Eigenkapitalrenditen zwischen 5 und 10 Prozent erreichen. Der Gesamtmarkt kommt immerhin auf 19,6 Prozent – deutlich über dem Niveau von Banken. Den Peak von 2021 konnte die Branche nicht mehr erreichen.
Grafik Eigenkapitalrentabilität Gesamtmarkt vs. Top 100
Die Studienautoren konstatieren: „Vor diesem Hintergrund erscheinen die Werte unabhängiger Vermögensverwalter – insbesondere der Top 100 – außergewöhnlich hoch und dokumentieren eine nachhaltig profitable Geschäftsstruktur“.
Dass die führenden und die schwächeren Häuser allerdings mit deutlichem Abstand zueinander wirtschaften, illustriert eine andere Zahl besonders deutlich: Während die Top 100 im Jahr 2023 ein operatives Ergebnis von 620 Millionen Euro erwirtschafteten, kam der Gesamtmarkt nur auf 653 Millionen Euro. Heißt: Die Top-100-Gesellschaften erwirtschaften regelmäßig über 95 Prozent des Gesamtergebnisses der Branche.
Ein Lichtblick für die Branche: Die Ertragskraft pro Mitarbeiter stabilisiert sich. Die Top-100-Adressen erwirtschaften durchschnittlich 315.000 Euro Nettoertrag pro Kopf – was wiederum fast doppelt so viel ist wie der Gesamtmarkt mit 157.400 Euro.
Während die größten Vermögensverwalter mit mehr als zehn Milliarden Euro 2023 sogar 435.000 Euro pro Mitarbeiter erwirtschafteten, kommen die kleinsten Häuser nur auf 70.000 Euro.
Branche am Scheideweg
Der PBF Monitor 2025 zeichnet das Bild einer Branche im Umbruch. Trotz wachsender Assets sinken die Margen, die Zahl hochprofitabler Gesellschaften schrumpft, und die Konzentration auf Großanbieter beschleunigt sich. Die Großen profitieren von Skaleneffekten und können trotz sinkender Margen weiter wachsen.
Kleinere und mittlere Häuser dagegen geraten zunehmend in existenzielle Nöte. Die hohen regulatorischen Anforderungen, steigende Technologiekosten und der Margendruck durch institutionelle Kunden zwingen viele zum Aufgeben oder zur Fusion.
Die Studienautoren warnen: „Der Wettbewerb um verbliebene Nettozuflüsse verschärft sich über nahezu alle AuM-Klassen hinweg.“ Sie prognostizieren dem Markt der unabhängigen Vermögensverwalter: „Für viele werden die kommenden Jahre zum Lackmustest: Effizienz, Positionierung und Zugang zu margenstarken Segmenten entscheiden über die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit.“

