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Aktualisiert am 12.06.2023 - 17:29 UhrLesedauer: 10 Minuten

Unabhängige Vermögensverwalter im Gespräch „Jetzt ist die Zeit für aktives Fondsmanagement“

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In welchen Anlageklassen sehen Sie derzeit besondere Investitionschancen?

Fritzsche: Die Diversifikation wird weiterhin den einzeln herausgepickten Markt schlagen. Wir investieren im Infrastruktursektor in Unternehmensanleihen im High-Yield-Bereich. Da bevorzugen wir klar Europa, finden aber auch sehr spannende Werte im asiatischen Raum, die uns bei einem stabilen Geschäftsmodell vor Währungsabsicherung sicher 7 Prozent als Kupon liefern. Im Aktienbereich sind wir mit einem Nachhaltigkeitsfonds unterwegs. Ich glaube daran, dass Bereiche wie Gesundheit, Infrastruktur, saubere Energie, sauberes Wasser und vor allem auch Ressourceneffizienz weiterhin vorne stehen werden.

Trümper: Im aktuellen Umfeld mit negativen Realzinsen setzen wir den Schwerpunkt auf Sachwerte. Wir beleuchten einzelne Unternehmen über einen Bottom-up-Ansatz. Über die Unternehmen finden wir dann meist zu Branchen. Wir eruieren, welches Unternehmen hat die interessantesten Produkte, das beste Management, die beste Bilanz. Und wir kaufen erst dann, wenn wir einen Aufwärtstrend sehen. Medizintechnik ist in unserem Fonds sicher eine der größten Gruppen. Andere Bereiche wie Banken klammern wir völlig aus.

Hildner: Als Vertreter eines Wandelanleihenhauses nenne ich natürlich Wandelanleihen. Die hohe Zinssensitivität des Anleihemarkts tritt hier nicht auf. Ein Beispiel: Wir haben ein Portfolio mit fünfjähriger Restlaufzeit im Schnitt, das heißt fünf Jahre Optionalität, fünf Jahre Chance, aber wir weisen nur eine effektive Zinssensitivität von 2,0 bis 1,9 für ein Prozent Zinsveränderung auf. Das ist sehr gering für ein solches Portfolio mit fünfjährigen Call-Optionen, die Sie in dieser Form an der Terminbörse einzeln gar nicht kaufen können.

Hauser: Unser Fokus liegt auf Qualitätsaktien. Waren zuletzt eher Growth- und Technologieaktien die großen Player am Markt, geht der Trend nun wieder zu den Value-Aktien. Wir sind sehr positiv gestimmt bei deutschen Aktien. Bei gemischten Mandaten folgen wir dem Trend der US-Anleger, die wieder amerikanische Treasuries kaufen. Und als Beimischung findet man bei uns Edelmetallinvestments.

Kessel: Wir führen eine klassische Anlagepolitik, also Aktien-Anleihen-Cash. Als langfristiger Investor ist für uns der liquide Sachwert Aktie alternativlos. Unsere Portfolios bestehen aus circa 50 Einzeltiteln und sind breit diversifiziert über Währungen, Länder und Branchen. Wir analysieren Aktien auch fundamental und mit einem Bottom-up-Ansatz, der in unser Top-down-Raster eingepasst wird. Das ist einfache, langweilige Anlagepolitik, aber die Ergebnisse geben uns recht.

Slomka: Unser klassisches Konzept orientiert sich an Werterhalt und Ausschüttung. Wir sind von jeher eher Value-orientiert und achten darauf, dass Unternehmen solide Bilanzen haben und kontinuierliche Erträge erwirtschaften. Wir agieren viel mit Stillhaltergeschäften und bevorzugen Corporate-Anleihen gegenüber Staatsanleihen, weil Unternehmen in der Regel besser managen als Staaten. Für uns sind ein sauberes Management in einem relativ defensiven Sektor und Ausschüttungsorientierung wichtig.

Zum Risikomanagement: Wie beugen Sie Portfolio-Abstürzen konkret vor? Haben Sie Lehren aus zurückliegenden Marktkrisen gezogen?

Trümper: Wir haben feste Obergrenzen. Bei den Aktien etwa grob maximal ein Drittel USA, ein Drittel Europa und ein Drittel Asien. Ebenso für Branchen. Wenn wir in einzelne Titel investieren, müssen Fundamentaldaten und Markttechnik beide positiv sein. Wir investieren schrittweise, und wenn Trends verletzt werden, bauen wir Positionen sukzessive wieder ab. Wir haben erstmals eine Future-Sicherung vorgenommen und die Aktienquote Amerika um 5 Prozent über den S&P Future reduziert, ebenso Europa über den Euro Stoxx 50. Das ist nur ein temporäres Hilfsmittel, um schneller agieren zu können. Wenn ein längerer Aufwärtstrend kaputtgeht, dann muss man reagieren.

Kessel: Bei uns hat sich die Anlagepolitik seit der Gründung 1996 nicht verändert. Wir minimieren Risiken, indem wir diversifizieren und breit streuen. Aus unserer Sicht ist es kein attraktives Kosten-Nutzen-Verhältnis, wenn man versucht abzusichern. Man müsste Einstieg und Ausstieg richtig timen, und das klappt selten. Wir nutzen daher keine zusätzlichen Instrumente. Unsere Kunden sind langfristige Anleger und nehmen die Schwankungen mit.

Hauser: Auch bei uns hat sich das Risikomanagement nicht groß verändert, obwohl wir jetzt andere Zeiten haben. Aktuell liegen wir eher niedrig bei den Aktienquoten und bauen Positionen in Edelmetallen aus. Auch das Thema US-Staatsanleihen wird etwas ausgefahren, aber wir haben auch kein Problem damit, in gewissen Marktphasen sehr niedrige Aktienquoten zu fahren und Cash zu halten. Im Moment ist im Risikomanagement das ganz aktive Management gefragter denn je.

Slomka: Der Kundendialog ist dabei wesentlich. Ich muss stets die Kundenerwartungen und das Produkt betrachten, wofür es steht und welche Risiken damit einhergehen. Einem dynamischen Kunden, der langfristig in Aktien investieren möchte, ein Long-short-Produkt zu verkaufen, ergibt keinen Sinn. Vermögensverwalter müssen ihren Kunden derzeit viel erklären. Wir tun das gern, bei uns sitzt kein sprechender Robo.

Fritzsche: Meine Absicherung ist an erster Stelle Transparenz und Ehrlichkeit. Auf unser Infrastruktur-Anleiheprodukt bezogen heißt das, wir schauen genau hin, woher der Kupon kommt. Wir arbeiten hier mit Universal sehr angenehm zusammen, dort gibt es ein Risiko-Controlling. Falls der Rentenmarkt dichtmacht und ich weder kaufen noch verkaufen dürfte, könnte ich trotzdem eine Ausschüttung von 4,5 Prozent liefern. Einem panischen Kunden könnte ich dann sagen: Du bekommst doch das Einkommen, das du wolltest. Schauen wir in Ruhe, wie sich die ganze Sache weiterentwickelt.

Hildner: Erstens die Kommunikation mit dem Kunden. Wir kennen die Risikotragfähigkeit unserer Kunden genau. Nichts ist schlimmer, als in die Korrektur hinein zu liquidieren. Punkt zwei ist das operative Risikomanagement. Wir hedgen außer bei Währungen auf den Euro nicht, da niemand dauerhaft ein überlegener Timer sein kann. Unser Vorteil: Wandelanleihen haben eine eingebaute Put-Option aufgrund des Bondfloors. Das bedeutet, wenn die Aktien abstürzen, ist mein Rückzahlungsversprechen nach fünf Jahren von Unternehmen XY immer noch die 100 wert, die ich am Anfang dafür ausgegeben habe. Im operativen Risikomanagement ist uns wichtig, die Qualität des Portfolios im Auge zu haben. Dazu gehört neben der Kreditqualität auch die Marktinhaberschaftsanalyse.