Immobilien-Studie Ungelöste Fragen bremsen ESG-Implementierung
Die regulatorischen Vorgaben hinsichtlich der Kriterien Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) bergen für Immobilienakteure immense Risiken der Fehlinterpretation. Darüber hinaus schlägt sich die EU-Offenlegungsverordnung in deutlichen Verzögerungen im Ankaufsprozess nieder. Jeder zweite Marktteilnehmer schätzt sogenannte Due-Diligence-Prüfungen (sorgfältige Analysen) heute als zeitaufwendiger ein als vor dem Inkrafttreten der EU-Offenlegungsverordnung.
Das sind die zentralen Ergebnisse der Sonderstudie „Risikofaktor ESG?“, die im Frühjahr 2022 unter 117 Immobilienexperten in Deutschland durchgeführt wurde. Initiator der Untersuchung, die sich erstmals mit den Auswirkungen und Risikofaktoren bei der ESG-Implementierung auf die Reputation und Geschäftsmodelle von Immobilienunternehmen befasst, ist das Real Estate Brand Institute in Zusammenarbeit mit der Hochschule Biberach und Union Investment.
„Die aktuellen regulatorischen Vorgaben, ausgerichtet auf die Erreichung des 1,5 Grad Pfades, werden von knapp 60 Prozent der befragten Experten als mangelhaft eingestuft“, sagt Jan von Mallinckrodt, Nachhaltigkeitschef der Union Investment Real Estate GmbH. „Was vom Grundsatz her in der Branche eine breite Akzeptanz genießt, kann aufgrund vieler noch ungelöster Fragen nicht die erforderliche Energie freisetzen. Dabei kann Abwarten nicht die richtige Devise sein. Der Handlungsdruck bleibt extrem hoch.“
Hoher Verwaltungsaufwand, steigende Kosten
Neben den Risiken der Fehlinterpretation und den Folgen für das Investitionsverhalten zählen auch der höhere Verwaltungsaufwand (37 Prozent der Befragten) und die höhere Kostenbelastung (30 Prozent der Befragten) laut Studie zu den zentralen Hemmnissen für eine konsequente ESG-Implementierung in den Unternehmen. Gegen die steigenden Kosten könnten laut Studie verbesserte und digitalisierte Prozesse, die zu Effizienzsteigerungen im Ankauf- und Bestandsmanagement führen, helfen.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Als zweites großes Handlungsfeld hat sich im Rahmen der Studie die organisatorische Aufhängung des Themas ESG herauskristallisiert. Derzeit ist die Verantwortung innerhalb der Unternehmen oftmals breit verteilt. Angesichts der Dringlichkeit des Themas dürfte ESG, so die Erkenntnis der Studie, allerdings zunehmend zur Chefsache werden. Die deutliche Mehrheit der Befragten (60 Prozent) sieht die ESG-Implementierung als zentrale Steuerungsaufgabe des Top-Managements an.