26.05.2023

Frauen & Geld Podcast | Folge 5 Sandra Klug bei Frauen & Geld: Ungleiche Preise durch Pink Tax

Anissa Brinkhoff neben Sandra Klug von der Verbraucherzentrale Hamburg
Sandra Klug ist Leiterin der Abteilung für Geldanlage, Altersvorsorge und Versicherung bei der VZ Hamburg. Im Gespräch mit Anissa Brinkhoff erklärt sie das Phänomen.
© Katharina Brösing – mjnt.
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Anissa Brinkhoff: Liebe Sandra, erkläre doch mal zu Beginn: Was machen eigentlich die Verbraucherzentralen? Was ist ihre Aufgabe? 

Sandra Klug: Also die Verbraucherzentralen sind gemeinnützige Vereine und die Aufgabe ist es, in allen Bereichen, wo ein Verbraucher und ein Unternehmen gegenüberstehen, zu beraten, zu unterstützen, zu informieren. Wir sind auch politisch aktiv, indem wir Forderungen stellen. 

Anissa Brinkhoff: Wie sind die Verbraucherzentralen denn auf das Thema Pink Tax gekommen? 

Sandra Klug: Vor ungefähr zehn Jahren ist eine Journalistin auf einen Kollegen zugekommen und hat dieses Thema aus Frankreich mitgebracht. Da war sie im Urlaub und hat mitgekriegt, dass das da ein richtig großes Thema war, während in Deutschland noch niemand darüber gesprochen hat.  

Anissa Brinkhoff: Erklär doch mal bitte: Was ist Pink Tax eigentlich? Was steckt dahinter? 

Sandra Klug: Also Pink Tax ist erst mal die finanzielle Benachteiligung von Frauen durch teurere Produkte. Also das heißt, dass im Grunde die Bodylotion für die Frau eben teurer ist als die für den Mann.

„Gender Design“ als Ausrede der Wirtschaft?

Anissa Brinkhoff: Ich habe gelesen, dass die Wirtschaft argumentiert, dass Frauen einen höheren Anspruch an das Design von Produkten haben und oft kleinere Mengen brauchen. Deshalb seien die Produkte eben teurer in der Herstellung. Ist da was Wahres dran? 

Sandra Klug: Ich glaube, dass viele Frauen sich wahrscheinlich doch davon angesprochen fühlen. Jedenfalls sagen das ganz viele Studien. Die Argumentation mit den kleineren Mengen halte ich allerdings für völlig an den Haaren herbeigezogen. Ich weiß nicht, wie das bei dir zu Hause ist, aber die Bodylotion verbrauche glaube ich nur ich. Die Männer eher nicht. Insofern ja, man muss für alles ein Argument finden. Das fällt wohl eher da drunter. 

Anissa Brinkhoff:Der erste große Forschungsbericht über Preisdifferenzierung nach Geschlecht in Deutschland wurde von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Auftrag gegeben. Die fanden heraus, dass es vor allem bei Dienstleistungen einen großen Preisunterschied gibt. Zum Beispiel auch bei Waxing oder Kosmetikbehandlung. Wie kann ich mich persönlich vor solchen Preisunterschieden schützen?  

Sandra Klug: Aufmerksam sein, Preise vergleichen und gucken: Brauche ich jetzt wirklich bei der Creme das wunderbar rosa Produkt oder nehme ich das grüne? Vielleicht noch mal ein Blick auf die Inhaltsstoffe und Mengen vergleichen. Das begegnet einem immer wieder, dass die kleineren Größen im Verhältnis doch deutlich teurer sind als die größeren.

Die Debatte um kostenlose Menstruationsprodukte

Anissa Brinkhoff: Vor ein paar Jahren war ja die sogenannte Tampon Steuer sehr präsent in den Medien. Hintergrund ist, dass deutsche menstruierende Personen 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Hygieneartikel wie Tampons bezahlen mussten. Und dieser Protest und diese Aktion, die es da gab, haben immerhin bewirkt, dass man inzwischen nur noch sieben Prozent Steuern darauf zahlen muss. Am Ende habe ich aber als menstruierende Person überhaupt nicht die Wahl. Ist das nicht irgendwie ungerecht, dass ich überhaupt diese Ausgaben habe und Männer nicht? 

Sandra Klug: Ja, irgendwie schon. Es ist ja schon mal ein Signal, mit der Mehrwertsteuer ein bisschen runtergegangen zu sein. Aber eigentlich wäre es schön, wenn es sie gar nicht gäbe. Zumindest keine Steuern auf diese Produkte zahlen. Andererseits gibt es natürlich auch Unterschiede in den Geschlechtern. Also ich würde auch gerne im Stehen pinkeln können – leider kann ich das nicht. Daher hat jeder seine Vor- und Nachteile und irgendwie müssen wir auch ein bisschen damit klarkommen. Ja, aber es wäre schon ganz nett, wenn es ein bisschen günstiger wäre, denn in anderen Ländern geht es ja auch. 

Anissa Brinkhoff: Das stimmt. Und die FAZ hat zum Beispiel dem Ganzen mal eine Zahl gegeben und hat ausgerechnet, dass menstruierende Personen durchschnittlich 7.000 € in ihrem Leben für Periodenprodukte ausgeben. Ich finde das krass viel Geld und ich finde es da schon verrückt, dass das nicht einfach kostenlos ausliegt. An öffentlichen Orten zum Beispiel. Also Klopapier wird ja auch vom Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin gestellt und an öffentlichen Orten gibt es auch Klopapier. Da kann man ja auch nicht entscheiden, ob man das jetzt braucht oder nicht. Und genauso ist es bei Tampons oder Binden. Wäre es da nicht fair, dass so was zur Verfügung gestellt wird, zumindest an so öffentlichen Orten? 

Sandra Klug: Ich glaube, dass das Problem nicht dadurch gelöst wird, irgendwo irgendwas auszulegen. Eigentlich müssten Frauen genauso bezahlt werden wie Männer. Das ist schon mal mehr Geld, um das eben auch kaufen zu können. Und dann ist es vielleicht auch so, dass diese Zahl an sich ein bisschen überholt ist, weil es ja schon durchaus neue Menstruationsprodukte gibt. Also mit denen bin ich jetzt nicht gerade groß geworden, mit Menstruationstassen oder mit Unterwäsche in dem Bereich, die ja viel, viel nachhaltiger sind und im Verhältnis auch unglaublich viel günstiger. Also wichtig wäre mir eigentlich eher, dass diese Kosten beim Bürgergeld mit eingepreist werden. Dass die Frauen einfach da den Ausgleich und auch das Geld dafür bekommen und nicht Pech haben. 

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Gemeinsam laut werden – Männer als Verbündete 

Anissa Brinkhoff: Welche Rolle spielen Männer denn generell bei dem Thema Pink Tax? Was könnten oder sollten sie tun? 

Sandra Klug: An der Stelle haben wir die einzige Chance, was dagegen zu tun, indem wir laut werden. Und es ist natürlich schön, je mehr Menschen laut werden. Egal, ob es Männer oder Frauen sind oder wie auch immer. Jeder, der sagt: ‘Irgendwie ist es unfair und wir wollen das geändert haben’, hilft an der Stelle. 

Anissa Brinkhoff: Das stimmt auf jeden Fall. Wenn nur die Betroffenen versuchen, dafür Aufmerksamkeit zu raisen, dann liegt es wieder nur bei den Betroffenen. Welche Konsequenzen zieht denn die Politik inzwischen dadurch, dass ihr das Thema so sichtbar gemacht habt? Diese Preise sind ja Fakten, das ist ja offensichtliche Diskriminierung. Müsste es hier nicht noch andere Gesetze oder Regeln oder so geben? 

Sandra Klug: Das ist eine relativ schwierige Frage, weil du im Grunde ja jedes Produkt bekommen kannst. Also dir wird nicht der Zugang zu irgendwas verwehrt. Es gibt ja die sogenannte Bückware. Also ganz unten gucken und dann ganz links oder rechts, wo eben keiner vorbeigeht. Da stehen die günstigen Produkte, die vielleicht nicht so genderspezifisch aufgezogen sind. Der Zugang zu jedem Produkt ist da. Insofern kann man, finde ich, da nicht so gut regulieren. Man kann eigentlich nur weiter Druck ausüben, um wirklich was am Markt zu verändern. Und ja, das werden wir tun und das sollten alle anderen auch tun. 

Altersvorsorge kennt kein Geschlecht 

Anissa Brinkhoff: Du bist ja in deinem Job auch zuständig für die Themen Altersvorsorge und Versicherung. Inzwischen gibt es hier ja auch spezielle Produkte und Beratung, die sich explizit an Frauen richten. Was hältst du davon? 

Sandra Klug: Das ist so schön, dass du diese Frage stellst, weil die Antwort recht eindeutig ist: Nichts. Denn erst mal gibt es keine speziellen Produkte für Frauen. Geldanlage ist Geldanlage oder Altersvorsorge ist Altersvorsorge. Es ist völlig egal. Das gilt für jeden Mensch gleich. Was unterschiedlich ist, sind die Ausgangspunkte. Und möglicherweise ist es bei Frauen, die dann wirklich weniger gearbeitet haben, weil sie sich um die Kinder gekümmert haben, eben einfach anders. Und das muss berücksichtigt werden. Das muss man eben ganz individuell betrachten. Aber die Geldanlage für die Frau oder die Geldanlage Beratung für die Frau finde ich grundsätzlich erst mal echt schwierig. 
 

Das Interview in voller Länge hört ihr im Podcast!

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