Immobilienfonds in der Krise Uniimmo Wohnen: Rechtsanwälte reichen Klage wegen Falschberatung ein
Der offene Immobilienfonds Uniimmo Wohnen ZBI von Union Investment wurde im Juni um 17 Prozent abgewertet – der höchste Tagesverlust für Anleger bei Immobilienfonds seit der Krise 2008. Nun könnte es juristische Konsequenzen geben. Die Berliner Kanzlei Goldenstein Rechtsanwälte hat Klage gegen die Volksbank Böblingen eingereicht, die den Immobilienfonds vertrieben hat. Der Vorwurf: Falschberatung.
„Obwohl der Immobilienmarkt durchaus volatil sein kann, wurde der Fonds Uniimmo Wohnen selbst nach der Zinswende und dem Beginn des Ukraine-Krieges an risikoaverse Anleger vertrieben“, sagt Rechtsanwalt Claus Goldenstein. Bei seiner Kanzlei, die unter anderem im Abgasskandal und bei Online-Wetten tausende Verbraucher vertritt, hätten sich bislang mehr als 400 betroffene Anleger gemeldet, die im Durchschnitt 25.000 Euro in den Fonds investiert hätten und sich nun betrogen fühlten.
„Wir gehen davon aus, dass in den kommenden Monaten tausende Anleger Schadensersatzansprüche geltend machen werden. Auf Union Investment und dessen Vertriebspartner, die Volks- und Raiffeisenbanken, rollt nun eine Klagewelle zu“, so der Rechtsanwalt weiter.
Klägerin wollte kein Risiko eingehen
Konkret geht es in dem Verfahren um eine Frau aus Baden-Württemberg, die im Februar des vergangenen Jahres 5.000 Euro über die Volksbank Böblingen in den Immobilienfonds investiert hat. Während des Beratungsgesprächs habe die Anlegerin klar gemacht, dass sie mit ihrem Investment kein Risiko eingehen wolle, erklärt die Kanzlei. Daraufhin sei ihr der offene Immobilienfonds von Union Investment empfohlen worden. Ein Beratungsprotokoll habe sie nicht erhalten.
Mit der Klage, die am Landgericht Tübingen eingereicht wurde, ziele die Frau nun auf eine Rückabwicklung ihres Vertrages ab. „Unsere Mandantin hätte niemals in den Fonds investiert, wenn sie zum Investitionszeitpunkt über das tatsächliche Risiko informiert worden wäre“, so der Anwalt. Daher wolle sie ihr Investment rückgängig machen und verlange auch die Rückzahlung von bereits bezahlten Verwaltungsgebühren sowie die Auszahlung einer Entschädigung in Höhe der Zinsen, die sie mit einem tatsächlich für sie geeigneten Finanzprodukt verdient hätte.
„Es ist unvorstellbar, dass ein offener Immobilienfonds überhaupt mit einem ähnlichen Risikoprofil wie eine deutsche Staatsanleihe vermarktet wird“, sagt Rechtsanwalt Goldenstein. Schließlich sei bekannt, dass es am Immobilienmarkt Höhen und Tiefen gebe. „Dies hat sich ab dem Jahresende 2021 gezeigt, als die Transaktionen für Immobilien in Deutschland weitgehend zum Stillstand kamen und die Kaufpreise einbrachen.“
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Trotz dieser Marktentwicklung seien die im Uniimmo Wohnen gehaltenen Immobilien sogar aufgewertet worden, heißt es von der Kanzlei. Die unabhängigen Gutachter seien von Union Investment bestellt und bezahlt worden. „Wie realitätsfremd deren Einschätzungen waren, zeigt die extreme Abwertung nach der Sonderbewertung im Juni dieses Jahres“, führt die Kanzlei aus. Anleger hatten durch den Einbruch des Fonds fast eine Milliarde Euro verloren.
„Sicherheitsorientierten Anlegern hätte der Fonds unserer Meinung nach nie verkauft werden dürfen“, führt der Rechtanwalt aus. Insbesondere für Anleger, die ab 2022 investiert haben, sehe die Kanzlei gute Erfolgsaussichten. Aber auch frühere Investoren hätten wahrheitsgetreu über das tatsächliche Risikoprofil des Fonds aufgeklärt werden müssen und könnten deshalb klagen, heißt es.
Es sei zu erwarten, dass weitere Immobilienfonds in den kommenden Wochen Liquiditätsprobleme aufgrund von Kündigungen erleiden und ihre Immobilien verkaufen müssten. „Dann wird sich bei weiteren Fonds eine Kluft zwischen der offiziellen Bewertung ihrer Immobilien und dem tatsächlichen Wert auftun“, heißt es von der Kanzlei.
Nach Abwertung: Union-Investment-Chef entschuldigt sich bei Anlegern
In einem Gespräch mit der „Börsen-Zeitung“ hatte sich Hans Joachim Reinke, Vorstandschef von Union Investment, kürzlich bei Anlegern für den drastischen Wertverlust des Fonds entschuldigt: „Das tut mir für die Privatanleger und die beteiligten Banken leid“, sagte Reinke. Als Gründe für die Abwertung nannte er die hohe Inflation und den rasanten Zinsanstieg ab 2022. „Damit einher gingen steigende Baukosten und eine völlige Transaktionsstarre bei Wohnimmobilien“, so der Union-Investment-Chef.
In dem Interview zeigte sich Reinke allerdings optimistisch: „Wir gehen davon aus, dass die Werteinbußen ab 2026 wieder eingeholt werden – zumal sich die Schockstarre am Transaktionsmarkt langsam wieder entkrampft.“