Union-Investment-Experte Max Holzer
Das Corona-Thermometer

Leitet im Portfoliomanagement von Union Investment die Abteilung Relative Return des Bereiches Multi Asset: Max Holzer. Foto: Union Investment
Der Ölpreis zeigt deutlich, wie es um die Weltwirtschaft bestellt ist, sagt Max Holzer. Hier erklärt der Leiter der Abteilung Relative Return von Union Investment, wie der Zusammenhang zustande kommt.
Das Thema Nachhaltigkeit bewegt Unternehmen, Kapitalmärkte, Gesetzgeber. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die Analysen und Thesen der bedeutendsten Nachhaltigkeitsexperten, Top-Ökonomen und Großinvestoren – gebündelt und übersichtlich. Sie sollen dir die wichtigen Entwicklungen auf dem Weg zur nachhaltigen Gesellschaft und Finanzwelt clever und zuweilen kontrovers aufzeigen.
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Öl gilt immer noch als Schmierstoff der Wirtschaft. Doch in diesem Jahr läuft nichts wie geschmiert. Als Energieträger und Grundstoff für die Industrie zeigt der Ölpreis den Grad der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung an. Und die Wirtschaftsaktivität ist mit der Corona-Pandemie deutlich gesunken. Wer tankt oder Heizöl kauft, kann sich zwar über niedrigere Preise freuen. Anleger bleiben aber eher vorsichtig. Denn solange kein Impfstoff auf den Markt kommt und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nicht deutlich anzieht, erholt sich der Ölpreis nicht nachhaltig.
Derzeit hängt der Ölmarkt stark von der Entwicklung der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Eindämmungsmaßnahmen ab. Die jüngsten Zeichen stimmen dabei eher vorsichtig als zuversichtlich. Denn die Erholung der Nachfrage und damit auch des Ölpreises vom Einbruch im Corona-Schock ist seit einigen Wochen ins Stocken geraten.
Seit Anfang September sind die Preise für das Schwarze Gold nach längerer Seitwärtsbewegung stark gefallen. Wie kommt es dazu? Zwar hat sich die Nachfrage bis August nach dem beispiellosen Einbruch im Februar und März kräftig erholt. Doch das Ölkartell Opec und zusätzliche Produzenten wie Russland fördern nach ihrer anfänglichen Kürzung mit 9,7 Millionen Fass pro Tag inzwischen wieder etwas mehr Öl. Noch wichtiger aber ist die Nachfrageseite. Nach wie vor klafft eine erhebliche Nachfragelücke gegenüber der Zeit vor der Corona-Pandemie.

Ein Blick an den Himmel zeigt beispielsweise: Noch immer ist der Luftraum vergleichsweise leer. Tatsächlich belegen Daten der europäischen Flugsicherung Eurocontrol, dass im September die Zahl der Flüge um gut die Hälfte unter dem Vorjahreswert lag. Seit Mitte August ist die Erholung des Luftverkehrs nach dem pandemiebedingten Einbruch gestoppt und die Zahl der Flüge geht wieder leicht zurück. Grund sind steigende Neuinfektionszahlen und damit neue, zum Teil auch rasch wechselnde Reisebeschränkungen.
Das Leid der Luftverkehrsbranche schlägt sich auch im Ölpreis nieder. Immerhin macht sie global rund acht Prozent der Ölnachfrage aus. Aber auch in anderen Bereichen liegt die Nachfrage nach Ölprodukten wie Benzin deutlich unter den alten Niveaus, weil immer noch viele Menschen im Home Office arbeiten oder Freizeitaktivitäten oder Urlaubsreisen aufschieben.
Dass die Notierungen am internationalen Rohölmarkt wieder schwächeln, zeigt auch, wie fragil die wirtschaftliche Erholung ist. Eine nachhaltige Erholung der Wirtschaft ist erst nach der Markteinführung eines Corona-Impfstoffs zu erwarten. Die Wirtschaftsleistung dürfte in Deutschland trotz der positiven Dynamik der vergangenen Monate sogar erst im Jahr 2022 wieder das Niveau vor der Corona-Pandemie erreichen.
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