Vater und Sohn Guinness im Interview „Unser Investmentansatz passt gut zur Mentalität in Deutschland“
Die britische Fondsgesellschaft Guinness feiert in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen. Zum Jubiläum laden die Chefs in die feine Frankfurter Villa Merton ein, rund 20 Investoren folgen der Einladung. Kurzes Business-Meeting mit schnellem Lunch und langer Produktpräsentation? Keineswegs. Vater und Sohn Tim und Edward Guinness bringen Zeit mit. Sie stellen sich ihren Gästen kurz vor, dann wird aufgetischt.
Im Vordergrund steht ganz offensichtlich das Kennenlernen. Die Guinness-Chefs möchten selbst etwas darüber lernen, wie der hiesige Markt tickt. Denn Guinness soll in Deutschland bekannter werden, wünscht man sich bei der Fondsgesellschaft. Im Anschluss an das Treffen zur Mittagszeit bleibt Raum für ein ausführliches Interview mit unserem Magazin. Inklusive Fotoshooting.
DAS INVESTMENT: Das Erste, was Deutschen beim Namen Guinness in den Sinn kommen dürfte, ist das irische Bier. Ist Ihre Gesellschaft schon mit der gleichnamigen Brauerei verwechselt worden?
Tim Guinness: Der Gründer der Brauerei Guinness ist tatsächlich ein Vorfahr aus unserer weitläufigeren Familie. Unsere Fondsgesellschaft ist allerdings ganz unabhängig davon.
Heute haben Sie eine breite Palette an Fonds und Investmentthemen. Was unterscheidet Guinness von anderen Gesellschaften?
Edward Guinness: Zum einem unsere Mitarbeiter. Alle unsere Fondsmanager sind erfahren und schon sehr lange dabei. Außerdem ist unsere Gesellschaft mehrheitlich in Familienbesitz. Unsere Senior Fondsmanager halten ebenfalls Anteile. Als Eigentümer streben wir an, dass das Geschäft auch langfristig funktioniert. Vom Interesse her liegen wir also auf einer Linie mit unseren Anlegern. Bei der Unternehmensauswahl achten wir sehr auf gesunde Daten wie stabile Cashflows. Wir haben konzentrierte Portfolios aus nur 30 bis 35 Aktien, die alle gleich gewichtet werden.
Tim: Meiner Meinung nach ist Folgendes wichtig, wenn man als Fondsgesellschaft langfristig erfolgreich sein will: Man sollte nicht an die Börse gehen. Ein Börsen-Listing ist heute sehr herausfordernd, man steht sehr unter Druck, gerade mit Blick auf die kurzfristigen Ergebnisse. Das kann vielleicht zehn Jahre lang gut gehen, aber nicht auf lange Sicht. Wir halten es für essenziell, alles aus einer langfristigen Perspektive zu betrachten.
Sie waren lange ein reiner Aktien-Manager. Jetzt bieten Sie auch einen Anleihefonds an, den China Fixed Income. Kommt da noch mehr?
Tim: Wir waren zunächst auf Aktien spezialisiert, aber ich habe auch Erfahrung im Managen von Anleihen, Cash und Währungen. Durch die gestiegenen Zinsen wird die Anleihenseite aber gerade wieder interessant. Von einem Risikostandpunkt aus ist es sinnvoll, auch in Bonds zu investieren. Bei Anleihen sehen wir uns speziell in den gut aufgestellten Emerging Markets um. Anleihen, die in Chinesischen Renminbi begeben sind und auch Green Bonds – über solche Art Anleihen denken wir nach.
Über ein Partnerunternehmen verkaufen Sie in den USA auch ETFs. Ein Testlauf für Europa?
Tim: In den USA haben ETFs Steuervorteile. Vorläufig verkaufen wir sie nur dort, über unser Schwesterunternehmen Guinness Atkinson. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass wir auch in Großbritannien oder auch Deutschland einmal Strategien in einer ETF-Hülle anbieten werden.
Guinness tritt seit einiger Zeit nicht mehr als Guinness Asset Management, sondern als Guinness Global Investors auf. Wieso?
Edward: Das Unternehmen heißt weiterhin Guinness Asset Management, aber wir haben den Markennamen geändert. Wir handeln als Guinness Global Investors. Damit weisen wir auf unsere globale Perspektive hin, mit der wir auf Themen wie Energie oder die Entwicklung in Asien blicken. Wir haben spannende Produkte für globale Investoren. 55 Prozent unserer Anleger kommen von außerhalb des Vereinigten Königreichs, rund 10 Prozent aus Deutschland.
Sie wenden sich an unterschiedliche Anlegertypen – Privatanleger, Wholesale und Institutionelle. Wo genau liegt Ihr Fokus?
Edward: Von 8,9 Milliarden US-Dollar, die wir managen, kommen rund 7 Milliarden aus dem Wholesale-Geschäft. Der Rest verteilt sich zum größeren Teil auf Retail und etwas weniger auf Institutionelle. Wir wollen in allen drei Bereichen wachsen.
Auf der nächsten Seite: "Was haben Sie speziell in Deutschland vor?"
Seit April 2023 haben Sie eine Vertretung in Frankfurt. Was haben Sie speziell in Deutschland vor?
Tim: Wir planen, unser Geschäft in Deutschland stark auszubauen. Dazu gehören Werbung und PR, Investorentreffen und Auftritte auf Konferenzen. Wir wollen leicht zugänglich sein: Unsere Fonds sollen auf allen Plattformen vertreten sein. Und wir wollen in den Bankenvertrieb kommen. Mittlerweile haben wir eine deutsche Website und eine deutsche Seite auf Linkedin. Unser Investmentansatz passt übrigens sehr gut zur Mentalität der Menschen: Deutsche überprüfen gern alles ganz genau. Unser Anlageansatz ist sehr systematisch, das kommt dem entgegen. In Deutschland haben wir schon sehr gute Gespräche mit Anlegern geführt.
Welche Anleger sprechen Sie dabei an?
Tim: Als erstes haben uns in Deutschland die Fondsselekteure von Dachfonds entdeckt. Mittlerweile sind wir mit unterschiedlichen Vertretern des deutschen Wealth Managements im Gespräch, unter anderem mit Banken. Aber auch in den anderen Bereichen wollen wir wachsen. Zunächst peilen wir an, vor allem das institutionelle Geschäft auszubauen.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei Guinness?
Edward: Das Thema haben wir schon immer ernst genommen. Allerdings haben wir in den vergangenen zehn Jahren unsere Aktivitäten darin konkreter gemacht. Unsere Fondsmanager berücksichtigen ESG schon im Entscheidungsprozess. Viele unserer Fonds sind als Artikel-8-Fonds der europäischen Offenlegungsverordnung deklariert. Unser Guinness Sustainable Energy Fund ist sogar ein Artikel-9-Fonds.
Tim: Wir setzen dort an, wo man als Investor wirklich etwas bewirken kann. Unser Fokus liegt darauf, Unternehmen beim Übergang zu unterstützen, zum Beispiel zu geringeren Kohlendioxid-Emissionen zu verhelfen. Das wollen wir vor allem durch unser Abstimmungsverhalten und Engagement bei den Unternehmen erreichen. Es hilft niemandem, wenn man sich als Investor einfach zurückzieht. Ein Beispiel: Shell und BP erwirtschaften einen riesigen Cashflow. Der sollte genutzt werden, um nachhaltige Energiegewinnung auszubauen. Wir befassen uns auch stark mit dem Thema Wasserstofftechnologie – auch wenn wir aktuell noch keine entsprechenden Investments haben. Perspektivisch wollen wir uns außerdem stärker im Bereich soziale Nachhaltigkeit einbringen.
Guinness ist familiengeführt. Wie arbeitet es sich eigentlich mit dem eigenen Vater zusammen, Edward?
Edward: (Auf Deutsch) Es ist ein Alptraum! (lacht). Nein, es ist sehr gut. Wir können sehr offen über Themen des Fondsmanagements sprechen. Wenn man einen erfahrenen Strategen an der Seite hat, der sich auch noch in den Details sehr gut auskennt, ist das von Vorteil.
Die Fondsindustrie befindet sich im Umbruch, es gab in den vergangenen Jahren viele Zusammenlegungen und Übernahmen. Die Fondsgesellschaft Guinness trägt allerdings Ihren Nachnamen. Ist es denkbar, dass Sie sie einmal verkaufen werden?
Tim: Ich plane, das Unternehmen zukünftig an Ed zu übergeben, danach liegt es nicht mehr in meinen Händen. Wir denken allerdings nicht über einen Verkauf nach – eher darüber, wie sich unser Geschäft in den kommenden 20 Jahren weiterentwickeln lässt.
Edward: Ich denke auch, dass es schwierig ist, ein anderes Feld zu finden, in dem die Wachstumschancen so groß sind. Der Fonds-Markt ist riesig, und wir sind noch ein kleiner Player darin. Die Menschen, mit denen man zu tun hat, und auch die Arbeit selbst sind intellektuell anregend. Die Chancen stehen sehr gut, dass wir das Geschäft noch über einen langen Zeitraum hinweg weiter ausbauen können.
Über die Interviewpartner:
Tim Guinness gründete 2003 Guinness Asset Management und das US-Schwesterunternehmen Guinness Atkinson Asset Management. Er hat mehr als 35 Jahre Investmenterfahrung. Als Vorsitzender (Chairman) der Gesellschaft managt er heute die Fonds Guinness Global Energy und Guinness Global Money Managers. 1987 hatte er mit Guinness Flight Global Asset Management bereits einen Asset Manager gegründet, den später Investec übernahm.
Edward Guinness ist Chef (CEO) von Guinness Global Investors und Sohn von Tim Guinness. Er leitet auch das EIS-Team, den Venture-Capital-Bereich des Hauses. Edward war in der Vergangenheit außerdem für die Tiedemann Investment Group in New York und die HSBC Investment Bank tätig gewesen.