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Brief von Edouard Carmignac 3 Unsicherheiten – und die Chancen, die sie bieten

Edouard Carmignac
Edouard Carmignac: In seinem vierteljährlichen Brief kommentiert der Vorsitzende der französischen Fondsgesellschaft Carmignac die wirtschaftliche Lage. | Foto: Carmignac / Antoine Doyen

Angesichts der extrem hohen Volatilität der Finanzmärkte in diesem Jahr dürften viele sich ratlos fühlen. Wie Bob Dylan es so trefflich formulierte:

„It’s getting dark, too dark to see,

I feel like I’m knockin’ on heaven’s door“

Die zahlreichen Unsicherheiten sind unbestreitbar beängstigend. Sie tauchen vor allem in drei Bereichen auf, werden dort jedoch womöglich weniger problematisch sein als erwartet.

Inflationsbekämpfung belastet die Kurse

Der erste Punkt betrifft die Inflationsbekämpfung durch die Zentralbanken. Der pandemiebedingte plötzliche Einbruch der Wirtschaftsaktivität sorgte weltweit für einen beispiellosen Anstieg der Liquidität, während gleichzeitig staatliche Gelder in nie dagewesener Höhe in Konjunkturpakete gesteckt wurden. Daher konnte man Anfang des Jahres zu Recht von einer allmählichen Straffung der Geldpolitiken ausgehen.

Daraus wurde jedoch nichts. Die Invasion in der Ukraine hatte erhebliche Auswirkungen auf die Preise für Energie und Agrarprodukte und zog beiderseits des Atlantiks einen Inflationsanstieg auf fast 10 Prozent nach sich. Dieser sorgte dafür, dass ausgesprochen restriktive geldpolitische Maßnahmen unvermeidbar wurden. Fed-Präsident Jerome Powell machte klar, dass die Zentralbank nunmehr das Risiko einer Rezession in Kauf nimmt.

Welches Ausmaß müsste diese haben, damit die Inflationserwartungen deutlich zurückgehen und insbesondere der sehr angespannte US-amerikanische Arbeitsmarkt sich beruhigt? Das lässt sich nur schwer sagen, denn die Motivation zum Arbeiten hat im Zuge der Pandemie stark abgenommen. Wahrscheinlich werden viele, die zuletzt lieber daheim geblieben sind, in den nächsten Monaten jedoch wieder anfangen zu arbeiten. Zumindest, wenn sich ihre Angst vor einer Ansteckung ebenso verringert wie ihre während der Pandemie aufgebauten Ersparnisse angesichts der Teuerung.

 

Heutzutage schließt die niedrigere Toleranz für Konjunkturrückgänge das Eintreten einer schweren Rezession aus unserer Sicht jedoch aus. Da die Fed ein klares Mandat zur Inflationsbekämpfung hat, werden die USA vorerst weiterhin die globale Liquidität abschöpfen, was die Kurse sämtlicher Vermögenswerte belastet und dem Dollar weiter Auftrieb verleiht.

Risiken eines Energienotstand gesunken

Beim zweiten Punkt geht es um die Energiekrise in Europa. Der Schock in diesem Bereich ist beträchtlich. Der Anstieg der Energiepreise entspricht fast 10 Prozent des europäischen BIP.

Der Großteil der Mehrkosten wird allerdings von den Staaten übernommen. Ferner sind die Risiken eines Energienotstands im Winter angesichts der aktuellen Füllstände der Gasspeicher und dank des Einsatzes anderer Energieträger sowie der Einführung von Anreizen zum Energiesparen spürbar gesunken.

Solche Maßnahmen können jedoch nicht von Dauer sein und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaften ist ernsthaft in Gefahr. Allerdings dürfte der Zusammenbruch der russischen Armee – den wir im April als wahrscheinlich erachtet hatten – die Amtszeit Wladimir Putins deutlich verkürzen. Dadurch steigt zwar die Gefahr einer Eskalation, aber gleichzeitig wird eine Palastrevolution wahrscheinlicher.

Chinesische Wirtschaft vor dem Erwachen

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist die Konjunkturverlangsamung in China. Das Land ist nicht nur mit der Beseitigung einer Immobilienblase beschäftigt, auch die Null-Covid-Politik legt einen erheblichen Teil der Wirtschaft lahm. Daraus resultierend sind zurzeit fast 20 Prozent der unter 25-Jährigen arbeitslos.

Wird die restriktive Politik nach der Wiederwahl von Staatspräsident Xi Jinpings auf dem Parteikongress in diesem Monat infrage gestellt oder erst auf der Tagung des Volkskongresses im kommenden März? Auf jeden Fall ist davon auszugehen, dass die Null-Covid-Strategie umgestaltet werden wird. Anschließend wird die chinesische Wirtschaft umgehend aus ihrer Lethargie erwachen.

Chancen in Risiken erkennen

Ist der aktuell herrschende Pessimismus also letztendlich berechtigt? Aus der Analyse der bedeutendsten Unsicherheiten ergibt sich eine Reihe von Chancen. Solange die Ungewissheiten nicht mindestens teilweise beseitigt sind, werden wir jedoch im Umgang mit den Risiken unserer Portfolios weiterhin besondere Sorgfalt walten lassen.

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Hinweis: Diese News ist eine Mitteilung des Unternehmens und wurde redaktionell nur leicht bearbeitet.