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Unter Beobachtung

Lesedauer: 3 Minuten

Eine Fast-Pleite wie die des US-Versicherers AIG sei hierzulande nicht zu erwarten, meinen Experten. Die Finanzkrise schmälert aber die Nettoverzinsung der Kapitalanlagen der Assekuranz

Der Beinahe-Untergang des amerikanischen Versicherungsgiganten AIG Mitte September war ein Schock. Schließlich war der Konzern mit Vermögenswerten von mehr als einer Billion US-Dollar und einer Marktkapitalisierung Ende 2007 von umgerechnet rund 100 Milliarden Euro der größte Versicherer der Welt. Zum Vergleich: Die Allianz-Gruppe hatte zur gleichen Zeit einen Marktwert von 67 Milliarden Euro, die Axa-Gruppe von 56 Milliarden Euro. Der Industrie- und Privatkundenversicherer, der auch für viele Dax-Unternehmen als Haftpflichtversicherer auftritt, hatte sich mit Credit Default Swaps (CDS) – Kreditderivaten, mit denen sich das Ausfallrisiko von Hypotheken und Anleihen versichern lässt – verzockt. Die Folge: Staatshilfen von bisher 123 Milliarden US-Dollar, Verstaatlichung, Rausschmiss des Konzernchefs. Und die bange Frage, ob neben den Banken jetzt auch die Versicherer zu Sorgenkindern werden.

„Die Stabilität des deutschen Versicherungssystems sehen wir nicht gefährdet“, gibt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hierzulande Entwarnung. Weniger pauschal ist das Ergebnis eines Belastungstests, den das Analysehaus Morgen & Morgen im Oktober durchführte. Die Analysen untersuchten die Versicherer auf ihre Resistenz gegen einen Aktiencrash von 20 Prozent und einen Zinsrückgang von 2 Prozent. Fast die Hälfte der Anbieter schnitt mit einem „sehr gut“ bis „ausgezeichnet“ ab. Einem Versicherer, dem Münchener Verein, wurde ein „kritisch“ attestiert; zahlreiche Assekuranzen wie Nürnberger, R+V, Universa oder Delta Lloyd stellten sich dem Test erst gar nicht.

Insolvenzen nicht ausgeschlossen
Auch Tim Ockenga, Versicherungsexperte beim Analysehaus Fitch, zeigt sich etwas vorsichtiger, was seine Einschätzung der Lage angeht: „Insolvenzfälle von deutschen Versicherern sind immer noch relativ unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen.“ Zwar haben die Versicherer wegen der stetigen Beitragseinnahmen – bei der Allianz sind es pro Tag 100 Millionen Euro – keine Liquiditätsprobleme wie die Banken. Das Kapitalanlagerisiko ist aber gestiegen, und das könnte besonders für kleinere, kapitalschwächere Unternehmen gefährlich werden.

Durch den Aktiencrash haben die Versicherer Geld verloren. „Wir sehen verstärkte Abschreibungen auf unsere Aktienbestände“, sagt etwa Allianz-Finanzchef Helmut Perlet. „Das wird sich auf den Gewinn niederschlagen.“ Fitch-Analyst Ockenga erwartet für die Branche 2008 eine Nettoverzinsung von „deutlich unter 4 Prozent“, 2007 waren es noch 4,6 Prozent. Denn zusätzlich zu den Aktienverlusten machen den Anbietern gerade ihre Bestände an festverzinslichen Wertpapieren Sorgen.

„Die Credit Spreads haben sich deutlich ausgeweitet“, sagt Reiner Will, Chef der Rating-Agentur Assekurata. Als Spread bezeichnet man die Risikoprämie zwischen als risikolos geltenden Staatsanleihen und anderen Zinspapieren. Steigen die Spreads, sinken die Anleihenkurse.

Kursverluste bei Zinspapieren
„Seit Jahresbeginn stieg die Renditedifferenz zwischen einjährigen Pfandbriefen und Bundesanleihen von rund 60 auf 190 Basispunkte“, so Will. Dadurch sei es in den Rentenbeständen der Versicherer zu Verlusten zwischen Zeit- und Buchwerten gekommen und damit in vielen Fällen per saldo zu stillen Lasten.

Darüber hinaus ist spätestens seit der Pleite der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers die Ausfallwahrscheinlichkeit von Banken als Anleihe- und Zertifikate-Emittenten in den Fokus der Versicherer gerutscht. Nicht umsonst hat sich die Branche mit 1,4 Milliarden Euro am Rettungsplan für Hypo Real Estate (HRE) beteiligt, dürfte doch so mancher Versicherer Pfandbriefe der HRE-Tochter Depfa im Portfolio haben.

Aber: Die aktuelle Krise bietet den Assekuranzen scheinbar auch Möglichkeiten. So bringen sich starke Gesellschaften gerade in Stellung, um von der Schwäche von AIG zu profitieren. Denn der US-Versicherer wird um den Verkauf wichtiger Konzernteile kaum herumkommen, wenn er überleben will. Der Vorstandschef der Ergo-Gruppe, Torsten Oletzky, bekundete bereits Interessan an kleineren Osteuropa-Teilen von AIG. Auch Allianz-Chef Michael Diekmann prüft mögliche Angebote - jede Krise bietet eben auch Chancen. 

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