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Uran-ETF: Atomkraft als sinnvolles Investment? (Analyse)

Der Energiebedarf von KI-Rechenzentren ist enorm, die Kernenergie hat ihr Schmuddelimage weitgehend abgelegt. Kein Wunder, dass neue Uran-ETFs – und sogar ein Uran-ETC (siehe unten) – lanciert werden.
Doch wie viel Potenzial hat dieser aufkommende Trend? Die aktuellen Entwicklungen deuten darauf hin, dass der Uranmarkt vor einem längerfristigen Wandel steht. Fünf zentrale Faktoren treiben diese Entwicklung:
1. KI-Boom treibt Nachfrage nach stabiler Stromversorgung
Die großen Technologieunternehmen setzen zunehmend auf Kernkraft für ihre energiehungrigen KI-Rechenzentren. Der symbolträchtigste Deal kam im Januar 2025: Microsoft unterzeichnete einen 20-Jahres-Vertrag über den Kauf von Strom aus dem im Moment stillgelegten amerikanischen Kernkraftwerk Three Mile Island. Der Reaktor Unit 1 von Three Mile Island soll bis 2028 wieder in Betrieb genommen werden und soll dann eine Kapazität von 837 Megawatt haben.
„Das Training und Ausführen großer KI-Modelle verbraucht enorme Energie, oft in der Größenordnung von Megawatt pro Anlage, und erfordert einen ununterbrochenen Energiefluss“, erklärt Kamil Sudiyarov vom ETF-Anbieter Vaneck in einer aktuellen Analyse.
2. Geopolitische Faktoren verschärfen Versorgungssituation
Die Spannungen um Uranlieferungen haben sich Anfang 2025 weiter verstärkt. Der US-Importbann für russisches Uran ist in Kraft getreten, was die globalen Lieferketten neu ordnet. Gleichzeitig hat Kasachstan, der weltgrößte Uranproduzent, seine Produktionserwartungen für 2025 deutlich nach unten korrigiert – auf 25.000 bis 26.500 Tonnen, was weit unter den ursprünglichen Planungen liegt.
3. Technologische Innovation durch Small Modular Reactors
Eine neue Generation von Kernreaktoren soll mehr Effizienz und Sicherheit versprechen. Tom Bailey, Head of Research bei Hanetf, erklärt: „Kernenergie bietet eine skalierbare, kontinuierliche und kohlenstoffarme Lösung.“ Insbesondere kleine modulare Reaktoren (SMRs) mit einer Leistung von bis zu 300 Megawatt elektrisch (MWe) könnten laut Bailey die Akzeptanz der Kernenergie erhöhen.
Allerdings: Trotz des Hypes um SMRs ist eine breite Einführung in den nächsten zehn Jahren unwahrscheinlich. Die ersten kommerziellen SMRs in westlichen Ländern werden frühestens Anfang der 2030er Jahre erwartet.
4. Strukturelles Angebotsdefizit wächst
Der Uranmarkt befindet sich in einem sich verschärfenden Defizit. „Die World Nuclear Association prognostiziert ein Wachstum der Urannachfrage um 28 Prozent zwischen 2023 und 2030“, berichtet Roberta Caselli, Rohstoffexpertin bei Global X.
Analysten erwarten für 2025 Uranpreise von 90 bis 100 US-Dollar pro Pfund, einige halten sogar Kurse von 150 bis 200 Dollar für möglich.
5. China als Wachstumstreiber
China treibt den massiven Ausbau der Kernenergie voran. „Das Land baut derzeit 26 Reaktoren und plant weitere 41“, bestätigt Adam Rozencwajg von den Rohstoff-Spezialisten Goehring & Rozencwajg. „Diese ehrgeizige Expansion könnte China zum größten Kernenergieproduzenten machen und die USA sowie die EU überholen.“
In Uran investieren – das sind die Möglichkeiten
„Der Uranmarkt hat einige Besonderheiten, die Investoren beachten sollten“, erklärt Roberta Caselli. „Die Nuancen beim Zugang zu Uran sind im Vergleich zu anderen häufig gehandelten Rohstoffen wie Öl oder Gold komplexer. Tatsächlich kann sich der Zugang zu Uran als schwierig erweisen, da er mit geringer Liquidität an den Terminbörsen gehandelt wird und es Einschränkungen beim physischen Besitz gibt.“
Für Anleger bieten sich verschiedene Zugangswege:
Uran-ETFs als effiziente Lösung
Die drei führenden ETF-Anbieter im Bereich Uran-Investments sind Global X, Vaneck und Hanetf/Sprott.
- Global X bietet mit dem Global X Uranium UCITS ETF den größten Uran-ETF mit einem Fondsvermögen von über 3 Milliarden US-Dollar in den USA. Die in Europa handelbare Variante (ISIN: IE000NDWFGA5) ist rund 174 Millionen US-Dollar schwer und hat eine Kostenquote von 0,65 Prozent pro Jahr.
- Vaneck ist mit dem Vaneck Uranium and Nuclear Technologies UCITS ETF (ISIN: IE000M7V94E1) und etwa 411,5 Millionen US-Dollar Vermögen der größte Uran-ETF in Europa. Er deckt neben Uranminen auch Unternehmen aus dem Bereich Kernenergie ab und weist eine Gesamtkostenquote von 0,55 Prozent auf.
- Hanetf bietet in Zusammenarbeit mit Sprott zwei Uran-ETFs an: Den Hanetf Sprott Uranium Miners UCITS ETF (ISIN: IE0005YK6564 / 177 Millionen US-Dollar) mit breiter Abdeckung des Sektors sowie den Hanetf Sprott Junior Uranium Miners UCITS ETF (ISIN: IE00075IVKF9 / 14 Millionen US-Dollar), der sich auf kleinere und mittelgroße Uranunternehmen konzentriert. Beide ETFs haben eine Kostenquote von 0,85 Prozent.
Alle genannten ETFs verzeichneten in den vergangenen Jahren ein starkes Wachstum, was das zunehmende Anlegerinteresse an Uran-Investments widerspiegelt.
Seit März 2025 ist auch Wisdomtree mit seinem Uranium and Nuclear Energy ETF (ISIN: IE0003BJ2JS4) unterwegs. Der ETF „investiert entlang der Wertschöpfungskette und bietet Engagements in Bergbauunternehmen für Uran sowie in Unternehmen, die sich mit dem Bau, der Entwicklung und der Wartung von Atomenergie-Infrastruktur und Reaktoren befassen“, heißt es.
„Angesichts der Komplexität von Uran kann der ETF-Weg vorteilhaft sein“, betont Tom Bailey. „Er kann auf kostengünstige Weise ein breiteres Engagement in der mit dem Rohstoff verbundenen Lieferkette ermöglichen und dabei die mit der Anlage über Terminkontrakte verbundenen Rollkosten und die Contango-Form der Forward-Kurve vermeiden.“
Ganz neu: Uran-ETC von Hanetf
Anfang März 2025 brachte Hanetf den ersten physisch hinterlegten Uran-ETC in Europa auf den Markt: Der Sprott Physical Uranium ETC (Ticker: SPUT) ist damit der einzige, der ein Engagement in den Spotpreis von Uran ermöglicht.
„Wir sind überzeugt, dass die langfristigen Aussichten für Uran insgesamt sehr gut sind", sagte John Ciampaglia. Der Geschäftsführer von Sprott Asset Management, einem Spezialisten für Rohstoffinvestments, baut damit die Zusammenarbeit mit Hanetf aus.
Investieren in Aktien von Uran-Produzenten
Zu den fünf populärsten Aktien von Uranproduzenten, in die deutsche Anleger investieren können, gehören:
Cameco:
- Marktkapitalisierung: 21,43 Milliarden US-Dollar
- Einer der weltweit größten Uranproduzenten mit bedeutenden Beteiligungen an wichtigen Uranminen im Athabasca-Becken in Kanada.
Uranium Energy:
- Marktkapitalisierung: 2,99 Milliarden US-Dollar
- Besitzt produktionsbereite In-Situ-Recovery (ISR) Uranprojekte in Wyoming und Texas.
Nex Gen Energy:
- Marktkapitalisierung: 3,71 Milliarden US-Dollar
- Fokussiert auf Uranexploration und -entwicklung im Athabasca-Becken mit dem Flaggschiffprojekt Rook I.
Denison Mines:
- Marktkapitalisierung: 1,62 Milliarden US-Dollar
- Konzentriert sich auf Uranbergbau im Athabasca-Becken und hält 95 Prozent am Wheeler River Uranprojekt.
Paladin Energy:
- Marktkapitalisierung: 3,06 Milliarden Australische Dollar
- Spezialisiert auf Entwicklung, Produktion und Verkauf von Uran mit Projekten in Australien und Namibia.
„Große Uranproduzenten weisen im Vergleich zu Junior-Unternehmen ein relativ niedrigeres Risikoprofil auf, was auf ihre etablierten Produktionskapazitäten und bedeutenden Vertragsportfolios zurückzuführen ist“, erklärt Bailey. „Diese langfristigen Lieferverträge, die oft zu niedrigeren historischen Preisen abgeschlossen wurden, können jedoch ihre Fähigkeit einschränken, von einem starken Anstieg der Uran-Spotpreise voll zu profitieren.“
Uran-Investments unter ESG-Kriterien
Die ESG-Bewertung von Uran-Investments ist komplex und nicht eindeutig. Einerseits wird Kernenergie zunehmend als kohlenstoffarme Technologie anerkannt, die zur Erreichung von Klimazielen beitragen kann. Führende Uranproduzenten wie Cameco haben in den letzten Jahren deutliche Fortschritte bei der Verbesserung ihrer ESG-Ratings gemacht.
Andererseits bleiben Bedenken hinsichtlich der Reaktorsicherheit und der Entsorgung radioaktiver Abfälle bestehen. Einige ESG-Fonds schließen daher Unternehmen aus, die am Uranabbau beteiligt sind. Hoffnung macht die neue Generation kleiner modularer Reaktoren (SMR), die ESG-Kriterien möglicherweise besser erfüllen können.
„Während Uran-Investments nicht uneingeschränkt als ESG-konform gelten, gibt es durchaus Möglichkeiten für verantwortungsbewusste Investitionen in diesem Sektor“, betont Tom Bailey von Hanetf. „Die zunehmende Anerkennung der Rolle der Kernenergie im Kampf gegen den Klimawandel könnte in Zukunft zu einer positiveren ESG-Bewertung führen.“
Fazit und Ausblick
Die Fundamentaldaten für den Uransektor bleiben stark. „Die Nachfrage nach Kernenergie, insbesondere auf globaler Ebene, bleibt gesund und verbessert die fundamentalen Daten“, fasst Roberta Caselli zusammen. Der Einstieg der Tech-Giganten und die geopolitischen Verschiebungen könnten dabei als Katalysatoren für eine längerfristige Aufwärtsentwicklung wirken.
Adam Rozencwajg findet: „Das Thema Uran war noch nie so interessant wie heute. Die aktuellen Ereignisse sind die Vorboten eines tiefgreifenden Wandels – in der Atomindustrie selbst und am Uranmarkt.“
Anleger sollten jedoch die spezifischen Risiken nicht aus den Augen verlieren: Die hohe Volatilität des Sektors zeigt die Herausforderungen. Der Uranmarkt ist zudem relativ klein und illiquide, was zu eingeschränkter Handelbarkeit führen kann.
Hohe Kosten und erhebliche Verzögerungen bei Nuklearprojekten gefährden zudem deren Wirtschaftlichkeit. Viele Versorger investieren deshalb lieber in Gas-, Wind- und Solarkraftwerke aufgrund niedrigerer Kapitalkosten und geringerer Risiken.
Auch geopolitische Spannungen und regulatorische Änderungen können den Markt jederzeit beeinflussen. Zudem könnte jederzeit ein Reaktorunfall wie in Fukushima die wachsende Akzeptanz der Kernenergie jäh beenden.
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