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Nerven behalten! 5 Lehren aus 2024

Investiert bleiben, solange sich die Fundamentaldaten nicht ändern

Man hätte es den Investoren nicht verdenken können, wenn sie 2024 die Nerven verloren hätten, denn Aktien erreichten ständig neue Höchststände. Letztlich hat es sich aber ausgezahlt, die Nerven zu behalten.
Zugegeben, es wurden laufend neue Höchststände erreicht, aber Aktien werden in 30 Prozent der Zeit auf Allzeithochs gehandelt. Und es gab während des gesamten Jahres keine einzige Aktienmarktkorrektur von mehr als 10 Prozent. Die stärkste Korrektur – die im Sommer stattfand – wurde durch ein falsches Signal einer Rezession in den USA ausgelöst, die nie eingetreten ist.
Für Aktieninvestoren bedeuten starke Fundamentaldaten ein über dem Trend liegendes Wirtschaftswachstum, das die Unternehmensgewinne ankurbelt, und eine sinkende Inflation, die durch niedrigere Zinssätze die KGVs von Aktien steigen lässt. Und genau dieses makroökonomische Umfeld herrschte 2024 in den USA vor. Zu Beginn des Jahres wurde für die USA ein BIP-Wachstum von deutlich weniger als 1 Prozent prognostiziert, mit einer 60-prozentigen Wahrscheinlichkeit einer Rezession. Und was passierte? Die größte Volkswirtschaft der Welt ist dreimal so schnell gewachsen. Und obwohl die Kerninflation in den USA etwas weniger zurückging als erwartet (auf 2,8 Prozent), reichte der Rückgang aus, dass die US-Notenbank dreimal die Zinssätze senken konnte.
Der S&P 500 Index beendete das Jahr mit einem Plus von 23 Prozent, wobei das KGV um mehr als 10 Prozent anstieg und sich die übrigen Gewinne fast gleichmäßig auf Umsatzwachstum und Margenverbesserung verteilten. Die gelegentlichen Korrekturen, die durch Wachstumssorgen und geopolitische Ereignisse ausgelöst wurden, erwiesen sich als hervorragende Kaufgelegenheiten.
Und die USA waren nur ein Teil der Geschichte. Die Fundamentaldaten kleinerer Märkte sind häufig eher global als lokal geprägt, daher ist es nicht unüblich, dass sie sich von den im Inland vorherrschenden wirtschaftlichen Bedingungen unterscheiden. Deutschland mag zwar als der kranke Mann Europas gelten, doch sein Aktienmarkt gehörte 2024 zu den stärksten (mit einem Plus von 18 Prozent). Dies geht auf seine ausgeprägte zyklische Zusammensetzung und die relativ hohe Gewichtung von Finanztiteln im Index zurück, der sich besser als der globale Markt entwickelte.
Grafik 1: Aktien nicht in der Misere. KGV von US-Aktien im Verhältnis zu den wirtschaftlichen Bedingungen im historischen Vergleich

Die Inflation zu bekämpfen, ist eine harte Nuss
Die Teuerung ist im Zeitraum 2021–2022 genauso schnell zurückgegangen wie sie gestiegen ist. Die Gesamtinflationsrate in den USA erreichte im Juni 2022 einen Höchststand von 9 Prozent, im Euroraum lag sie im Oktober 2022 bei 10,6 Prozent; jetzt liegen die Werte in beiden Volkswirtschaften unter 3 Prozent.
Jüngste Daten deuten jedoch darauf hin, dass sich die Inflation hartnäckig auf diesem Niveau (beziehungsweise einem noch höheren, berücksichtigt man die Kerninflationsrate, die von den meisten Zentralbanken bevorzugte Messgröße für den Preisdruck) hält. Während Investoren und die Politik ihr Hauptaugenmerk auf die Inflationsrate richten, interessieren sich die Verbraucher und Wähler in erster Linie für das Preisniveau.
Grafik 2: Ins Stocken gekommen. Kerninflation in den USA und der Eurozone, im Verhältnis zum Zielwert (%)

Nicht ohne Grund wurde in den Medien von einer „Krise der Lebenshaltungskosten“ gesprochen. Der starke Anstieg der Inflation in den Jahren 2021 und 2022 führte für viele Bürger zu einem starken und anhaltenden Rückgang der Realeinkommen; erst seit kurzem steigen in den USA und in Europa die mittleren Reallöhne. Dieser Inflationsschub nach der Covid-Krise arbeitete dem Populismus und Isolationismus in die Hände. Die Welt ist multipolar geworden und politisch zersplittert, und das wird auch so bleiben.
Das Jahr 2024 hat gezeigt, dass der Vorteil, den die amtierenden Regierungen in Zeiten des Wahlkampfs in der Regel haben, in ein Handicap umschlagen kann, wenn die Wirtschaft in Turbulenzen gerät und die Lebenshaltungskosten die vorherrschende Sorge sind. Bei allen Wahlen, die 2024 in den Industrieländern stattfanden, verlor jeweils die Regierungspartei Stimmenanteile. Das hat es so noch nie zuvor gegeben. Die Regierungspartei (beziehungsweise die Partei der scheidenden Regierung) verzeichnete einen durchschnittlichen Stimmenverlust von 7 Prozentpunkten, ein Rekord.
Es scheint also, dass Regierungen, die bereit sind, das Wachstum zu befeuern, indem sie eine höhere Inflation in Kauf nehmen, abgestraft werden. Für den Durchschnittsverbraucher wirkt die Inflation im Grunde wie eine Steuer.
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