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in Emerging MarketsLesedauer: 7 Minuten

US-chinesischer Handelskonflikt Sollten Anleger jetzt ihr Risiko senken?

Kristina Hooper, Globale Chef-Marktstrategin bei Invesco

In der vergangenen Woche hat der protektionistische Schlagabtausch zwischen den USA und China nochmals an Schärfe gewonnen und seinen bisherigen Höhepunkt am Ende der Woche erreicht, als US-Präsident Donald Trump per Twitter mit zusätzlichen Zöllen im Volumen von 100 Milliarden Dollar drohte.

Daraufhin konterte China trotz seines wichtigen Feiertags umgehend mit Zöllen in ähnlicher Größenordnung und warnte, das Land werde „um jeden Preis“ auf Gegenwehr setzen. Nach Chinas Kampfansage gab Trump zu, dass seine Handelspolitik den USA gewisse „Schmerzen“ bereiten könnte, während US-Finanzminister Steven Mnuchin eingestand, dass ein Handelskrieg zwar unwahrscheinlich, aber „potenziell möglich“ sei.

Handelspolitischer Konflikt gewinnt an Schärfe

Auch wenn wir von einem tatsächlichen Handelskrieg noch weit entfernt sind, gewinnt der handelspolitische Konflikt wie von mir befürchtet an Schärfe. Ehrlich gesagt sehe ich auch keinen überzeugenden Anlass für China, Zugeständnisse an die USA zu machen, zumal führende Vertreter des Weißen Hauses versucht haben, besorgte US-Bürger zu beruhigen, indem sie die amerikanischen Drohungen als reines Verhandlungsinstrument bezeichnet haben.

Als Jura-Studentin habe ich einen Kurs zur Verhandlungsführung belegt. Das ist zwar schon einige Jahre her, aber eine wichtige Lehre ist hängengeblieben: Von einem Verhandlungsgegner, der merkt, dass man nur blufft, ist kaum ein Entgegenkommen zu erwarten. Noch unwahrscheinlicher sind nennenswerte Zugeständnisse der chinesischen Seite im Handelsstreit dadurch, dass die USA diesen Feldzug im Alleingang und ohne Unterstützung durch andere wichtige Handelspartner führen.

Xi Jinping hat seine Machtposition gefestigt

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Hinzu kommt, dass Chinas Präsident Xi Jinping gerade erst seine Machtposition gefestigt hat und damit vermutlich stärker denn je ist. Sorgen über einen möglichen Handelskrieg haben dem Shanghai Stock Exchange Composite Index zuletzt einen Kursverlust von über 10 Prozent gegenüber seinem Höchststand vom Januar beschert1. Da der Anteil der am Aktienmarkt angelegten Gelder an den chinesischen Privatvermögen jedoch relativ gering ist, dürfte die chinesische Regierung keinen großen Druck verspüren, bedeutende Kompromisse einzugehen.

Um es hier noch einmal klarzustellen: Ich halte das Vorgehen der USA gegen die chinesischen Patentrechtsverstöße keineswegs für verfehlt, die Erfolgswahrscheinlichkeit des gewählten Ansatzes aber für gering. Besonders gefährlich ist dieser zudem, da China unkonventionelle Formen der Vergeltung wählen könnte – zum Beispiel eine Abwertung der eigenen Währung, ein teilweises oder komplettes Aussetzen seiner Käufe US-amerikanischer Staatsanleihen oder sogar deren Verkäufe.

Investoren reagieren auf erhöhte Volatilität

Es ist kein Wunder, dass US-Investoren die protektionistische Gefahr in der vergangenen Woche ernster genommen haben. Nach einem Rückgang zur Wochenmitte zog die Aktienmarktvolatilität gegen Ende der Woche wieder an. Schwellenländeraktien wurden abverkauft, wobei asiatische Aktien moderate Verluste erlitten.2

Noch deutlicher zeigte sich die Angst der Anleger in der dramatischen Flucht in US-amerikanische Staatsanleihen, die in der vergangenen Woche die höchsten Zuflüsse seit mehr als zwei Jahren verzeichneten. Nach einem Anstieg zur Wochenmitte sank die Rendite der zehnjährigen US Treasury im Anschluss wieder und schloss die Woche letztlich mit 2,79 Prozent.1

Die Marktstimmung hat sich ganz klar verschlechtert. Die kritische Frage lautet: Sollten Anleger jetzt in risikoärmere Anlagen umschichten? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zunächst zwei wichtige Faktoren betrachten, die hinter der bisherigen Aufwärtsdynamik an den globalen Aktienmärkten gestanden haben: 1) das sich verbessernde globale Wirtschaftsumfeld und 2) die weiterhin akkommodierende Geldpolitik.

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