Ethenea-Gründer Luca Pesarini
Weshalb die Vormachtstellung des US-Dollars wankt

Ethenea-Gründer Luca Pesarini
Ein berühmtes Zitat des ehemaligen US-Finanzministers John Connally aus dem Jahr 1971 bringt die Abhängigkeit der Welt vom US-Dollar auf den Punkt: „Der Dollar ist unsere Währung, aber euer Problem.“ Damals wie heute gilt: Der „Greenback“ spielt eine zentrale Rolle in der Weltwirtschaft. Doch ist diese Dominanz noch zukunftssicher? Der Blick auf die Mechanismen hinter der Dollar-Stärke und die ...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Ein berühmtes Zitat des ehemaligen US-Finanzministers John Connally aus dem Jahr 1971 bringt die Abhängigkeit der Welt vom US-Dollar auf den Punkt: „Der Dollar ist unsere Währung, aber euer Problem.“ Damals wie heute gilt: Der „Greenback“ spielt eine zentrale Rolle in der Weltwirtschaft. Doch ist diese Dominanz noch zukunftssicher? Der Blick auf die Mechanismen hinter der Dollar-Stärke und die aktuellen Verschiebungen im globalen Gefüge lässt Zweifel aufkommen.
Als Leitwährung dominiert der US-Dollar seit Jahrzehnten die internationalen Finanzmärkte. Rund 59 Prozent der weltweiten Währungsreserven wurden im ersten Quartal 2024 von Zentralbanken in Dollar gehalten. Der „Greenback“ ist Zahlungsmittel bei fast jeder zweiten grenzüberschreitenden Überweisung und kommt bei 88 Prozent aller Devisentransaktionen zum Einsatz. Besonders ausgeprägt ist seine Vormachtstellung im Ölhandel: Etwa 80 bis 85 Prozent der weltweiten Öltransaktionen werden in US-Dollar abgewickelt. Der Dollar ist das Schmiermittel der Weltwirtschaft.
Nicht alle Staaten freuen sich über diese Situation. Die Brics-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) forcieren eine Entkopplung. Ihr Ziel: Die Abhängigkeit vom Dollar brechen. Doch die bisherigen Versuche blieben erfolglos. Zu tief sitzt die globale Verankerung des Greenback, zu wenig Vertrauen genießen Alternativen.
Im Wesentlichen sind es drei Faktoren, die für die Stellung der US-amerikanischen Währung sorgen: Zinssätze, Wachstumsdifferenziale und Vertrauen. Höhere US-Zinsen im Vergleich zu Europa machen Dollar-Anlagen attraktiver. Stärkeres Wirtschaftswachstum in den USA sorgt für einen starken Dollar.
Ebenso ausschlaggebend ist die Funktion als sicherer Hafen (Safe Haven). Sind es geopolitisch unsichere Zeiten, flüchten Anleger in Währungen, die aufgrund der politischen und institutionellen Stabilität oder dem Vertrauen in die Zentralbank als sicherer Hafen gelten. In der Euro-Krise 2012/2013 galt die US-Währung als solch ein „Safe Haven“.
Das Zusammenspiel von überbordenden Wachstumserwartungen (Gier) und „Safe Haven“ (Angst) spiegelt sich im sogenannten „Dollar-Smile“ wider: Diese Grafik veranschaulicht, dass der Dollar in Extremphasen der Weltwirtschaft Stärke zeigt. Er gewinnt, wenn die Weltlage besonders schlecht ist, aber auch, wenn sie besonders gut ist. Gibt es keine Übertreibung, tendiert der Dollar zur Schwäche.
Derzeit zeigt sich eine interessante Dynamik. Die US-Konjunktur verliert an Tempo und relativ betrachtet holt die europäische Wirtschaft auf. Das Wachstum und das Zinsdifferenzial schrumpfen. Gleichzeitig könnte die gestiegene Geschlossenheit Europas den Safe-Haven-Status des Dollar untergraben.
Gepaart mit dem vom Ethenea-Portfoliomanagement erwarteten moderaten globalen Wachstum ergeben diese Fakten eine zentrale Positionierung im „Dollar-Smile“-Diagramm, die keine Begründung liefert für eine Dollar-Stärke. Zudem deutet vieles darauf hin, dass die neue US-Regierung gezielt eine Dollar-Schwäche anstrebt.
Donald Trumps wirtschaftspolitische Agenda könnte in eine gezielte Abwertung des Dollar münden – in Anlehnung an den Plaza-Accord von 1985 unter Ronald Reagan. Sein Schlachtruf: „Make the Dollar Weak Again“. Das Ziel: amerikanische Produkte im Ausland wettbewerbsfähiger machen. Ob es zu einer neuen internationalen Absprache kommt, bleibt offen. Klar ist: Die Weichen für eine Schwächung des Greenback sind gestellt.
Wir haben daher unsere Dollar-Engagements umfassend abgesichert und rechnen mit einer Phase nachhaltiger Dollar-Schwäche. Anleger sollten sich auf diese Möglichkeit einstellen – und ihre Portfolios entsprechend ausrichten.
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