Bantleon-Analyst Andreas Busch
Preisboom in den USA
Aktualisiert am 12.06.2021 - 13:10 Uhr

Andreas Busch ist Analyst beim Fondsanbieter Bantleon. Foto: imago images / Thomas Wieland
In den USA steigen die Preise so kräftig wie seit Jahrzehnten nicht. Daran dürfte sich so schnell nichts ändern, ist Bantleon-Analyst Andreas Busch überzeugt.
Vor neun Jahren hatte die US-Notenbank offiziell ein 2-Prozent-Ziel für die Inflation ausgerufen. Seither wurde es aber in knapp 90 Prozent der Zeit unterschritten. Allein diese markante Zielverfehlung mach deutlich, warum die Fed die aktuell anziehenden Teuerungsraten mit großer Gelassenheit, wenn nicht sogar Wohlwollen betrachtet. Angesichts des seit Jahrzehnten weltweit auf niedrigem Niveau dümpelnden Preisauftriebs schätzt sie die Gefahren einer sich selbstverstärkenden Preisspirale nach oben als sehr gering ein.
Den kräftigen Teuerungsschub im April, der die Kerninflationsrate der privaten Lebenshaltungskosten in den USA (hier werden die volatilen Nahrungsmittel- und Energiekomponenten...
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Vor neun Jahren hatte die US-Notenbank offiziell ein 2-Prozent-Ziel für die Inflation ausgerufen. Seither wurde es aber in knapp 90 Prozent der Zeit unterschritten. Allein diese markante Zielverfehlung mach deutlich, warum die Fed die aktuell anziehenden Teuerungsraten mit großer Gelassenheit, wenn nicht sogar Wohlwollen betrachtet. Angesichts des seit Jahrzehnten weltweit auf niedrigem Niveau dümpelnden Preisauftriebs schätzt sie die Gefahren einer sich selbstverstärkenden Preisspirale nach oben als sehr gering ein.
Den kräftigen Teuerungsschub im April, der die Kerninflationsrate der privaten Lebenshaltungskosten in den USA (hier werden die volatilen Nahrungsmittel- und Energiekomponenten ausgeklammert) mit 3,0 Prozent auf den höchsten Stand seit 25 Jahren beförderte, werten die Währungshüter mithin nur als Teil eines temporären Teuerungsschubs (vergleiche Abbildung 1).
Abbildung 1: Die Preise steigen so kräftig wie seit Jahrzehnten nicht mehr
Nach unserer Auffassung sind jedoch Zweifel an diesem gelassenen Notenbankausblick angebracht. Zwar ist unbestritten ein Teil des gegenwärtigen Preisanstiegs vorübergehend. Schließlich war es im Zuge der Corona-Lockdowns in einer Reihe von Sektoren zu kräftig sinkenden Preisen gekommen – unter anderem im Hotel-/Gaststättengewerbe und beim Reiseverkehr. Bei einer Normalisierung der Lage werden diese mindestens wieder auf das Vorkrisenniveau steigen, damit die Inflation aber lediglich kurzfristig beflügeln. Daneben bahnt sich in unseren Augen allerdings auch ein breit angelegter und nachhaltiger Teuerungsdruck seinen Weg. Verursacht wird dieser von dem immensen Nachfrageüberhang, der sich bei den privaten Haushalten dank der riesigen staatlichen Finanzspritzen aufgestaut hat.
In den vergangenen zwölf Monaten haben die US-Bürger zusätzliche Ersparnisse von rund 2.100 Milliarden US-Dollar auf die hohe Kante gelegt – Geld das ihnen vom Staat unter anderem in Form von Arbeitslosenhilfe und Konsumschecks zugeflossen ist, das sie wegen der Lockdowns aber gar nicht ausgeben konnten. Dieses Geld macht rund 9 Prozent des US-BIP aus und dürfte die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen nicht nur kurzzeitig, sondern über einen längeren Zeitraum anschieben. Die jetzt schon auf vielen Produktionsstufen zu beobachtenden Knappheiten werden entsprechend zunehmen und die Preise weiter nach oben treiben.
Inflationsdruck sollte dabei auch von den Arbeitskosten ausgehen. Immer mehr Unternehmen haben trotz der hohen Arbeitslosigkeit Schwierigkeiten, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und zahlen deshalb anders als in normalen Zeiten Einstellungsprämien beziehungsweise höhere Löhne (unter anderem Amazon, Walmart und McDonalds). Zum einen stützt das die Einkommen der US-Bürger und kurbelt dadurch die Konsumnachfrage zusätzlich an.
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