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Kurvendiskussion bei US-Staatsanleihen US-Kurveninversion spricht eher für Vorsicht als für Rezession

Shopping in New York, Anfang April 2022
Shopping in New York, Anfang April 2022: PIMCO erwartet ein über dem Trend liegendes Wachstum und ein allmähliches Nachlassen des Inflationsdrucks in den entwickelten Märkten. | Foto: Imago Images / Levine-Roberts
Marc P. Seidner, PIMCO

Gegen Ende eines jeden Konjunkturzyklus richten die Anleger ihre Aufmerksamkeit auf die Renditekurve der US-Staatsanleihen: Der Anleihemarkt gilt als Vorbote für die wirtschaftlichen Aussichten. Die Kurve selbst ist ein Diagramm, das die Renditen von Staatsanleihen und die Zeit bis zur Fälligkeit ins Verhältnis setzt. Sie steigt in der Regel von links nach rechts an, was darauf hindeutet, dass Anleger für den Besitz von Anleihen mit längeren Laufzeiten eine höhere Vergütung verlangen, um Risiken auszugleichen – im Hinblick auf das Wirtschaftswachstum oder eine steigende Inflation.

Die Kurve hat sich in der Vergangenheit als Vorbote von Rezessionen erwiesen, wenn sie sich umkehrt; sobald also die Renditen kürzerer Laufzeiten über denen längerer Laufzeiten liegen. Unlängst traten Umkehrungen an verschiedenen Punkten der Kurve auf, was die Anleiheanleger zu der Frage veranlasst hat, ob sich Vorzeichen einer Rezession zeigen.

Das ist eine komplizierte Frage im aktuellen Konjunkturzyklus, der im Jahr 2020 einen plötzlichen Abschwung und einen raschen Aufschwung erlebte und durch beispiellose Stimulierungsmaßnahmen der Zentralbanken befeuert wurde. Die US-Notenbank hat im März eine erste von mehreren erwarteten Zinserhöhungen vorgenommen, um die Inflation einzudämmen. Es ist außerdem zu erwarten, dass die Fed noch in diesem Jahr mit der Rückführung ihres Anleihekaufprogramms beginnen wird.

Kurvensignal weniger eindeutig als in der Vergangenheit

Eine Umkehrung der Renditekurve sollte nie einfach so abgetan werden, nur weil sich der Hintergrund geändert hat. Allerdings könnte das Signal der Kurve weniger eindeutig sein als in der Vergangenheit.

Eine Abflachung der Kurve tritt häufig zu einem späteren Zeitpunkt in einem Konjunkturzyklus auf, wenn die Zentralbanken die kurzfristigen Leitzinsen anheben, um Wachstum und Inflation zu zügeln. Die kurzfristigen Renditen können steigen, um die höheren Zinsen widerzuspiegeln. Die langfristigen Renditen tendieren hingegen abwärts, sobald die Erwartungen für Inflation und Wachstum zurückgehen. Dieses Mal trat die Abflachung der Renditekurve schnell und weit vor dem ersten Zinsschritt der Federal Reserve ein. Sofern sich die Inflationserwartungen weiterhin aus ihrer Verankerung lösen, könnte sich die Fed zu einer Beschleunigung des Vorankommens auf ihrem Zinspfad herausgefordert fühlen.

Längerfristige Indikatoren wie die Kurven der zwei- und zehnjährigen sowie der fünf- und dreijährigen US-Staatsanleihen können unserer Meinung nach bedeutungsvoller sein als die weithin beachteten Drei-Monats- und Zehn-Jahres-Kurven. Der Grund dafür ist, dass die Fed ihre Zinserhöhungsprognosen bereits in ihrer „Dot Plot“-Prognose dargelegt hat und der nüchterne Blick auf die Marktzinsen über einen kurzfristigen Horizont weniger aufschlussreich sein kann als das genaue Hinhören auf die Aussagen der Fed.

Der Blick gilt jetzt der Terminpreiskurve

Die wichtigste Kurve, die es zu verfolgen gilt, ist unserer Einschätzung nach die Terminpreiskurve (Forward Curve), ein marktbasiertes Instrument, das sowohl die aktuellen Kassazinssätze als auch die impliziten Zinssätze in der Zukunft berücksichtigt. Um beispielsweise eine in einem Jahr fällige Anleihe mit einer in zwei Jahren fälligen zu vergleichen, berücksichtigt die Terminpreiskurve den erwarteten einjährigen Zinssatz in einem Jahr, gemessen von jetzt an.

Da die Terminpreiskurve alle bekannten Informationen berücksichtigt, die für die Differenzierung zwischen den einzelnen Punkten der Renditekurve erforderlich sind, kann sie relevanter sein als eine Kassakurve, die die erwarteten Änderungen der kurzfristigen Zinssätze nicht berücksichtigt. Derzeit ist die Terminpreiskurve stark invertiert.

Ist daher davon auszugehen, dass eine Rezession unmittelbar bevorsteht? Nein, aber es besteht ein entsprechendes Risiko, das es zu beobachten gilt. Die Weltwirtschaft und die politischen Entscheidungsträger sind mit einem Angebotsschock konfrontiert, der sich negativ auf das Wachstum auswirkt und die Inflation tendenziell weiter in die Höhe treiben wird. Die meisten Zentralbanken scheinen entschlossen zu sein, die Inflation zu bekämpfen, anstatt das Wachstum zu fördern. Dies erhöht das Risiko einer harten Landung auf dem Weg dorthin.

PIMCO erwartet ein über dem Trend liegendes Wachstum und ein allmähliches Nachlassen des Inflationsdrucks in den entwickelten Märkten. Die Risiken einer höheren Inflation und eines geringeren Wachstums haben jedoch zugenommen, ebenso wie das Risiko einer Rezession im Jahr 2023 (weitere Einzelheiten dazu im jüngsten zyklischen Ausblick von PIMCO).

Anleiheanleger wollen sich Flexibilität sichern

Die aktuelle Form der Renditekurve unterstreicht, warum Anleger flexibel sein müssen. Die einfache Anleihearithmetik, bei der Preis, Rendite und Wiederanlagezins berücksichtigt werden, deutet darauf hin, dass Anleger beim Kauf langlaufender Staatsanleihen heute nicht genügend zusätzliche Rendite erzielen. Auf dem aktuellen Niveau bietet eine zweijährige Staatsanleihe nicht nur eine ähnliche Rendite wie eine 30-jährige Anleihe, sondern auch die Möglichkeit, eine Wiederanlageentscheidung bereits in zwei Jahren zu treffen – anstatt weitere 28 Jahre zu warten.

Vor diesem Hintergrund ist PIMCO in Bezug auf die Duration, also das Zinsrisiko, leicht untergewichtet, wobei der Großteil dieser Untergewichtung auf das lange Ende der Kurve entfällt. Sollte die Inflation anhalten, könnten 30-jährige Anleihen am stärksten betroffen sein. Da die US-Notenbank vom Ankauf von Anleihen (der quantitativen Lockerung) zum Verkauf von Anleihen (quantitative Straffung) übergeht, könnten einige Faktoren, die die Laufzeitprämie oder die Differenz zwischen lang- und kurzfristigen Renditen unterdrückt haben, zurückgehen. Wir sehen daher Chancen bei kürzeren Laufzeiten von zwei bis fünf Jahren.

Wir befinden uns nun in der Spätphase des Konjunkturzyklus, in der die zugrunde liegende Wachstumsdynamik zwar immer noch stark, aber zunehmend anfällig für Abwärtsrisiken ist. Wir achten daher darauf, jederzeit reagieren zu können, um von Marktverwerfungen zu profitieren, sobald sie auftreten.

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