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US-Notenbank und die Geldschwemme Methadon-Programm statt kaltem Entzug

Hält die US-Notenbank nicht gerade für gnadenlos: Chefanalyst Robert Halver von der Baader Bank
Hält die US-Notenbank nicht gerade für gnadenlos: Chefanalyst Robert Halver von der Baader Bank | Foto: Baader Bank

Auf den ersten Blick zeigte sich die Fed falkenhaft: Sie verkündete auf ihrer Sitzung die schrittweise Entblähung ihrer 4,5 Billionen US-Dollar schweren Notenbankbilanz. Damit ist sie tatsächlich die erste Notenbank, die Liquiditätsabzug betreibt. Der Leitzins bleibt zwar unverändert. Doch plant sie diese sogenannten Fed Funds bis 2019 auf 2,75 Prozent anzuheben. Aber ist die Fed auf den zweiten Blick wirklich so gnadenlos? Wie kompromisslos ist sie wirklich und wieso nehmen die Aktienmärkte die Schubumkehr von Quantitative Easing zu Quantitative Tightening so gelassen hin?

Die Fed vollzieht einen geldpolitischen Strukturwechsel. Ab Oktober entbläht sie ihre 4,5 Billionen US-Dollar schwere Notenbankbilanz schrittweise. Allerdings betreibt sie einen gleichermaßen passiven wie homöopathischen Liquiditätsentzug. Sie tritt nicht aktiv als Verkäufer von Anleihen auf, sondern wird – beginnend in Höhe von monatlich 10 Milliarden US-Dollar – auf die Wiederanlage fällig werdender Anleihen verzichten. Diesen verknappenden Wiederanlageeffekt wird sie quartalsweise um jeweils 10 Milliarden steigern, bis sich die Bilanzsumme ab Oktober 2018 um monatlich 50 Milliarden US-Dollar verringert. Was sich zunächst mit 300 Milliarden US-Dollar epochal anhört, führt jedoch bei genauerer Betrachtung auf Jahressicht lediglich zu einer Verringerung der Bilanzsumme um 7 Prozent. Eine kompromisslos falkenhafte Geldpolitik ist das nicht wirklich. Dass sich die Fed sowohl über den Zeitraum als auch den Zielwert ihrer Bilanzverkleinerung nicht konkret äußert, lässt ihr zudem ein Hintertürchen offen.

Für die Finanzmärkte bedeutsamer ist die Einschätzung der Fed bezüglich der Leitzinsentwicklung. Zwar hält sie unverändert an einer weiteren Zinsanhebung in diesem Jahr und drei weiteren in 2018 fest. Allerdings betont sie selbst, dass diese Prognose nicht in Stein gemeißelt ist. Die Erfahrung zeigt, dass unter Notenbankpräsident Yellen Abweichungen nach unten der Regelfall sind. So hatte sie für 2016 vier Zinserhöhungen geplant, jedoch nur eine tatsächlich umgesetzt. Denn konjunkturelle und (geo-)politische Risiken sind nicht ausgestorben. So fällt die Frist zur Erhöhung der Schuldenobergrenze in die Zeit der nächsten Fed-Sitzung am 13. Dezember. Und wer weiß, ob Frau Yellen ab 4. Februar Fed-Chefin bleibt oder ob ein taubenhafterer Kandidat den Vorsitz übernimmt? Ohnehin stellt die Fed mittelfristig laut „Dot Plot“ ab 2019 einen flacheren Leitzinsverlauf (2019: 2,7 nach 2,9 Prozent und 2020 2,9 Prozent) in Aussicht. Die Finanzmärkte zeigen sich ohnehin von ihrer Leitzinsprognose nicht vollständig überzeugt und erwarten für nächstes Jahr weiterhin nur eine Erhöhung.

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