US-Präsidentschaftswahlen Gewinner und Verlierer unter Trump
Das alte Börsen-Bonmot, dass politische Börsen kurze Beine haben, klingt mittlerweile etwas abgegriffen, hat aber weiterhin Bestand. Das gilt auch für die Wahl des nächsten US-Präsidenten am 5. November. Politik wird nicht den Kurs des Tankers Weltwirtschaft gravierend ändern. Insofern ist der Trump-Trade nur ein Trade und hat erstmal nichts mit systematischem Investieren zu tun. Die Frage nach dem sogenannten Soft Landing der US-Wirtschaft wird die politischen Turbulenzen dominieren. Aber strukturelle Effekte geopolitischer Natur sind natürlich vorhanden und auch die US-Wahl wird Gewinner und Verlierer hervorbringen.
Unabhängig davon, ob Trump oder Harris das Rennen macht, besteht ein nicht zu unterschätzendes Risiko: Wenn die Partei des Wahlsiegers auch den Kongress gewinnt, ist eine exzessive Ausgabenpolitik der USA zu Lasten der Schuldenaufnahme zu erwarten. Trump hat bereits Steuersenkungen angekündigt, unter Harris könnte es verbesserte Sozialleistungen und schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme geben.
Schon jetzt sind die USA (zu) hoch verschuldet und das Staatsdefizit wächst mit hohem Tempo von Jahr zu Jahr weiter. Das dürfte an den Finanzmärkten zu einem relevanten Thema werden, ähnlich wie in Großbritannien oder zuletzt in Frankreich nach der Europawahl. Aus Anlegersicht bedeutet dies, dass langlaufende Anleihen zu meiden sind, da hier das Risiko steigender Renditen und fallender Kurse besteht.
Trump nicht abschreiben
Trotz seiner Unbeliebtheit in Deutschland und obwohl Harris Kampagne derzeit über viel Schwung verfügt, sollten Anleger einen Wahlsieg des Ex-Präsidenten unbedingt auf dem Radar haben. Denn in den entscheidenden Swing-States, also Arizona, Georgia, Nevada, Michigan, Pennsylvania und Wisconsin, liegt Trump weiterhin in Führung. Aufgrund des amerikanischen Wahlsystems hatte der Republikaner schon vor knapp acht Jahren gegen Hillary Clinton gewonnen, obwohl diese bundesweit mehr Stimmen errang. Ein Sieg Harris könnte sich als Wunschdenken entpuppen.
Unter Trump ist sicherlich eine deutlich schwierigere Handelspolitik zu erwarten, also höhere Zölle, größere Handelskonflikte, mehr Protektionismus und Merkantilismus, mehr Onshoring sowie weniger Globalisierung und multilaterale Handelsverträge. Schon in seiner ersten Amtszeit hatten die USA Strafzölle auf Stahl und Aluminium aus dem Ausland verhängt, aber auch auf Käse, Wein und Butter aus der EU.
Trump hat auch schon niedrigere Unternehmens- und Einkommensteuern versprochen. Gleichzeitig tritt er für weniger Regulierung und Klimaschutz ein. Außerdem sind eine restriktivere Einwanderungspolitik und möglicherweise auch konsequentere Abschiebungen zu erwarten. Inwieweit die zwei zuletzt genannten Wahlversprechen im Anschluss auch eins zu eins umgesetzt werden, wird sich jedoch zeigen. Denn den Wegfall der hieraus resultierenden Arbeitskräfte könnte die US-Wirtschaft nicht ohne Weiteres kompensieren.
Klare Konsequenzen für Anleger
Die Auswirkungen eines möglichen Wahlsiegs Trumps auf einige Assets lassen sich teils unmittelbar ableiten: Auf der Aktienseite würden regional betrachtet vor allem die USA profitieren. Schon während seiner ersten Amtszeit verbuchte die Wall Street unterm Strich satte Kursgewinne.
Für China und somit für die Emerging Markets sowie Deutschland beziehungsweise Europa würde sich das Umfeld deutlich verschlechtern. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass europäische Aktien derzeit sehr viel günstiger bewertet sind als amerikanische. Unter den einzelnen Sektoren sind in einem „Trump-Szenario“ in den USA potenzielle Outperformer und Underperformer absehbar.
Für folgende Bereiche wäre spürbarer Rückenwind zu erwarten: die Finanzindustrie, die Onshore-Produzenten von Öl und Gas, Energieausrüster, denen alle Deregulierungs-Maßnahmen zugutekommen sollten, Kohle-Produzenten sowie Stahlunternehmen, auch hier sind weniger strengere Vorschriften zu erwarten, das Baugewerbe und Infrastruktur-Unternehmen sowie Firmen, die mit Strafverfolgung und innerer Sicherheit ihr Geld verdienen, also beispielsweise privat geführte Haftanstalten. Aufgrund der zu erwartenden Deregulierung würden auch kleine und mittelgroße Unternehmen profitieren.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Durch die wahrscheinlichen Beschränkungen von Einwanderungen würde ein erneuter US-Präsident Trump für Unternehmen mit einem hohen Lohnkostendruck sicherlich eine Belastung bedeuten. Ähnliches gilt für Unternehmen aus den Bereichen Konsumgüter, Industrie und Technologie, da hier ein Zollrisiko besteht. Außerdem ist bekannt, dass Trump kein Freund von E-Autos und grüner Energieerzeugung ist. Schließlich dürfte er beim Verteidigungsetat kürzen.
Höhere Zinsen und Teuerungsrate
Am Rentenmarkt ist ein Anstieg der Renditen von US-Staatsanleihen und eine steilere US-Treasury-Kurve zu erwarten bei gleichzeitig engeren Spreads. Die Inflation könnte wieder anziehen. Der US-Dollar würde sicherlich von einem erneuten Präsidenten Trump profitieren, der Goldpreis als Versicherung gegen Risiken und geopolitische Verwerfungen ebenfalls. Der Ölpreis könnte dagegen etwas unter Druck geraten, da Trump die Regulierung der Förderung lockern möchte und somit größere Mengen des Energierohstoffs auf den Markt kämen.
Über den Autor:
Reinhard Pfingsten ist Diplom-Wirtschaftsmathematiker und arbeitet seit September 2023 als Chief Investment Officer bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank.