Chefvolkswirt Johannes Mayr
Welche Folgen hätte eine Wiederwahl Trumps für die Wirtschaft?

Chefvolkswirt Johannes Mayr
Der Wahlkampf in den USA ist im vollen Gang. Auffällig dabei: Sowohl Trump (77) als auch Biden (81) wären bei Amtsantritt die ältesten Präsidenten der US-Geschichte. Beide haben zudem negative Zustimmungswerte. Seit 1980 gab es das nur einmal – 2016 bei der Wahl zwischen Donald Trump und Hillary Clinton[1].
Und wie vor den beiden letzten Urnengängen ist der amerikanische Wahlkampf auch dieses Ja...
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Der Wahlkampf in den USA ist im vollen Gang. Auffällig dabei: Sowohl Trump (77) als auch Biden (81) wären bei Amtsantritt die ältesten Präsidenten der US-Geschichte. Beide haben zudem negative Zustimmungswerte. Seit 1980 gab es das nur einmal – 2016 bei der Wahl zwischen Donald Trump und Hillary Clinton[1].
Und wie vor den beiden letzten Urnengängen ist der amerikanische Wahlkampf auch dieses Jahr geprägt von polaren Sichtweisen und geringer Kompromissbereitschaft. Aktuelle Umfragen prognostizieren ein Kopf-an-Kopf-Rennen im November[2]. Eine Wiederwahl Donald Trumps ist ein realistisches Szenario, auf das sich auch die Anleger einstellen müssen. Aber was genau würde das eigentlich für die Wirtschaft und die Märkte bedeuten?
Bei einem Blick hinter die erhitzte Rhetorik zeigt sich: Zumindest bei der Handelspolitik ist der Graben zwischen Republikanern und Demokraten gar nicht so groß. Beide wollen die wirtschaftlichen Abhängigkeiten von China verringern.
So sind beispielsweise viele der Zölle, die Trump in seiner ersten Amtszeit durchgesetzt hatte, unter Biden immer noch in Kraft. Mehr noch: erst kürzlich kündigte Joe Biden an, Zölle auf bestimmte Stahl- und Aluminiumprodukte aus der Volksrepublik zu verdreifachen[3]. Auch Tech-Sanktionen, wie der erschwerte Zugang zu Halbleitertechnologien, werden von der Biden-Regierung diskutiert[4].
Der Abbau der Abhängigkeiten von China, 2016 vor allem Thema Trumps, ist inzwischen also parteiübergreifender Konsens. Auch die Vorreiterrolle der amerikanischen Tech-Industrie möchten beide Kandidaten und ihre Parteien weiter stärken.
Eine Regierung unter Trump würde der Wirtschaft vermutlich insgesamt aber deutlich weniger Regularien aufbürden. Davon dürfte neben der Industrie und der Finanzwirtschaft auch der Tech-Sektor profitieren, was den laufenden Strukturwandel noch einmal deutlich ankurbeln könnte.
Ein weiteres brisantes Thema: Die ausufernde Verschuldung des amerikanischen Staates. Die beträgt inzwischen über 100 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung[5]. Doch keiner der beiden Kandidaten hat bisher Pläne vorgelegt, um die Verschuldung wirklich nachhaltig in den Griff zu bekommen.
Die viel diskutierten Steuersenkungen (unter Trump) beziehungsweise Steueranhebungen (unter Biden) wären wohl nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Vor großen Schritten wie einer umfassenden Reform des amerikanischen Gesundheits- und Sozialsystems, einer Kürzung der Militärausgaben oder einer massiven Kürzung staatlicher Konjunkturprogramme scheuen sich beide.
Anders als in weiten Teilen der EU spaltet sich die Meinung zum Klimawandel in den USA ziemlich klar an den Parteigrenzen. Neue Umweltauflagen für Unternehmen wird es unter Trump kaum geben, wohl aber eine Deregulierung der aktuellen Vorgaben. Die Senkung der Energiepreise dürfte ganz oben auf der To-do-Liste stehen.
Green-Tech-Unternehmen, die von aktuellen Subventionen und Gesetzesvorgaben profitieren, werden also das Nachsehen haben, während klassische Energie- und Industriekonzerne profitieren könnten. Ein weiterer großer parteipolitischer Unterschied besteht in der Sicht auf das amerikanische Leistungsbilanzdefizit.
Sein ehemaliger Wirtschaftsberater Peter Navarro war eine treibende Kraft hinter der wirtschaftspolitischen Weltsicht des Weißen Hauses unter Trump, mit einer Einschränkung der Importe durch hohe Zölle eine Verringerung des „ungerechten“ Leistungsbilanzdefizits zu erreichen und gleichzeitig die heimische Produktion ankurbeln zu können.
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