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  • Jan Viebig: „Die USA leben mit einem gefährlichen Zwillingsdefizit“ (Interview)

Von in WirtschaftLesedauer: 9 Minuten
Porträt von Jan Viebig
Eine sehr hohe Verschuldung kombiniert mit einer Fed, die ihre Glaubwürdigkeit in der Inflationsbekämpfung verliert: „Das wäre ein echtes Horror-Szenario für die Märkte", sagt Jan Viebig im Interview mit DAS INVESTMENT. | Foto: DAS INVESTMENT / Birte Penshorn

DAS INVESTMENT: Die US-Schuldenquote ist auf rund 120 Prozent des BIP angestiegen. Wie bewerten Sie diese Entwicklung im historischen Kontext?

Jan Viebig: Dieses Niveau hatten wir zuletzt nach dem Zweiten Weltkrieg. Damals ist die Quote dann relativ stark gefallen. Mit Ronald Reagan begann der dramatische Wiederanstieg – mit einer kurzen Ausnahme unter Bill Clinton. Dieser hatte damals sogar davon geträumt, die USA könnten schuldenfrei werden. Heute liegen wir bei 123 Prozent.

Welche Folgen hat eine solch hohe Verschuldung?

Viebig: Diese enorme Verschuldung hat drei wesentliche Auswirkungen: Erstens ist der Staat in seiner Fiskalpolitik massiv eingeschränkt. Er kann bestimmte Programme schlicht nicht mehr durchführen. Das haben wir in der Griechenland-Krise gesehen: Nicht nur die Finanzmärkte leiden, sondern auch ganz normale Menschen. Sozialleistungen werden gestrichen, Bildungsprogramme eingeschränkt – viele notwendige Dinge fallen weg. Zweitens steigen die Laufzeitprämien, weil Anleger für das höhere Risiko langfristig eine deutlich höhere Rendite verlangen. Und drittens – das ist der umstrittenste Punkt – führt eine derart hohe Verschuldung irgendwann zu deutlich niedrigerem Wirtschaftswachstum.

Ab wann ist dieser Punkt erreicht, dass eine hohe Verschuldung zu niedrigerem Wirtschaftswachstum führt?

Viebig: Die bekannten Ökonomen Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff von der Harvard University haben in ihrer viel diskutierten Studie eine Schwelle von 90 Prozent identifiziert. Ab diesem Niveau beginnt das Wachstum deutlich zurückzugehen. Natürlich wurde diese These auch kritisiert, aber der grundsätzliche Zusammenhang ist unbestritten: Wenn Staaten sehr hoch verschuldet sind, wird das Wachstum schwächer. Das sehen wir aktuell auch in Frankreich, wo man verzweifelt versucht, wenigstens das Defizit von 6 auf 5 Prozent zu drücken – weit entfernt vom Maastricht-Ziel von 3 Prozent.

Wie ist es in den USA denn überhaupt zu dieser Situation gekommen?

Viebig: Die Amerikaner haben schlicht über ihre Verhältnisse gelebt. Das zeigt sich sowohl in der Handelsbilanz als auch in der Verschuldungsquote. Sie haben jahrelang viel mehr importiert als exportiert, also zu wenig gespart. Das führt zu einer toxischen Kombination aus hoher Staatsverschuldung und chronischem Handelsbilanzdefizit. Die USA leben quasi mit einem gefährlichen Zwillingsdefizit.

Besteht denn mit Trump als Präsident eine Chance, dass die Schulden gesenkt werden können?

Viebig: Selbst nach den optimistischsten Prognosen des Weißen Hauses würde die Schuldenquote bis 2034 auf 137 Prozent steigen. Trump hat in seinem Wahlkampf sogar Mehrausgaben von 7 Billionen Dollar in den nächsten zehn Jahren versprochen. Gleichzeitig will er die Unternehmenssteuern von 21 auf 15 Prozent senken. Wenn er das tatsächlich umsetzt, würde die Verschuldung regelrecht explodieren.

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