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  • Die wirtschaftlichen Folgen des US-Zollkurses

Von in AnalysenLesedauer: 5 Minuten
Ein Containerschiff, das in einen Hafen einfährt
Wenn die USA am 2. April reziproke Zölle einführen, dürfte dies vor allem viele Schwellenländer überproportional stark treffen. | Foto: Birte Penshorn mit Midjourney

Die anfängliche Begeisterung nach der Wiederwahl Trumps im November 2024 ist an den Kapitalmärkten rasch Ernüchterung gewichen. An den US-Aktienmärkten sind sämtliche Gewinne seit dem Wahlausgang am 4. November 2024 wieder verloren gegangen. Zudem beginnen nun auch die Investmentbanken, ihre Kursziele für 2025 bereits nach weniger als einem Quartal zu senken.

So sieht Goldman Sachs beispielsweise nun ein Kursziel für den S&P 500 von 6.200 Punkten, nach ursprünglich 6.500 Punkten. Hauptgrund für den Stimmungsumschwung der Marktteilnehmer ist die undurchsichtige Zollpolitik der US-Administration.

Ursprünglich war ein Mindestzollsatz von 10 Prozent auf alle US-Importe geplant. Später schlug Trump jedoch eigenmächtig länderspezifische Zölle vor, darunter 25 Prozent auf Importe aus Kanada und Mexiko, die jedoch teilweise aufgeschoben wurden, sowie 20 Prozent auf Einfuhren aus China. Neben den bereits eingeführten Zöllen auf Aluminium und Stahl stellte Trump auch sektorspezifische Zölle für den Maschinenbau, die Automobilindustrie, Chemieprodukte und Elektronik in Aussicht.

 

Während die bisherigen Drohungen nur ein Vorspiel sein dürften, wird der große Schlag mit der Einführung reziproker Zölle am 2. April erwartet. Das Prinzip der Reziprozität bedeutet, dass die Höhe oder Art des Zolls spiegelbildlich zu den Zöllen ist, die das jeweilige Land auf US-Exporte erhebt. Dies dürfte vor allem viele Schwellenländer überproportional stark treffen.

Washington will schnell Staatseinnahmen generieren

Die Annahme vieler Investoren, dass es sich bei Trumps Vorgehen lediglich um Verhandlungstaktik handelt, dürfte spätestens seit den jüngsten Äußerungen seines Finanzministers Scott Bessent infrage gestellt werden. Dieser räumte ein, dass kurzfristig mit wirtschaftlichen „Schmerzen“ zu rechnen sei, auf die eine Phase der „Entgiftung“ der Wirtschaft folgen werde.

Während die US-Administration oft fragwürdige Begründungen für die Einführung von Zöllen anführt, dürfte der eigentliche Grund vor allem in der schnellen Generierung von Staatseinnahmen für die USA liegen. Diese beliefen sich im Jahr 2023 auf etwa 80 Milliarden US-Dollar. Das entspricht rund 1 Prozent der gesamten Staatseinnahmen, die im selben Jahr etwa 8,1 Billionen Dollar betrugen. Damit spielen Zölle im Vergleich zu anderen Einnahmequellen – wie etwa der Einkommenssteuer, die 2023 rund 2,2 Billionen US-Dollar einbrachte – eine eher untergeordnete Rolle.

Bei einer dauerhaften Einführung von Importzöllen in Höhe von 25 Prozent auf Importe aus Mexiko, Kanada und der EU sowie von 20 Prozent auf Einfuhren aus China könnten Schätzungen zufolge bereits Zolleinnahmen in Höhe von rund 450 Milliarden US-Dollar erzielt werden. Diese statische Rechnung geht allerdings davon aus, dass sich die Handelsströme nicht anpassen, was als sehr unwahrscheinlich gilt. Schon jetzt suchen Mexiko und Kanada neue Abnehmer für verschiedene Rohstoffe, sodass die tatsächlichen Zolleinnahmen der USA deutlich geringer ausfallen dürften.

 

Ziel der US-Regierung ist es, mit diesen Maßnahmen das Haushaltsdefizit und den Schuldenstand der USA zu verringern. Auch wenn die Einnahmen substanziell sein könnten, werden sie nicht ausreichen, um die Neuverschuldung mittelfristig auf das gewünschte Niveau von 3 Prozent zu senken.

Riesige Einnahme-Ausfälle durch Steuersenkungen

Parallel zur Zollpolitik plant die Trump-Administration auch, die 2017 vorübergehend eingeführten Steuersenkungen zu verlängern beziehungsweise weiter zu reduzieren. Das Congressional Budget Office (CBO) schätzt, dass diese Steuerkürzungen das Haushaltsdefizit in den nächsten zehn Jahren um bis zu 4,5 Billionen Dollar erhöhen könnten.

Gleichzeitig prognostiziert das CBO für denselben Zeitraum Zinszahlungen auf die bestehenden Staatsschulden von 17 bis 20 Billionen Dollar. Auch die öffentlichkeitswirksamen Ausgabenkürzungen durch das von Elon Musk angeführte Doge, die laut eigenen Angaben bislang Einsparungen von etwa 65 Milliarden US-Dollar erzielt haben, erscheinen angesichts der immensen Schuldenberge eher als kosmetische Korrekturen.

Unter dem Strich dürfte die angestrebte „Entgiftung der Wirtschaft“ mit hohen Kosten verbunden sein. Kurzfristig sorgt das undurchsichtige Vorgehen der US-Regierung für erhebliche Unsicherheit bei Investoren, Unternehmen und Haushalten. Der Economic Policy Uncertainty Index von Bloomberg notiert mit mehr als 1.000 Punkten auf einem Allzeithoch und liegt damit deutlich über den Niveaus der Finanzkrise (626 Zähler) und der Corona-Pandemie (516 Punkte).

 

Gleichzeitig ist der US CEO Confidence Index für die Geschäftslage in den kommenden zwölf Monaten im März deutlich um 28 Prozent eingebrochen und erreichte damit den tiefsten Stand seit November 2012. Die Planungssicherheit bleibt gering, was dazu führt, dass Investitionsentscheidungen derzeit zurückgestellt werden. Zudem zeigen die jüngsten Verbraucherumfragen eine wachsende Sorge um die Arbeitsplatzsicherheit sowie steigende Inflationserwartungen.

Es ist davon auszugehen, dass die „harten“ Konjunkturdaten der eingetrübten Stimmung bald folgen werden. Im Falle der Einführung von Zöllen dürften verschiedene Branchen erneut vor großen Herausforderungen in ihren Lieferketten stehen. Die Gewinnmargen der Unternehmen dürften unter Druck geraten. Der bereits negative Trend bei den Gewinnrevisionen in den USA dürfte sich weiter verschärfen, und auch Unternehmen außerhalb der USA werden unter höheren Zöllen leiden.

Da Umfang und Zeitpunkt der Zollmaßnahmen auch nach dem 2. April unklar bleiben, dürfte die Volatilität an den Aktienmärkten sich weiter auf hohem Niveau bewegen. Die Anleihenmärkte dürften dagegen vorerst gut unterstützt bleiben. Zwar ist kurzfristig mit einem inflationsbedingten Preisauftrieb zu rechnen, doch dürften die Konjunkturängste überwiegen und die Zinssenkungserwartungen bestehen bleiben. Schließlich sollten die anhaltende Unsicherheit und der zu erwartende Rückgang der Realrendite den Goldpreis weiter stützen.


© Fiduka

Über den Autor:

Miraji Othman ist seit mehr als 15 Jahren als Analyst und Portfoliomanager an den Finanzmärkten tätig. Seit 2023 arbeitet er als Senior Analyst bei der Fiduka Depotverwaltung.

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