Volkswirt Ulrich Kater
Wie Trumps Zollchaos sich auch in der US-Konjunktur bemerkbar macht

Volkswirt Ulrich Kater
Ein Musterbeispiel für die Verzerrungen, die Trumps Zollpolitik bis hin zur makroökonomischen Ebene verursacht, sind die jüngsten Konjunkturzahlen aus den USA. Das letzte Quartal brachte die erste Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) seit zwei Jahren mit sich.
Was auf einen Absturz der US-Wirtschaft in die Rezession hindeuten könnte, entpuppt sich jedoch als Reaktion der Wirtschaft auf di...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Ein Musterbeispiel für die Verzerrungen, die Trumps Zollpolitik bis hin zur makroökonomischen Ebene verursacht, sind die jüngsten Konjunkturzahlen aus den USA. Das letzte Quartal brachte die erste Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) seit zwei Jahren mit sich.
Was auf einen Absturz der US-Wirtschaft in die Rezession hindeuten könnte, entpuppt sich jedoch als Reaktion der Wirtschaft auf die Zollunsicherheiten der Regierung. Die Unternehmen haben in Erwartung von Zollmaßnahmen ihre Lagerbestände massiv aufgestockt. In der BIP-Rechnung wirkt das negativ, da die Importe von der inländischen Wertschöpfung abgezogen werden.
Viel spricht dafür, dass im zweiten Quartal die umgekehrte Entwicklung stattfindet. Schon jetzt sieht man in den monatlichen Importmeldungen Einbrüche bei der Einfuhr in die USA von etwa 20 Prozent. Das kann durchaus ein aufs Jahr gerechnet stärkeres BIP-Wachstum um 1 oder 2 Prozent für die USA bedeuten. Aber insgesamt sind diese Zahlen wenig geeignet, den tatsächlichen Trend in der US-Konjunktur offenzulegen.
Egal, welche Urteile die verschiedenen Gerichte im Land fällen: Mittlerweile ist die US-Regierung auf die Einnahmen aus den Zöllen angewiesen. Der Haushalt, der sich im US-Parlament abzeichnet, schreibt weiterhin hohe Defizite im Bereich von über 5 Prozent in Relation zum US-BIP fest. Da zählt ein Prozentpunkt weniger Defizit durchaus, den die Zölle gegenüber allen Ländern einbringen könnte.
Seit Anfang April, als US-Präsident Trump massive wirtschaftspolitische Maßnahmen ankündigte, herrscht Unruhe auf den US-Rentenmärkten. Während sich die Aktienmärkte erholten, blieb die Stimmung bei US-Staatsanleihen fragil. Dies liegt vor allem an einer Neueinschätzung der Risikoprämie für US-Staatsanleihen. Die Laufzeitenprämie und die Risikoprämie stiegen seit Trumps Regierungsübernahme deutlich an.
Hieran sind nicht nur die aktuellen Haushaltsplanungen in den Vereinigten Staaten Schuld, sondern auch die politischen Unsicherheiten, welche die US-Administration in Bereichen wie Kapitalverkehr und Rechtssicherheit erzeugt hat. Internationale Anleger, wie Pensionskassen und Staatsfonds, überdenken ihre US-Investments.
Die Verlässlichkeit der US-Politik und die düsteren Perspektiven für den US-Haushalt führen zu einer Versteilung der Staatsanleihekurven. Anleger könnten ihre Allokationen Richtung Europa verschieben, was in Ansätzen bereits zu beobachten war. Die Nachfrage nach US-Kapitalmarktinstrumenten würde sinken.
Die US-Regierung arbeitet bereits an Gegenmaßnahmen. So könnte durch Änderungen der Leverage Ratio für Großbanken die Nachfrage nach Staatsanleihen erhöht und die Kurve verflacht werden. Technische Einflussmöglichkeiten zur – zumindest mittelfristigen – Eindämmung steigender Renditen sollten dabei nicht unterschätzt werden.
Insgesamt geht es wohl weniger um eine unmittelbare Krise an den Treasury-Märkten. Die USA bleiben vermutlich weiterhin eine zentrale Rolle in der Weltwirtschaft und an den weltweiten Kapitalmärkten, aber das Vertrauen der Marktteilnehmer in die US-Administration ist erschüttert.
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