LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Lesedauer: 7 Minuten
ANZEIGE

Value Investing „Die Marktvolatilität ist unser Freund“

Seite 2 / 2

Aktien gelten in diesen Tagen als teuer, zuletzt haben die Preise jedoch teils kräftig nachgegeben. In welchen Anlageklassen sehen Sie derzeit gesteigertes Ertragspotenzial?

Vormoor: Wir sind breit diversifiziert, es gibt nicht unbedingt einzelne Branchen, die uns anziehen. Es sind eher bestimmte Unternehmen mit spezifischen Eigenschaften, die uns reizen. Die Unternehmen, die wir mögen, haben drei Charakteristika und sind in allen Branchen zu finden.

Die Unternehmen müssen zunächst einmal über besondere Alleinstellungsmerkmale, etwa seltene immaterielle Werte, verfügen. Sie müssen also beispielsweise einen starken Markennamen haben. Oder bestimmte strukturelle Wettbewerbsvorteile. Ein Beispiel: Wir bevorzugen Flughäfen gegenüber Fluggesellschaften. Sie kennen das aus Deutschland: Es dauert teilweise Jahrzehnte, um eine dritte Startbahn zu bauen, geschweige denn einen neuen Flughafen. Eine Fluglinie hingegen verdrängt innerhalb kurzer Zeit schnell mal die andere vom Markt.

Darüber hinaus müssen die Firmen, die wir mögen, eine ausgeprägte Resilienz haben. Vor zwei Jahren war der Luxussektor ziemlich stark unter Druck geraten, was uns die Möglichkeit gab, dort günstig einzusteigen. Marktteilnehmer trieb die Sorge um, dass die chinesische Antikorruptionspolitik zu einem eingeschränkten Luxuskonsum in China führen könnte. Die Aktien von Luxusgüteranbietern gaben sehr kräftig ab. Aber die drei großen, traditionellen Luxusjuwelen-Marken in diesem Bereich teilen unter sich fast 70 Prozent des Weltmarktes auf. In Hamburg hingegen gibt es über 3.000 Restaurants. Wer gerne essen geht, hat also sein ganzes Leben lang in Hamburg breite Auswahl, ohne dass man zweimal im gleichen Restaurant sitzt. Wenn man aber dauerhaft wertvollen Schmuck kaufen möchte, endet man oft mit der türkisblauen Box von Tiffany, der roten Box von Cartier oder der schwarzen Box von Bulgari. Diese Unternehmen haben seit über hundert Jahren die Marktdominanz. Tiffany ist 150 Jahre alt: Das Unternehmen hat den amerikanischen Bürgerkrieg, den Ersten Weltkrieg, die Weltwirtschaftskrise, den Zweiten Weltkrieg überlebt. Wir setzen gerne auf Unternehmen, die widerstandsfähig sind und auch in schwierigen Zeiten Cash generieren können und ihren Wert behalten.

Und aktuell? Wo liegen Chancen?

Vormoor: Im Moment gibt es nicht unbedingt ein bestimmtes Land oder einen spezifischen Sektor, die so unbliebt sind, dass es dort massenweise günstige Anlagechancen zu finden gäbe. Andererseits konnten wir zuletzt eine wachsende Anzahl von Anlagechancen in Europa identifizieren. Vielleicht hängt das mit der politischen Unsicherheit in Europa zusammen. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass sich in den vergangenen Monaten viele Investoren immer mehr für internetbezogene US-Wachstumswerte begeisterten.

Wovor würden Sie Anleger warnen? Welche Möglichkeiten haben Anleger, sich abzusichern?

Vormoor: Anleger müssen sich vor jedem Investment fragen: Wann will ich mein Geld zurückhaben? Man kann die besten Fonds oder die besten Aktien kaufen, aber unter dem Zwang zu verkaufen dürfte die Rendite oft schlechter ausfallen als wenn man geduldig wartet und einen günstigen Moment abpasst. Anleger sollten deshalb ihren Anlagehorizont kennen.

Darüber hinaus sollten Anleger nur das kaufen, was sie auch wirklich verstehen. Die beste Art und Weise Geld zu verlieren, ist Assets zu kaufen, die man nicht versteht. Anleger sollten sich die Zeit nehmen, um Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle und das jeweilige Geschäftsumfeld genau anzusehen. Es ist wie beim Autokauf vorzugehen: Erst gucken, dann denken, dann handeln.

Und schließlich: Anleger sollten ihre Wunsch-Assets nicht zu teuer kaufen. Wichtig sind also insgesamt drei Dinge: Die Kenntnis des Anlagehorizonts, das Verstehen des jeweiligen Investments und der Preis, zu dem geordert wird. Wenn diese drei Variablen stimmen, steht in der Summe dem Anlageerfolg nichts entgegen.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen