Value-Benchmarks sind meist mit Inflation und Zinsen korreliert, da sie vor allem konjunktursensitive Unternehmen aus den Branchen Finanzen, Energie, Grundstoffe und Industrie enthalten. Da sich die Inflation ihren Zielwerten nähert und die Zinsen voraussichtlich fallen werden, erwarten wir insbesondere rückläufige Renditen bei kurzlaufenden Anleihen und damit eine Normalisierung der Zinsstrukturkurve.
Wir rechnen nicht mit einem drastischen Rendite-Rückgang der lang laufenden Anleihen auf unter 4 Prozent, es sei denn, es kommt doch noch zu einer Rezession. Da die Notenbanken kein Interesse an einer Nullzinspolitik mehr haben, sind Renditen für zehnjährige Anleihen von weniger als 1 Prozent, die die Spekulation anheizen und Wachstumsaktien unterstützen würden, sehr unwahrscheinlich.
Nachlassende Wachstumserwartungen sind nicht gut für Value
Value-Benchmarks sind vor allem deshalb konjunktursensitiv, weil Bewertungen oft anhand des Kurs-Buchwert-Verhältnisses (KBV) gemessen werden. Heute entfällt aber ein großer Teil des Unternehmensvermögens auf immaterielle Aktiva, die das KBV nicht erfasst. Man sollte sich deshalb nicht zu sehr darauf verlassen, dass steigende KBV und Mean Reversion Substanzwerten helfen. Es gibt feine Unterschiede. Nicht alle Substanzwerte sind ausschließlich von der Konjunktur abhängig.
Viele Value-Aktien stammen von großen, diversifizierten, wenig konjunktursensitiven Unternehmen, die einfach nur langsamer wachsen, dafür aber ertragsstarke und dauerhafte Geschäftsmodelle haben. Mit ihnen erwirtschaften sie stetig und kontinuierlich Gewinne. Hinzu kommen Aktien von Unternehmen mit kurzfristigen Problemen, die aber strukturell stabil sind, gut geführt werden und sich voraussichtlich erholen werden. Solche einzelwertspezifischen Entwicklungen sind meist nicht mit der Konjunktur korreliert.
Konzentrationsrisiken in der Benchmark
Wir halten Substanzwerte für eine immer wichtigere Ertragsquelle und ein immer wichtigeres Diversifikationsinstrument. Growth-Indizes und der Gesamtmarkt werden von denselben Unternehmen dominiert. Beide hängen also von den gleichen Faktoren ab. 21,6 Prozent des MSCI World Index entfallen auf die zehn größten Unternehmen, ebenso wie 37,4 Prozent des MSCI World Growth Index.
Die zehn größten Unternehmen des MSCI World Value Index haben aber nur 3,5 Prozent Indexanteil. Und in den USA ist es noch extremer: Hier entfallen 32,5 Prozent des S&P 500 auf die zehn größten Unternehmen, die zugleich 53,3 Prozent des Index Russell 1.000 Growth ausmachen. Im Russell 1000 Value ist keines von ihnen vertreten.
Auf die Bewertungen kommt es an
Die Magnificent 7 werden zurzeit etwa zum 33-Fachen ihrer Gewinne gehandelt und sind damit mehr als doppelt so teuer wie die übrigen Aktien des MSCI World Index (mit einem KGV von 16). Derart hohe Bewertungen sind bei manchen Firmen besser zu rechtfertigen als bei anderen, doch sind die meisten guten Nachrichten schon in den Kursen eingepreist. Damit die hohen Bewertungen Bestand haben, müssen die ehrgeizigen Gewinnwachstumserwartungen erst einmal erfüllt werden.
Die folgende Abbildung zeigt die KGV amerikanischer Aktien auf Basis der erwarteten 12-Monats-Gewinne. Demnach entsprechen die Bewertungen von Substanzwerten zurzeit etwa ihrem Langfristdurchschnitt, während die Bewertungen von Wachstumswerten knapp unter ihrem Zehnjahreshoch liegen. Damit notiert Growth zurzeit etwa 30 Prozent über seinem Langfristdurchschnitt.
Tabelle: Indizes im Vergleich
Natürlich hängt die Performance kurzfristig nur wenig von der Bewertung ab. Langfristig ist das aber anders. Höhere Kurse heute bedeuten daher niedrigere Erträge morgen. Auch wenn man vielleicht nicht gegen alle Wachstumswerte wetten möchte, sollte man bei den derzeitigen Bewertungen vorsichtiger und sehr viel wählerischer sein als sonst. Abgesehen von den Magnificent 7 und einigen wenigen anderen Wachstumsaktien sind die Märkte zurzeit vernünftig bewertet – und entsprechend interessant.
Konjunktureinfluss nicht selten überschätzt
Kurzum: Meist wird die Performance von Value-Strategien anhand von Value-Indizes gemessen. Wir glauben aber, dass man sich nicht so sehr am Kurs-Buchwert-Verhältnis orientieren sollte, weil man dann stark der Konjunktur folgt. Auch wenn kurzfristig mit etwas weniger Wirtschaftswachstum und fallenden Zinsen gerechnet wird, bieten Value-Strategien enorme Chancen. Mit ihnen kann man von langfristigen strukturellen Faktoren und anhaltend hohen Investitionen profitieren. Hinzu kommt, dass die niedrigen Zinsen, die Wachstumstitel unterstützen, weggefallen sind.
Die geringe Marktbreite führt dazu, dass sowohl Growth-Indizes als auch der Gesamtmarkt zunehmend von den gleichen Faktoren bestimmt werden. Gemessen an den Gewinnerwartungen für die nächsten zwölf Monate sind Wachstumsaktien teuer wie selten. Investoren sollten ihre Gewichtung daher genau prüfen, in Kern- und Growth-Strategien gleichermaßen. Wir halten es für sinnvoll, in ausgewählte Substanzwerte zu investieren. Sie können das Portfolio diversifizieren, ohne übermäßig konjunktursensitiv zu sein.
© MFS
Über den Autor:
Ross Cartwright ist Leitender Stratege der Investment Solutions Group bei MFS Investment Management.
