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Chef von Vanguard Deutschland: Das ist der ETF-Trend 2024

Indexfonds boomen - kaum ein Segment der Finanzbranche wächst derzeit so schnell wie Exchange Traded Funds (ETFs). Im Zentrum dieses Trends steht Vanguard. Das US-Unternehmen hat sich seit der Gründung 1975 unter Jack Bogle zum weltweit zweitgrößten Vermögensverwalter entwickelt und ist auch auf dem deutschen Markt auf Wachstumskurs.
An der Spitze in Deutschland steht seit 2018 Sebastian Külps. Der Start lief vielversprechend, Vanguard ist zum namhaften Player im deutschen Segment avanciert. Zuletzt musste Vanguard Deutschland aber auch einen Rückschlag mit der Einstellung des Robo-Advisor-Projekts hinnehmen.
Grund genug, mit Külps über die Entwicklung der vergangenen Monate zu reden und einen Blick nach vorne zu werfen. Wie prägt die Philosophie des Unternehmensgründers Jack Bogle noch heute Vanguard? Welche Lehren hat Sebastian Külps aus über 25 Jahren Kapitalmarkterfahrung gezogen? Und warum tut sich der deutsche Markt mit Geldanlage nach wie vor so schwer? Diesen und weiteren Fragen geht Sebastian Külps im Podcast The Portfolio People ausführlich nach.
Jack Bogles Vermächtnis: Die DNA von Vanguard
„Jack Bogle hatte eigentlich eine ganz simple Anlagephilosophie“, erläutert Külps die Grundidee, die hinter Vanguard steht. Diese Philosophie kann man in vier grundlegenden Anlageprinzipien zusammenfassen:
- Wissen, wofür man anlegt. Die langfristigen Ziele definieren.
- Aufbau eines ausbalancierten Portfolios entsprechend dieser Ziele.
- Kostenminimierung für maximalen Anlageerfolg.
- Anlegerdisziplin und Fokus auf die langfristige Strategie.
Diese Maximen prägen laut Külps noch immer Vanguards Firmenkultur: „Die Produkte sind grundsätzlich für den langfristigen Vermögensaufbau ausgelegt." Zentral sei also der Fokus auf den nachhaltigen, passiven und kosteneffizienten Vermögensaufbau anstatt kurzfristiger Spekulationen.
Ein Beispiel hierfür sei die genossenschaftliche Struktur von Vanguard. Anders als bei den meisten anderen Vermögensverwaltern gehört das Unternehmen nicht externen Anteilseignern, sondern seinen eigenen Kunden. Diese bekommen so die Vorteile etwa aus Skaleneffekten direkt in Form niedrigerer Gebühren weitergegeben.
Für Külps verkörpert dies genau Bogles ursprüngliche Vision: „Er sagte immer, 'Ich möchte Endanlegern einen fairen Deal ermöglichen'.“ Mehr Menschen einfachen Zugang zum Kapitalmarkt zu eröffnen, sieht er als Leitgedanken, der Vanguard seit seiner Gründung antreibt und der auch für das Deutschlandgeschäft maßgeblich ist.
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Globale Prägung trifft auf deutsche Wurzeln
Külps‘ eigene Geschichte ist reich an internationaler Erfahrung. Aufgewachsen ist er sowohl in Japan als auch in den USA, bevor er für sein Studium und die spätere Berufstätigkeit nach Deutschland kam. In Japan zählt eher das harmonische Ganze, die USA haben eine ausgeprägte Einzelkämpfermentalität – wie bringt man das zusammen?
„Das harmonische Ganze ist natürlich immer irgendwo das Team, das wir hier haben", sagt Külps. Mittlerweile vertrauen über eine Million deutsche Anleger Vanguard ihre Gelder an. Dies sei Ausdruck der erfolgreichen Zusammenarbeit innerhalb des Deutschland-Teams, so Külps. „Das spricht auch dafür, was wir hier in Deutschland schon geleistet haben.“
Auf der anderen Seite ist Vanguard als Disruptor groß geworden, der die Asset-Management-Branche mithilfe des ersten Indexfonds für Privatanleger nachhaltig verändert und die Preise zunehmend nach unten gedrückt hat. Dieses „amerikanische Denken“ habe man beibehalten, ohne die lokalen Gegebenheiten in Deutschland aus den Augen zu verlieren, erklärt Külps seine Herangehensweise.
Die Vision, mehr Menschen Zugang zur langfristigen Geldanlage an der Börse zu ermöglichen und ihnen dabei mit Indexfonds eine kostengünstige Lösung anzubieten, war und ist die Konstante. „Wir wollen mehr Menschen dahin bewegen, mithilfe der Kapitalmärkte effizient vorzusorgen“, so Külps. Auf diesem Weg habe man in Deutschland gemeinsam schon viel erreicht, ist er überzeugt.
Wachstumstreiber am boomenden ETF-Markt
Es gibt klare Trends, die das rasante Wachstum bei ETFs derzeit antreiben, erklärt der Vanguard-Deutschland-Chef. Zum einen sei da eine neue Generation junger Anleger, die sich frühzeitig mit der langfristigen Geldanlage auseinandersetzen.
Daneben gewinnen sparplanbasierte Anlagemodelle immer mehr an Bedeutung. Gerade für Einsteiger ermöglichen Sparpläne mit überschaubarem Kapitaleinsatz den sukzessiven Vermögensaufbau via ETFs. Die zunehmende Digitalisierung und neue Anbieter am Markt hätten zudem den Zugang deutlich erleichtert.
Ein Trend, der sich 2023 fortgesetzt hat und 2024 weiter an Dynamik gewinnt, ist laut Külps die „Renaissance der Anleihen“. Nach Jahren negativer Realrenditen seien Renteninvestments vor allem bei vorsichtigeren Anlegern wieder beliebter. Zwar herrsche bei Anleihen hierzulande teils noch großer Erklärungsbedarf. Doch ihre Bedeutung für die Portfoliodiversifikation nehme wieder zu, prognostiziert Külps.
Auch Mischfonds und Multi-Asset-ETFs würden davon profitieren, dass Anleihen bei moderateren Zinsen ihre Rolle als Ergänzung zu Aktien künftig wieder besser ausspielen können. Gerade dieses Marktsegment hält Külps für sehr aussichtsreich in Deutschland, da Multi-Asset-Lösungen hierzulande traditionell weit verbreitet, entsprechende ETFs aber noch wenig bekannt seien. Bei Vanguard heißt diese Produktkategorie Lifestrategy-ETFs.
Scheitern als Chance für Neuanfang
Für Schlagzeilen sorgte Vanguard Ende 2023 mit der Einstellung von Vanguard Invest. Das ambitionierte Direktkundengeschäft für digitale Anlagelösungen wurde im Herbst 2022 gestartet und bereits im November 2023 wieder beendet. Die gesetzten Wachstumsziele hätten nicht erreicht werden können, bilanziert Külps rückblickend.
„Man muss Skaleneffekte heben und natürlich auch die Kosten richtig im Griff haben", lautet seine Erkenntnis. Statt viele Dinge selbst entwickeln zu wollen, hätte man mehr auslagern müssen. Der dafür nötige Aufbau eines großen eigenen Teams brachte die kritische Masse beim Anlagevolumen nicht.
Für Külps eine schwierige, aber richtige Entscheidung: „Wir haben nicht gesehen, wie dieses Geschäft mittel- oder langfristig für uns funktionieren kann.“ Die Genossenschaftsstruktur zwinge Vanguard dabei, den langfristigen Nutzen für die bestehenden Investoren besonders zu berücksichtigen.
Die Konsequenz: Statt auf Endkunden fokussiert man sich nun wieder auf die Zusammenarbeit mit Finanzberatern und Fondsplattformen, um digitale Anlagelösungen für den breiten Markt zugänglich zu machen. Die Partnerschaft mit Profis der Branche soll mehr Reichweite bringen und zugleich das Wissen über Indexfonds und ETFs verbreitern.